Harburg . „Wall Can Dance“: Bis Herbst 2018 sollen zehn einzigartige Wandbilder im Hafen und im Zentrum entstehen.

Mit insgesamt zehn riesigen Wandgemälden an Fassaden im Binnenhafen und in der Innenstadt könnte Harburg im Sommer 2018 in der Kunstszene Deutschlands und Europas auf sich aufmerksam machen. Der gemeinnützige Verein Urban Art Institute Hamburg plant sein Festival „Wall Can Dance“ in dem Stadtteil. Der Vereinsvorsitzende und bekannte Urban-Art-Blogger Rudolf David Klöckner hat die Idee jetzt im Stadtplanungsausschuss der Bezirksversammlung Harburg vorgestellt. 130.000 Euro würde das Budget betragen. Der Verein hofft auf einen Zuschuss der Bezirksversammlung.

Urban Art ist von der städtischen Architektur inspiriert und kombiniert Street Art, Graffiti und andere Formen der zeitgenössischen Bildenden Kunst. Die junge Kunstrichtung des 21. Jahrhunderts erlangt auf dem Kunstmarkt eine immer größere Bedeutung. Urban Art begreift die ganze Stadt als Leinwand. Ein Umstand, der Harburg bei der Stadtentwicklung helfen könne. Davon jedenfalls ist Harburgs Stadt- und Landschaftsplaner Hans Christian Lied überzeugt.

Ein breites Gleisbett und die viel befahrene Bundesstraße 73 trennen Harburgs spektakulärstes Entwicklungsgebiet, den Harburger Binnenhafen, von dem Stadtteilzentrum. Mit beeindruckenden Wandgemälden könne die hässliche Schneise optisch überwunden und der Brückenschlag zwischen Binnenhafen und Innenstadt gelingen, sagt Hans Christian Lied. „Ich sehe gute Chancen, Harburg nach oben zu ziehen – mit Kunst“, sagt der Stadtplaner.

Harburg stelle sein Licht als Standort für Kunst unter den Scheffel, sagt Rudolf Klöckner. Mit der freien Graffiti-Wand Hall of Fame in Bostelbek, eine der größten ihrer Art in Europa, habe Harburg eine wichtige Bedeutung für die Subkultur. Mit der Sammlung Falckenberg in den Phoenix-Fabrikhallen befindet sich in dem Stadtteil eine in Europa bedeutende Sammlung zeitgenössischer Kunst. „Wall Can Dance“, so argumentiert Klöckner, könne das Bindeglied zwischen Subkultur und Hochkultur bilden.

Geht es nach dem Verein Urban Art Institute Hamburg, werden namhafte Künstler Fassaden in Harburg gestalten. „Nach St. Pauli kann jeder gehen, aber da würden die Wandgemälde unter gehen“, erklärt Rudolf Klöckner, warum der unterprivilegierte Stadtteil genau der richtige Standort sei, Wände zum Tanzen zu bringen.

Fünf Fassaden in der Harburger Innenstadt und zusätzlich fünf Fassaden im Harburger Binnenhafen soll das Festival Wall Can Dance bis zum Herbst 2018 bespielen. Der Veranstalter könnte sich eine Zusammenarbeit mit dem Ereignis „Nacht der Lichter“ in dem Jahr vorstellen. Von einem Festival ist die Rede, weil zusätzlich zu den Fassadengestaltungen Workshops, öffentliche Vorträge und möglicherweise Partys vorgesehen sind.

Der Verein Urban Art Institute Hamburg habe erste Gespräche mit Eigentümern von Gebäuden aufgenommen. Der Veranstalter halten für eine Neuinszenierung des Harburger Stadtraums Fassaden in der Neuen Straße, das Gebäude Am Soldatenfriedhof 4 und die triste Lärmschutzwand entlang der Buxtehuder Straße und Karnapp für geeignet. Im Binnenhafen bemüht sich der Verein um die Erlaubnis für Fassaden in der Blohm-straße und am Kanalplatz.

In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Hamburg würde ein Wandgemälde am Gebäude in der Harburger Schloßstraße 20 im Frühjahr 2017 den Auftakt zu „Wall Can Dance“ machen. Der Veranstalter hat dazu das Künstlerduo Low Bros gewonnen.

Die Brüder Christoph und Florian Schmidt stammen aus Hamburg und leben mittlerweile in Berlin. Low Bros ist bekannt dafür, Elemente aus den Welten Stadt und Natur zu kombinieren. Der Verein Urban Art Institute arbeitet gemeinnützig. Er ist ein neuer Akteur, hat sich erst im Sommer gebgründet. Der Vorsitzende Rudolf David Klöckner ist Kurator des „Artville“-Festivals in Wilhelmsburg und Gründer des Blogs „Urbanshit“, einem führenden Online-Medium zur Stadtkunst und Straßenkultur. Klöckner ist Stadtplaner, hat an der Technischen Universität in Harburg und an der HafenCity Universität studiert. Außerdem gehören zu dem Urban Art Institute der Stadtplaner Lukas Grellmann, die Kunsthistorikerin Jana Vollmer und der in Harburg bestens bekannte Konzertveranstalter Alexander Grieschat. Er war nach dem Aus des Jazzclubs Mitbetreiber des Clubs „Stellwerk“ im Harburger Bahnhof und hat gute Kontakte in die Street Art Szene.

Der Veranstalter will das Festival „Wall Can Dance“ mit insgesamt 130.000 Euro finanzieren. Das Geld soll aus der Kulturförderung, Städtebauförderung und von privaten Stiftungen kommen. Gesichert sei die Finanzierung noch nicht, räumt Klöckner ein. Deshalb sagt Harburgs Stadtplanungsausschussvorsitzender Frank Richter (SPD): „Ich finde das Projekt spannend, aber die Finanzierung ist zu klären.“