Harburg. Stiftung Auschwitz-Komitee zeichnet Harburger Gruppe für ihr Engagement gegen Nationalsozialismus aus.
Es ist eine kleine Gruppe, unermüdlich im Einsatz wider das Vergessen der Gräueltaten des Nationalsozialismus: Die Initiative Gedenken in Harburg, eine der ältesten Hamburger Stadtteilinitiativen überhaupt, wird am Donnerstag, 13. Oktober, in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg mit dem Hans-Frankenthal-Preis ausgezeichnet und erhält in diesem Zusammenhang 1500 Euro. Das hat jetzt der Stiftungsrat der Stiftung Auschwitz-Komitee beschlossen.
Für Klaus Möller (81), seit 2008 Sprecher der umtriebigen Harburger Initiative, ist auch dieser Preis, wie zuvor schon der Harburger Bürgerpreis (2009) oder der Sonderpreis der Harburger Bezirksversammlung (2015) Ansporn, den Weg weiterzugehen, für den der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1985 in einer denkwürdigen Rede vor dem Deutschen Bundestag mit diesem Satz den passenden Rahmen schaffte: „Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.“
Gegründet hat die Initiative 1998 Klaus-Peter Lehmann, lange Jahre Pastor der evangelischen Dreifaltigkeits-Kirchengemeinde Harburg. Bis heute ist die Initiative angegliedert an den Kirchenkreis Ost, nutzt Räume im Haus der Kirche an der Hölertwiete 5.
Zahlreiche Veranstaltungen wie Zeitzeugen-Gespräche, Stadtteilrundgänge, Lesungen und Ausstellungen zur NS-Geschichte haben die allesamt ehrenamtlichen Mitglieder der Initiative seither auf die Beine gestellt. Eine zeitaufwendige Arbeit, die sich aktuell acht Männer und Frauen teilen, allesamt zumeist weit jenseits der 60.
Aktuell haben Möller und sein Team endlose Stunden damit zugebracht, die Harburger Gedenktage vorzubereiten, die heute um 16 Uhr mit der Ausstellung „Hamburger Fußball im Nationalsozialismus“ in der Bücherhalle, Eddelbüttelstraße 47 a, eröffnet werden und bis 10. November dauern.
Die Gedenktage, die seit Gründung der Initiative jedes Jahr ausgerichtet werden, um an die Schrecken der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zu erinnern, sollen vom kommenden Jahr an neu aufgestellt werden sagte Möller gestern: „Wir wollen uns breiter öffnen. Bisher widmeten sich die Tage immer ausschließlich einem Thema – wie jetzt ,Fußball und Nationalsozialismus’. Künftig soll das Ganze unter dem Motto stehen ,Gegen Vergessen für Frieden und Freiheit’“.
Dann, so Möller, könnten noch mehr Kooperationspartner mitmachen, zum Beispiel auch Musikgruppen. Denn Ziel bleibt es, vor allem junge Menschen anzusprechen. Die politischen Vorkommnisse der jüngsten Vergangenheit zeigten, wie relevant seine Sorgen um die Zukunft seien. „Wir dürfen Demokratie nicht für selbstverständlich halten. Wir müssen sie uns immer wieder erkämpfen und erstreiten“, sagt Möller, der früher Geschichte am Heisenberg-Gymnasium unterrichtete, dessen stellvertretender Leiter er 28 Jahre lang war.
Der Austausch mit Schülern prägt bis heute Möllers Leben. Er hat etliche Schülerprojekte zur Nazi-Zeit begleitet, von denen zehn ausgezeichnet wurden, etwa mit dem Bertini-Preis. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm das Engagement der damals 17jährigen Luisa Gluck. Sie hatte sich 2003 mit dem Schicksal der Harburgerin Henny Ekyn, geb. Goldberg, beschäftigt.
Während der Preisverleihung im Harburger Rathaus bat die Schülerin ihre Zuhörer, für Stolpersteine – von denen es seit diesem Jahr 200 in Harburg gibt – zu spenden. Das Ergebnis rührt Möller noch immer: „Es kam Geld für 20 Stolpersteine zusammen.“ Das Wichtigste aber: Die Schülerin hatte so dafür gesorgt, dass mit einem Stolperstein an der Konsul-Renck-Straße ein Ort des Gedenkens für die ermordeten Eltern und die Schwester von Henny Ekyn geschaffen wurde.
Die in England lebende KZ-Überlebende, damals 86, war überwältigt: „Endlich habe ich einen Ort, an dem ich trauern kann.“ Bis zu ihrem Tod kehrte sie jedes Jahr dorthin zurück.