Neugraben-Fischbek. Wer steht hinter VT Hamburg, dem Buxtehuder Sportverein und den Towers? Was verdienen die Spieler? Einblicke für Fans.
Das Ziel ist klar: Der Aufstieg in die 1. Bundesliga. Nicht sofort, sondern wenn die Bedingungen bei den Sponsoren und die Zuschauerzahl stimmen. Das ist die Strategie. Spannung und Stimmung bei den Heimspielen lassen schon heute den Puls rasen und die Inselsporthalle ist zumeist mit mehr als 2000 Zuschauern gut gefüllt. Für Mitgesellschafter Jan Fischer, einen Sport-Soziologen, sind die Hamburg Towers auf einem guten Weg.
Dieser Weg beginnt mit der Blumenhalle, die einst für die Internationale Gartenschau gebaut wurde. Sie wollen Fischer und Marvin Willoughby für ihren Verein „Sport ohne Grenzen“ – und erhalten den Zuschlag. Die Inselparkhalle gehört heute der Benno-und-Inge-Behrens-Stiftung und wird seit zweieinhalb Jahren von Fischer und drei Partnern vermietet.
Etwa für Rollstuhlbasketball, für Handball, Boxen aber auch für Angebote der Grone-Schule im sozialen Bereich oder für Schulklassen. Hauptnutzer sind die Towers, die auf die gleichen Körbe wie im Spiel trainieren und ihre Kleidung stets in der Halle lassen können. „Die Mannschaft fühlt sich heimisch“, sagt Fischer, „ein Vorteil.“ Sein Urteil zur Halle: erstligatauglich.
Standard schon in Liga zwei ist, dass alle Spieler im Team Vollprofis sind und in der Regel Jahresverträge abschließen. Neben ihren Gehältern erhalten sie Wohnung und Auto gestellt. „Nur zwei oder drei absolvieren noch ein Fernstudium“, sagt Fischer. Zu den Towers zieht es vor allem junge deutsche Talente, die sich bei dem Verein entwickeln können.
Das ist nicht selbstverständlich im Basketball. Denn Teams ergänzen sich gern mit spielstarken US-Amerikanern. Die Hamburger haben dagegen mit Robert Ferguson und Deandre Lansdowne nur zwei Amerikaner in ihren Reihen. Das sind vergleichsweise wenige. Denn auf dem Feld dürften sogar drei der fünf Spieler Ausländer sein.
Zu den Vorzügen in Hamburg zählt Fischer die guten Trainingsmöglichkeiten ohne Pause im Sommer, den ganzjährig einsatzbereiten Athletik-Trainer und die medizinische Betreuung, die verletzten Spielern hilft, rasch wieder fit zu werden. Bewusst am Ende der Liste steht vonseiten des Vereins der Hinweis auf die attraktive Stadt. „Das kann nicht entscheidend sein“, sagt Fischer, der für den Verein Kommunikation und Medien verantwortet.
Trotz solcher Vorzüge besteht die Mannschaft seit dem Saisonbeginn fast vollständig aus Neulingen. Gängig bei Basketball-Mannschaften, in denen oftmals eine hohe Fluktuation herrscht. Fällt es den Fans da nicht schwer, sich mit dem Team zu identifizieren? Fischer glaubt das nicht, er sieht das gesamte Team im Fokus der Fans.
„Es gibt bei uns keinen Star, sondern alle Spieler können zum Sieg beitragen. Wir setzen nicht auf Einzelspieler, sondern auf die Mannschaft.“ Ihre Fans kommen dabei nicht nur aus dem Hamburger Süden, sondern auch aus der Innenstadt und den Randbezirken der Metropolregion. Wer mit der S-Bahn nach Wilhelmsburg fährt, erlebt junge Leute zwischen 25 und 40 Jahren.
„Es kommen auch Familien mit Kindern“, versichert Fischer. Sie dürften die gute Erreichbarkeit der Halle und die friedliche Stimmung schätzen und natürlich, dass sie in der Halle die Witterung nicht fürchten müssen.
Die Zahl der Sponsoren nimmt zu. Neben drei Exklusivpartnern (siehe Tabelle) gibt es mehr als 20 weitere Unterstützer, zu denen die S-Bahn zählt, deren Tickets mit den Eintrittskarten verbunden sind. 600 Dauerkarten für die Saison sind verkauft. Der VIP-Bereich für derzeit 300 Gäste ließe sich ausbauen.
Im Internet überträgt Sportdeutschland.TV jetzt alle Partien der ProA Liga. Für die Produktion haben die Towers Schnitt-Computer und Kameras eingekauft. Helfer kommentieren und übernehmen die Technik. Die Zuschauer am Computer bringen einen Mehrwert für den Verein, ist Fischer überzeugt. Denn mit ihnen steigt die Zahl der Fans. 1500 bis 3000 zusätzlich könnten es bei jedem Basketball-Spiel am Schirm sein.
Der Weg in die 1. Bundesliga: Er ist nicht unrealistisch. „Wir brauchen noch einen Großsponsor, um mit einem guten Gefühl aufsteigen zu können“, sagt Fischer. Der Etat müsste sich in etwa auf gut zwei Millionen Euro verdoppeln. Nicht unmöglich in einer Sportstadt. Und einige Hundert Zuschauer mehr, um die Inselsporthalle komplett zu füllen? Die würden dann sicher auch kommen.
Volleyball: Das Team Hamburg
Volker Stuhrmann (69) hat eine Mission. Der Präsident des Volleyball-Team Hamburg ist zurzeit dabei, allen, die im Hamburger Sport etwas zu sagen haben, die Bedeutung von Hamburgs einziger Profi-Frauenmannschaft deutlich zu machen.
40 Minuten lang hat er beim Jahresempfang des Hamburger Sportbundes gesprochen. Dort hatten sich wichtige Menschen des Hamburger Sports versammelt, Innensenator Andy Grote (SPD) zum Beispiel oder auch Handball-Ikone Martin Schwalb. Das sportliche Ziel des in diesem Jahr neu gegründeten Volleyball-Zweitligisten ist dabei ganz klar formuliert: der Aufstieg in die Erste Bundesliga.
Aber Volker Stuhrmann will mehr als den schnellen sportlichen Erfolg. Der Bundesligist mit Sitz in Neugraben-Fischbek soll dauerhaft den ärgerlichen weißen Fleck im Norden der deutschen Volleyballkarte mit Farbe füllen. Der Deutsche Volleyball-Verband lechze nach dem Aus des Vorgängervereins VT Aurubis nach einem Bundesligisten aus dem großen Hamburg, sagt er. Denn Volleyball in Deutschland spielt sich überwiegend in kleinen Städten und Dörfern ab, und ist bislang alles, nur nicht norddeutsch.
Sollte VT Hamburg sportlich den Aufstieg verpassen, könnten der Zweitligist aus dem Hamburger Süden möglicherweise dennoch in die Erste Liga aufrücken, weil Clubs aus finanziellen Gründen freiwillig verzichten. Mindestens 600.000 Euro bräuchte das Volleyball-Team zu einem Erstligareifen Etat. Besser wäre eine Million Euro. Dann wäre Neugraben-Fischbek auf Augenhöhe mit dem einzigen norddeutschen Frauen-Volleyballschwergewicht Schwerin. Den aus dem Nichts finanzierten Zweitligabetrieb bestreitet VT Hamburg mit 204.000 Euro.
Offiziell sind die Spielerinnen Amateure. Aber alle erhalten „Aufwandsentschädigungen“. Ihren Lebensunterhalt könnte aber keine Spielerin davon bestreiten. Vor dem Training an bis zu fünf Tagen (jeweils 19 bis 22 Uhr) gehen die jungen Frauen einem Beruf nach oder studieren. Das ist üblich in Sportarten, deren Eliteklassen nicht im Fernsehen gezeigt werden. „Wir sind ein Profiteam. Wir haben das Konzept und den Leistungsanspruch“, sagt Volker Stuhrmann.
Volleyball gilt als eine der beliebtesten Ballsportarten weltweit. In Deutschland haben die Vereine mehr als 430.000 Volleyballspieler, mehr als doppelt so viel wie im Basketball. Hamburg täte gut daran, Volleyball als Spitzensport zu fördern, davon ist Stuhrmann überzeugt. Die Stadt dürfe sich nicht nur auf Fußball konzentrieren. VT Hamburg als einziger Frauen-Proficlub spiele eine wichtige Rolle dabei, das Bild eines erfolgreichen Spitzensports in Hamburg zu transportieren.
Der Masterplanentwurf „Active City“ des Senates sieht vor, den Sport bei der Stadtentwicklung zu berücksichtigen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass eine gelungene Stadtentwicklung von der Identifikation der Bürger mit ihrem Umfeld abhängt. 400 bis 500 Zuschauer besuchen die Heimspiele des VT Hamburg in der CU-Arena. Ziel sind 1000.
„Wir machen in der Saison 13 Veranstaltungen in einem Stadtteil, der in etwa einem Dutzend Sozialindikatoren schlechter dasteht als der Hamburger Durchschnitt. Wir spielen eine große Rolle im Süderelberaum“, sagt Volker Stuhrmann. Bundesligaspielerinnen geben Sportstunden in der Stadtteilschule und begeistern die Kinder.
Das Bundesligateam sucht die Zusammenarbeit mit den Volleyballabteilugen der Vereine in Neugraben und Fischbek. Kurzfristiges Ziel ist der Aufbau einer zweiten und dritten Mannschaft. Am Ende soll ein Leistungszentrum stehen, in dem junge Talente aus der Region an das Bundesliga-Team herangeführt werden.
Volker Stuhrmann ist sicher: „Das ist besser, als Spielerinnen aus dem Ausland zu kaufen.“
Handball: Buxtehuder Sportverein
Das 28. Jahr in der 1. Bundesliga ist gut angelaufen für den Buxtehuder Sportverein (BSV). „Ein bisschen stolz“, sagt Manager Peter Prior (59) „kann man schon darauf sein, dass wir so lange dabei sind und über die Jahre hinweg eher oben als unten in der Tabelle stehen.“ Allerdings reichte es mit dem Pokalsieg 2015 erst einmal für einen bundesweiten Titel. Dennoch: Der BSV gilt etwas im Frauenhandball.
Der Verein pflegt sein familienfreundliches Image. Das gilt nicht nur bei den Eintrittspreisen, sondern ebenso beim Verkauf von Bier und Bratwurst. Jeder Zuschauer kann nach dem Abpfiff mit den Spielerinnen abklatschen und bei den Pressekonferenzen mit den Trainern dabei sein. Offensichtlich ist auch der Umgang während des Spielbetriebs angenehm. Indiz dafür: Etwa 20 Spielerinnen sind nach ihrem Karriereende in der Stadt geblieben.
In der Schulsporthalle Nord facht der Fanclub Hase und Igel seit 1992 mit Trommeln und Fahnen die Stimmung an. Die Zuschauer lassen keine Klatschpappe liegen und die „Buxte“-Rufe gellen von den Tribünen. Eine einzigartige Atmosphäre.
Doch die Hölle Nord, wie sie der Verein gern nennt, ist in die Jahre gekommen. „Der VIP-Bereich fasst rund 100 Gäste und ist damit zu klein, um mögliche, zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Im Foyer kommt man nur schwer zu den Getränketresen durch. Es fehlt an Komfort“, fasst Manager Prior die Lage zusammen. Immerhin Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt will jetzt zumindest 3,8 Millionen Euro investieren, um das Gebäude zu sanieren. 2018 sollen die Arbeiten nach ihren Plänen starten.
An einen anderen Ort möchte Prior ohnehin nicht wechseln. Er glaubt nicht daran, dass Sponsoren und die Zuschauer mitziehen würden. Nach Hamburg? Nein, denn „Sponsoren laufen einem nicht hinterher“. Anders in Buxtehude: Dort sind 750 der 1100 Sitzplätze als Dauerkarten verkauft.
Der BSV fährt beim Sponsoring seine eigene Strategie. Zwar gibt es große Unterstützer, aber den Etat sichern neben den Eintrittsgeldern rund 200 kleinere Unterstützer. Das vermindert Abhängigkeiten, die schnell unangenehm werden können.
Gespart wurde bereits zur Saison 2015/16, als die Personalkosten um 100.000 Euro zurückgingen. „Dieses Niveau gilt weiter“, sagt Prior. Warum also kommen Spielerinnen dann nach Buxtehude?
Für viele dürfte neben dem Training mit dem seit Jahren erfolgreichen Dirk Leun zählen, dass sie beruflich vorankommen können, dass Praktikaplätze bereit stehen und die Gehälter zuverlässig gezahlt werden. Zudem spielt die übersichtliche Größe des Kaders eine Rolle. Denn der stellt sicher, dass jede Spielerin genügend Einsatzzeiten erhalten kann. Manchmal ist es auch die Lage Buxtehudes: Wenn etwa Niederländerinnen oder Dänen nahe ihrer Heimat spielen können.
Die Gehaltstabelle reicht beim BSV vom Mini-Job, über ein Salär über dem BAföG bis zum gut bezahlten Halbtags-Job. Dazu gibt es Auto, Benzin und die Ausrüstung. Die Spielerinnen bleiben Halbprofis. Das gilt auch für die inzwischen fest in die Mannschaft integrierte 18-jährige Abiturientin Emily Bölk. Sie soll über den Sommer 2017 hinaus gehalten werden. Prior sagt: „Wir reden jetzt.“
Manager Prior ist davon überzeugt, dass in Buxtehude die richtigen Voraussetzungen für den Erfolg geschaffen wurden. Neben einer modernisierten Halle, für die es jetzt auf Sicht gute Chancen gibt, hat der Verein aber noch einen weiteren Wunsch. „Wir denken an ein Internat mit Appartements. Dort könnten 14- bis 15-jährige Talente in Wohngemeinschaften leben, wenn sie nicht in Familien untergebracht werden können.“ Das würde helfen, Spielerinnen bestmöglich auszubilden und den Verbleib in der 1. Bundesliga zu sichern – für die nächsten Jahrzehnte.