Harburg. In offenem Brief an die Gesundheitssenatorinfordern 270 Harburger den Erhalt der Geburtshilfe an der Asklepios-Klinik Harburg.
Es klingt nach einer Gleichung, die glatt aufgeht: Die Asklepios-Klinik Harburg (AKH) macht ihre Geburtenstation und gynäkologische Abteilung dicht, und die Helios-Klinik Mariahilf parallel dazu ihre Notfallaufnahme. Bliebe unterm Strich: Notfallbehandlung im AKH, Geburtshilfe nur noch im Mariahilf. Über den entsprechenden Senatsbeschluss hat das Abendblatt im September berichtet. Und damit für reichlich Aufruhr gesorgt. Jedenfalls flatterte der Gesundheitsbehörde jetzt ein offener Brief ins Haus, den 270 Harburger unterzeichnet haben. Ihre Forderung: „Wir wollen, dass es im Hamburger Süden auch in Zukunft zwei Kliniken mit unterschiedlichen Angeboten in der Geburtshilfe gibt.“ Initiatorin Mareike Meyer spitzt es weiter zu: „Die Geburtshilfe am AKH darf nicht geschlossen werden.“
Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) hatte zur Rechtfertigung des Senatsbeschlusses, der voraussichtlich ab Juli 2017 umgesetzt werden soll, erklärt: „Im Sinne einer noch besseren Versorgung der Patienten wollen wir die jeweils vorhandenen Stärken der Kliniken ausbauen und für die Versorgung besser nutzen.“ Die Krankenhäuser könnten sich damit noch stärker auf das konzentrieren, was sie am besten können.
Seit darüber berichtet wurde, sorgt das Thema im Umfeld von Mareike Meyer für reichlich Gesprächsstoff. Die Umweltingenieurin ist Mutter eines zwei Jahre alten Sohnes, und egal, wohin sie auch kam: auf dem Spielplatz, in der Mütterberatung, im Eltern-Kind-Zentrum oder im Freundeskreis - überall regte sich Widerstand gegen die Absicht die Geburtshilfe im AKH zu schließen. Irgendwann stand ihr Entschluss fest: „Ich will das nicht einfach so hinnehmen.“ Deshalb hat sie, angespornt von anderen Müttern, einen offenen Brief an die Gesundheitssenatorin geschrieben und Unterschriften gesammelt.
Vom Ergebnis war die 35-Jährige selbst überrascht: Zwischen dem 7. und dem 26. Oktober kamen satte 270 Unterschriften zusammen, und das obwohl in diesen Zeitraum auch noch die Hamburger Herbstferien fielen.
In dem offenen Brief an die Senatorin fasst Mareike Meyer zusammen, was Gegenstand der vielen Gespräch der jüngsten Vergangenheit war: „Egal ob unsere Kinder im AKH oder Mariahilf geboren wurden, Ihre Pläne stoßen bei uns auf Unverständnis.“ Dass der Ausbau der Geburtshilfe am Mariahilf eine Verbesserung darstelle, lassen die Unterzeichner nur für all jene gelten, der Schwangerschaften Komplikationen oder besondere Risiken bergen: „Für alle anderen sehen wir die Verbesserung nicht.“
Die Geburtshilfe am Mariahilf werde vermutlich steigen: „Einige ,Mariahilf-Eltern’ finden es dort jetzt schon zu unruhig und zu voll, so dass eine gute Betreuung nicht immer möglich ist“, so die Befürchtungen der Unterzeichner des Briefes. Dass im Mariahilf eine Kinderintensivstation gebe, sei für viele bei der Entscheidung für dieses Haus ausschlaggebend. All jene, die jedoch mit einer normalen Geburt rechneten, hätten sich in der Vergangenheit bewusst für das AKH entschieden – aus Gründen, die auch für Mareike Meyer vor zwei Jahren den Ausschlag gaben: „Es geht dort familiärer zu.“ Gemütlich sei es dort, von Krankenhaus-Atmosphäre kaum etwas zu spüren. „Ich wusste gleich, hier bin ich richtig.“
Ihre Erwartungen wurden bestätigt. „Nach Mauros Geburt hatten wir sogar ein Familienzimmer“, schwärmt Mareike Meyer noch heute. So konnte der Vater ihres Sohnes von Anfang an ihrer Seite sein, rundum die Uhr, bis sie nach drei Tagen gemeinsam nach Hause entlassen wurden.
Natürlich, räumt sie ein, Familienzimmer gebe es auch im Mariahilf, die Erfahrungen vieler Eltern, mit denen sie in der jüngsten Vergangenheit gesprochen hat, hätten jedoch gezeigt, dass diese oft nicht zur Verfügung standen, weil die Betten dringend gebraucht wurden und Väter dann also doch draußen bleiben mussten, jedenfalls nachts.
Beide Kliniken haben umfangreiche Neubauten realisiert. Die Arbeiten an der Mariahilf-Klinik an der Stader Straße, waren mit 20 Millionen Euro von der Stadt gefördert worden, 22,5 Millionen finanzierte der Helios-Konzern aus eigenen Mitteln. Und auch am Eißendorfer Pferdeweg wurde gebaut, was die Stadt mit 24,3 Millionen Euro förderte. Schon für den ersten Bauabschnitt waren 30 Millionen Euro geflossen, Asklepios steuerte erst 20, dann weitere zwölf Millionen Euro bei.
Das ist auch so etwas, was die Briefunterzeichner wundert: Bei der Grundsteinlegung am AKH für ein neues Gebäude war auf einer Infotafel noch vermerkt, dass dort die Geburtshilfe einziehen solle. Mareike Meyer fragt sich nun: „Wie kann das angehen – nur ein paar Wochen später wird das über den Haufen geworfen?“