Das Wilhelmsburger Label Bridge & Tunnel präsentiert neues Design aus dem Jeansstoff Denim im Schanzenviertel.

Wer vegan lebt, achtet nicht nur auf sein Essen, sondern kleidet sich auch tierleidfrei. Pullover aus Wolle oder Gürtel aus Leder gelten als inakzeptabel. Das Label Bridge & Tunnel eröffnet Veganern mit seinem neuen „Weekender“ die Möglichkeit, mit gutem Gewissen ins Wochenende zu verreisen: Die Reisetasche aus Denim kommt ohne tierische Materialien aus. Sie gehört zu insgesamt vier neuen Accessoires, die das Social Designlabel aus Wilhelmsburg jetzt in der Pop-up-Location „B-Laden“ im Schanzenviertel präsentiert hat.

Nie sei es einfacher gewesen, vegane Kleidung und Schuhe zu finden, behauptet die Tierschutzorganisation PETA in ihrem Einkaufsführer. Dennoch bilden Kleidung und Accessoires aus nicht-tierischen Materialien in der Regel weiterhin einen Nischenmarkt kleiner Manufakturen.

Mit seiner Leder-Alternative aus Fasern von Blättern der Ananaspflanze hat das britische Start-Up „Ananas Anam“ im April auf der Hannover Messe einige Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Idee einer neuen Lederproduktion aus einem Abfallprodukt, das auf dem Feld liegen bleibt, gilt aber noch als zu teuer.

Constanze Klotz präsentiert im Modeladen „B-Lage“ den neuen Weekender, eine vegane Reisetasche
Constanze Klotz präsentiert im Modeladen „B-Lage“ den neuen Weekender, eine vegane Reisetasche © Thomas Sulzyc | Thomas Sulzyc

Auch Bridge & Tunnel kommt in seiner Kollektion nicht ohne tierische Materialien aus. Es ist nicht die vegane Idee, die das soziale Unternehmen primär antreibt. Vielmehr will das Designlabel feste Arbeitsplätze für gesellschaftlich benachteiligte Menschen schaffen. Dazu bietet es Migrantinnen ohne Ausbildung, aber mit Talent, eine Qualifizierung unter professioneller Anleitung an.

In der Preisgestaltung bedeutet das einen schwierigen Balanceakt. Die verschiedenen Taschen der Kollektion dürfen nicht exorbitant viel kosten, damit die Waren konkurrenzfähig sind. Gleichzeitig müssen die Preise dem Wert der Arbeit gerecht werden. „Wir produzieren in einer Manufaktur in Deutschland und zahlen Tariflohn“, sagt Geschäftsführerin Constanze Klotz nicht ohne Stolz.

Die vier Näherinnen, ohne verbriefte Qualifikation, verdienen in einer 20-Stundenwoche etwa 1000 Euro brutto. Sie stammen aus Pakistan oder der Türkei und sind mittlerweile auf den Elbinseln heimisch geworden. Gewinn erwirtschaftet Bridge & Tunnel noch nicht. Ein privater Förderer unterstützt das Social-Design-Label. „Bei sozialen Unternehmen dauert es in der Regel vier bis fünf Jahre, bis es sich aus eigener Kraft finanziert“, sagt Constanze Klotz.

Der „Weekender“, geeignet als Handgepäck für die Flugreise, kostet 229 Euro. Wer das Produkt kauft, schafft nicht nur eine Form der Anerkennung, sondern ermöglicht die nach Tariflohn bezahlte textile Produktion in Deutschland.

Der Käufer erwirbt dafür ein Unikat, dessen Etikett den Namen der Näherin trägt. Das ist Teil der Vermarktungsstrategie, über Exklusivität die Kundschaft dazu zu bewegen, lieber ein hochwertiges Teil zu kaufen als jeden Monat eine neue Billigtasche. Slow Fashion heißt das in der Branche.

Das auf verschiedene Accessoires aus Denim spezialisierte Designlabel Bridge & Tunnel verführt mittlerweile nicht nur Frauen dazu, die Jeans mal lässig über der Schulter zu tragen. Zu den neuen Produkten zählt ein Rucksack für Herren. Der bisher als Unisex-Produkt gedachte Rucksack der Kollektion erschien Männern als zu schmal und damit zu feminin.

Inzwischen ist die Textildesignerin Lotte Erhorn, bisher als Projektleiterin als Bindeglied zwischen den Näherinnen und der dänischen Designerin Signe Bonnesen tätig, das Design der Kollektion übernommen. Entwurf und Fertigung, das hat sich gezeigt, müssen verbunden sein, um die Näherinnen auf unkonventionelle Weise nach ihren Talenten fördern zu können.

Bridge & Tunnel hat sich deshalb von der ursprünglichen Idee verabschiedet, mit wechselnden Designern zu arbeiten. Das Unternehmen wird aber zumindest bei ausgesuchten Produkten mit externen Designern kooperieren. Die Hamburger Modedesignerin Tina Tenoth hat den Anfang gemacht und die streng auf 30 Stück limitierte Reihe von Laptop-Taschen bedruckt.

Insgesamt zehn verschiedene Accessoires umfasst die Kollektion inzwischen. Kleinster Neuzugang ist eine Minitasche, die sich am Schlüsselbund befestigen lässt. In dem Minihelfer finden nützliche Dinge Platz: Hundebeutel oder ein Babyschnuller – je nach Bedarf. „Tatti“ nennt sich das Täschchen. Das ist Türkisch und bedeutet „kleine Süßigkeit“. Vegan oder nicht, Social Design kann echt lecker sein.