Harburg . Arbeitsagentur startet Programm für Menschen ohne Berufsabschluss. Latevi Lawson-Hetcheli ist einer von 121 Kandidaten aus Harburg

Er lernte schon auf dem Gymnasium in seinem Heimatland Togo Deutsch, war Stipendiat des Goethe-Instituts in Göttingen, studierte danach in seiner afrikanischen Heimat von 2003 bis 2007 Germanistik mit Schwerpunkt deutsche Literatur. Seine Studien schloss Latevi Lawson-Hetcheli mit einem französichen Zertifikat ab, das dem Bachelor entspricht und in Deutschland anerkannt ist. Im Juli 2015 folgte er seiner Ehefrau Barbara nach Deutschland, wohnt mit ihr in Harburg. Doch weil er mehr als vier Jahre nicht in seinem Beruf gearbeitet hat, gilt der Togolese auf dem Arbeitsmarkt als „wieder ungelernt“ – und hat damit unverhofft eine neue Chance erhalten.

Denn Lawson-Hetcheli, der bis Oktober 2016 ein Jahr lang als Küchenhelfer in der Kantine der Hamburger Commerzbank gearbeitet hat, passt in ein neues Programm der Arbeitsagentur, das Anfang August mit dem Gesetz zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes in er Arbeitslosenversicherung (AWStG) gestartet wurde. Bei den „Zukunftsstartern“ geht es darum, Menschen im Alter zwischen 25 und 35, die noch keine Ausbildung haben, für einen qualifizierten Job fit zu machen. „Wir haben im September für Harburg 121 Kunden gefunden, die für das Programm in Frage kommen. Mit ihnen werden wir bis zum 6. November Kontakt aufnehmen, um ihnen die Möglichkeiten vorzustellen“, sagt Arbeitsvermittlerin Susanne Wulf-Ruhnke. Die Maßnahme ist eine weiterer Vorstoß, um den Fachkräftemangel zu lindern. „Wir gehen davon aus, dass wir gerade in Harburg auch künftig ausreichend Menschen gewinnen können“, sagt die Chefin des Harburger Arbeitsagentur, Ines Rosowski. Hintergrund: Im Süden Hamburgs liegt der Anteil der Arbeitslosen ohne Berufsabschluss mit 31,2 Prozent deutlich höher als in der gesamten Hansestadt. Dort gilt ein Wert von 21 Prozent. In Harburg waren im September 7244 Menschen ohne Job.

„Wir wissen, dass Geringqualifizierte viermal häufiger arbeitslos sind als beruflich Qualifizierte“, erklärt Arbeitsagentur-Vorstand Detlef Scheele. Daher sollen Investitionen in die Bildung in den kommenden Jahren weiterhin eines der wichtigsten Themen der Agentur bleiben. Scheele, vormals Hamburger Senator für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, will bis Ende 2020 bundesweit 120.000 Teilnehmer in das Programm Zukunftsstarter holen.

Den Einstieg bildet ein Vorschaltkurs über drei Monate, bei dem die Kenntnisse der Bewerber geprüft werden. Damit will die Arbeitsagentur die Chancen einer erfolgreichen Teilnahme an der späteren Ausbildung abschätzen. Für kaufmännische Berufe wie ihn Lawson-Hetcheli anstrebt, bietet die Grone-Schule solche Kurse an. Während der Zeit soll ein Betrieb gefunden werden, der den jeweiligen Bewerber dann in die duale Ausbildung bringen will.

Der studierte Germanist Lawson-Hetcheli soll möglichst direkt nach dem Kurs am 1. Februar seine Lehre beginnen. Lawson-Hetcheli sucht einen Arbeitgeber, bei dem er Groß- und Außenhandelskaufmann mit Schwerpunkt Außenhandel lernen kann. Kein Wunder: Der Akademiker spricht neben Deutsch auch Englisch, Französisch und zwei einheimische Dialekte aus dem Süden von Togo. Die Ausbildung kann er bei guten Leistungen auf zweieinhalb Jahre verkürzen.

Bei dem Programm wird auch mit zusätzlichen Weiterbildungsprämien um Bewerber geworben. So erhält, wer die Zwischenprüfung besteht, 1000 Euro. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung sind noch einmal 1500 Euro vorgesehen. Neben der Ausbildungsvergütung der jeweiligen Firma zahlt die Arbeitsagentur die an den Berufsschulen entstehenden Kosten für Lernmaterial. Möglich ist es zudem, in Kursen Grundkompetenzen zu aktivieren oder während der Ausbildung zusätzlich Nachhilfeunterricht in Anspruch zu nehmen.

Lawson-Hetcheli wird das kaum nötig haben. Er hofft, rasch einen Arbeitgeber zu finden und später im internationalen Handel arbeiten zu können. Dafür würde er gern in Hamburg bleiben: „Das wünsche ich mir.“