Hittfeld. Archäologen stoßen im Baugebiet „Nördlich Göhlenbach“ auf Spuren eines rund 1200 Jahre alten Grubenhauses.

Die Funde wirken unscheinbar, sind aber eine kleine Sensation: Kreisarchäologe Jochen Brandt vom Archäologischen Museum Hamburg und sein Team haben bei den kürzlich begonnenen Ausgrabungen im geplanten Neubaugebiet „Nördlich Göhlenbach“ Spuren des ältesten Bewohners Hittfelds entdeckt.

Damit hat sich die Vermutung bestätigt, die Brandt bereits im vergangenen Jahr äußerte, als er bei Voruntersuchungen auf Scherben aus dem 8. bis 10. Jahrhundert sowie Hinweise auf ein Grubenhaus stieß und hoffte, mit ihrer Hilfe Hittfelder Ortsgeschichte schreiben zu können (das Abendblatt berichtete).

Ein Tuchweber muss auf der Fläche nordwestlich des Hittfelder Ortskerns um 800 nach Christus seine Arbeitsstätte gehabt haben. Darauf deuten Bodenverfärbungen und weitere Funde hin, die Grabungsleiter Willi Müller und sein Team jetzt entdeckt haben. Die Arbeitsstätte war als eine Art Souterrainwohung zum Teil in der Erde angelegt, da sich Wolle oder Hanf bei leichter Feuchtigkeit besser verarbeiten ließen. „Grubenhaus“ lautete der Name dieser hölzernen Behausung, die es circa seit Christi Geburt bis ins Mittelalter hinein gegeben hatte.

So in etwa könnte das Grubenhaus ausgesehen haben, in dem der Tuchweber arbeitete
So in etwa könnte das Grubenhaus ausgesehen haben, in dem der Tuchweber arbeitete © HA | Christiane Tauer

Das Hittfelder Grubenhaus bestand aus sechs Pfosten und besaß eine Grundfläche von fünf mal fünf Metern. „Damit war es ein relativ großes Gebäude“, erläutert Willi Müller. Dass ein Webstuhl in einer Ecke des Hauses stand, lässt sich anhand gefundener Webgewichte rekonstruieren. Sie bestanden aus gebranntem Lehm, besaßen ein Loch und sollten das Webmaterial beschweren. Sogar die Fingerabdrücke des Töpfers sind zu sehen. Daneben wurden verkohlte Hölzer gefunden und in der Ecke gegenüber Reste eines Ofen, um den herum Keramik aufgestellt war.

Insbesondere die Keramik ermöglicht es den Archäologen, die Funde zeitlich einzugrenzen. „Wir haben spätsächsische Scherben entdeckt, die aus dem 8. oder 9. Jahrhundert stammen“, sagt Jochen Brandt. Auch Reste von etwas, das wie ein Teller oder eine Schale aussieht, waren dabei. „Da müssen wir noch recherchieren, was das genau das sein könnte.“

Eine ungewöhnlich verzierte Scherbe slawischer Herkunft deutet wiederum darauf hin, dass eher das 9. als das 8. Jahrhundert für die Funde in Frage kommt. „So eine Scherbe war hier eigentlich gar nicht üblich, wir müssen jetzt klären, ob sie Handelsgut war oder hier hergestellt wurde“, erläutert Brandt.

Diese ungewöhnliche Scherbe mit Verzierungen, die das Team um Jochen Brandt gefunden hat, ist slawischen Ursprungs
Diese ungewöhnliche Scherbe mit Verzierungen, die das Team um Jochen Brandt gefunden hat, ist slawischen Ursprungs © HA | Christiane Tauer

Ebenfalls Rätsel gibt eine Fundstelle drei Meter neben dem Grubenhaus auf, in der möglicherweise Ton oder Ähnliches ausgewaschen wurde. „Hier will uns eine Bodenkundlerin der Universität Hamburg bei der näheren Bestimmung helfen“, sagt Willi Müller.

Fakt ist jedenfalls, dass im Grubenhaus ausschließlich gearbeitet und nicht gewohnt wurde. „Grubenhäuser waren eigentlich nur Nebenhäuser“, sagt Jochen Brandt. Da er es für ungewöhnlich hält, dass ein einzelnes Haus allein und noch dazu so weit entfernt vom Kernort stand, geht er davon aus, dass es weitere Häuser gab, die mit der Zeit wegerodiert sind – nicht zuletzt deshalb, weil die Bedingungen für eine Siedlung schon zu damaliger Zeit ideal gewesen sein müssen: im nördlichen Teil eine leichte Südhanglage und unten ein fließendes Gewässer.

In dieser Woche will das Grabungsteam die Arbeiten rund um das Grubenhaus abschließen. Danach wollen sie noch eine etwas größere Fläche weiter nördlich untersuchen, wo Bodenverfärbungen ebenfalls auf eine Behausung hinweisen.

„Wir vermuten, dass diese Funde aus der Eisenzeit stammen“, sagt Brandt. Einen Zusammenhang zur anderen Grabungsstelle sieht er nicht. Bis Mitte Oktober sollen alle Erdaushebungen wieder zugeschüttet und der Acker dem Landwirt zurückgegeben werden.

Die geborgenen und per 3-D-Aufnahme dokumentierten Funde werden Brandt und sein Team dann detailliert auswerten. Ob sie später im Magazin des Archäologischen Museums in Harburg verschwinden oder in Hittfeld öffentlich gezeigt werden, ist noch völlig offen.

Aufgrund ihrer Bedeutsamkeit für die frühe Hittfelder Geschichte dürfte das Interesse vor Ort aber nicht gerade gering sein. Bisher gibt vor allem ein Holzpfostenbau auf dem Kirchberg vom Beginn des neunten Jahrhunderts Aufschluss darüber. Vertreter des Hittfelder Heimatvereins sollen die Ausgrabungsstätte bereits besucht haben.