Neu Wulmstorf. SPD will mehr abschließbare Abstellplätze am Neu Wulmstorfer Bahnhof und bringt eine Videoüberwachung ins Spiel.

Fahrraddiebe schlagen immer öfter zu. In den vergangenen drei Jahren ist die Zahl der Fahrraddiebstähle im Landkreis Harburg deutlich angestiegen. Während bei der Polizei im Landkreis 2013 noch 688 geklaute Räder angezeigt wurden, waren es 2014 schon 768. Im vergangenen Jahr lag die Zahl bereits bei 1043 Diebstählen. Da viele Radfahrer gar nicht erst das geklaute Rad zur Anzeige bringen, dürfte die Dunkelziffer noch viel höher sein.

Sich ökologisch fortzubewegen, ist beliebter denn je. Immer mehr Menschen entdecken das Fahrrad für sich und verschmähen das Auto. Um schnell und gut voranzukommen, scheuen viele auch nicht, viel Geld für ihr Fahrrad auszugeben. Summen von 1000 Euro und mehr sind keine Seltenheit mehr. Das aber macht das Fahrrad umso attraktiver für Kriminelle.

An Schulzentren, größeren Einkaufszentren und insbesondere an Bahnhöfen tummeln sich die Diebe. Dadurch sind die Städte und Orte mit einer guten Anbindung zu Hamburg besonders betroffen. So ist es kein Wunder, dass Buchholz, Winsen, Neu Wulmstorf und Tostedt die Rangliste der Orte mit den häufigsten Fahrraddiebstählen im Landkreis anführen.

Beispiel Neu Wulmstorf: Hier ist die Zahl der geklauten Räder von 121 im Jahr 2013 auf 159 in 2015 gestiegen. „Die Tendenz für dieses Jahr geht derzeit in Richtung Vorjahresniveau“, sagt Jan Krüger, Sprecher der Polizei.

Kaum ein Radfahrer, der nicht selbst Opfer eines Fahrradklaus wurde oder von einem anderen Leidtragenden aus dem Freundes- und Bekanntenkreis berichten kann. Beim passionierten Radfahrer Joachim Franke ist gar zweimal die Garage aufgebrochen worden, um ein Fahrrad zu stehlen. „Da muss man unbedingt was machen“, sagt das Diebstahlsopfer.

Die zunehmenden Raddiebstähle schlagen sich auch im Kaufverhalten beim Fahrradgeschäft Hauschild in Neu Wulmstorf nieder. Nicht so, dass es immer wieder ein Neues sein soll und die Fahrradhändler sich freuen könnten. Das Gegenteil ist der Fall. „Wem mehr als einmal sein Fahrrad entwendet wurde, kauft sich kein neues mehr“, sagt Aarne Schorsch, der als Zweiradmechanikermeister die Werkstatt von Hauschild leitet. Der Schutz vor Fahrraddiebstahl bestimmt auch zunehmend seine Beratungsgespräche.

Auch wenn die Kunden verstärkt zu teuren Schlössern greifen, die Zahl der Kunden, die ihm gegenüber Fahrradklau beklagen, nimmt zu. Wie aber soll die Gemeinde das Problem in den Griff bekommen? Die Aufklärungsquote ist besonders bei Fahrraddiebstählen gering. Die SPD will auf abschließbare Fahrradboxen setzen, in denen die Radfahrer ihr Velo einschließen können, um es so vor Diebstahl zu schützen.

So schnell wie möglich sollen davon mehr am Bahnhof Neu Wulmstorf entstehen. Zurzeit gibt es neben zwei offenen zwei abschließbare Fahrradboxen, die Nutzer mit Hilfe eines Transponders öffnen und schließen können. Doch wer sich einen Platz in einer abschließbaren Box ergattern möchte, hat kaum eine Chance. Auf der Warteliste stehen 20 Radfahrer.

Die SPD schlägt daher vor, in einem ersten Schritt eine der offenen Boxen auf der Nordseite des Bahnhofs in eine abschließbare Fahrradbox umzuwandeln. Kommt das gut an, soll die letzte offene Box ebenso in eine abschließbare umgerüstet werden. Zusätzlich regt die SPD an, dann Fahrradbügel auf der freien Fläche neben den vorhandenen Boxen aufzustellen – für die Radfahrer, die ihr Rad lieber im Freien abstellen.

„Wir schaffen ja mit der Möglichkeit, die Fahrräder einzuschließen, nicht mehr Plätze, sondern ersetzen die offenen Boxen“, sagt SPD-Mann Tobias Handtke. Auf lange Sicht soll auf der südlichen Seite des Bahnhofs eine weitere abschließbare Box aufgestellt werden. Die Polizei sieht Fahrradboxen grundsätzlich als einen guten Schutz an. Die Beamten haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Diebe schon allein deshalb ein leichtes Spiel haben, weil die Besitzer ihre Räder zu wenig absichern. „Oftmals werden nur einfache Seilschlösser benutzt, die schon mit kleinen Schneidwerkzeugen in Sekunden überwunden werden können“, sagt Polizeisprecher Jan Krüger.

Der Ausschuss für Verkehr, öffentliche Ordnung und Feuerschutz der Gemeinde Neu Wulmstorf beschäftigt sich heute, am Mittwoch, 28. September, 19.30 Uhr, im Ratssaal des Rathauses, Bahnhofstraße 39, in Neu Wulmstorf mit dem Thema. Zuvor hat die Gemeindeverwaltung bereits durchblicken lassen, dass sie die Umrüstung zu einer abschließbaren Box sinnvoll findet.

Offen ist der Punkt der Videoüberwachung, ebenso ein Vorschlag der SPD. Die Diskussion darüber ist nicht neu. Schon 2011 unternahm die Gemeinde einen Vorstoß, Kameras an der Abstellanlage am Bahnhof aufzuhängen. Doch obwohl Polizei und Verwaltung das befürworteten, wurde die Idee aus rechtlichen Gründen verworfen.

Der Rechtsrahmen hat sich bis heute zwar nicht geändert. Doch die Gemeinde führt an, dass die Ausgangslage jetzt eine andere sei, weil die abschließbaren Boxen heute mehr genutzt werden. Radfahrer selbst haben selten etwas gegen eine Videoüberwachung einzuwenden. „Wer nichts zu verbergen hat, kann doch auch gefilmt werden“, sagt beispielsweise Hannelore Ringler, 60, Verkäuferin und Radfahrerin aus Neu Wulmstorf. Jetzt soll der Datenschutzbeauftragte eine mögliche Videoüberwachung noch einmal prüfen.