Winsen. Arbeitskreis klärt seit 25 Jahren Lehrer, Erzieher und Betreuer über Warnsignale und Prävention auf.

Trotz aller Aufgeklärtheit und erhöhter Medienpräsenz ist das Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche immer noch ein Tabuthema. „Der Umgang damit hat sich in all den Jahren nicht wesentlich verändert“, stellt Gabriele Fried vom Jugendamt des Landkreises Harburg fest. Sie ist Mitbegründerin des „Berufsgruppenarbeitskreises gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Landkreis Harburg“, der jetzt in Winsen 25-jähriges Bestehen feierte.

In dieser Gruppe kommen Sozialpädagogen, Lehrer und Erzieher, Ärzte und Therapeuten, Polizisten und Juristen zusammen, um Konzepte zu Prävention und Hilfen für Betroffene zu entwickeln. „Wir wollen Berührungsängste abbauen und vermitteln: Woran erkenne ich, ob ein Kind betroffen ist, wann und wie werde ich tätig, wenn ich einen Verdacht habe? Sind das harmlose Doktorspiele oder schwere Grenzverletzungen? Welche Therapieangebote gibt es?“, sagt Gabriele Fried. Betreut werden aber auch Jugendliche, die selbst übergriffig geworden sind.

Der Arbeitskreis unterstützt zum Beispiel Kindergärten, Schulen und Vereine dabei, Schutzkonzepte zu erstellen. „Wir beraten aber nur, die Regeln definieren die Institutionen aufgrund dessen selbst“, erklärt Kenneth Dittmann, Sozialpädagoge beim Deutschen Kinderschutzbund im Landkreis Harburg, der den Arbeitskreis koordiniert.

Schmusebär und Kratzekatze klären über Grenzen auf

Im Bereich Prävention hat sich der Arbeitskreis bislang auf die drei Zielgruppen Kindergarten, Grundschule und Sportverein konzentriert. Für Schulen und Kindergärten gibt es Theaterprojekte mit dem Holzwurm-Theater. Die Darsteller arbeiten mit Handpuppen, die im Kindergarten mit „Schmusebär und Kratzekatze“ das Thema Grenzverletzung erklären. „Es geht da zum Beispiel um die Küsse von Tante Agatha und wie wir uns dagegen wehren“, erklärt er.

Etwas weiter führt das Stück „Sascha – bis hierhin und nicht weiter“ für Grundschüler. Darin lernen die Kinder, auf ihr Gefühl zu vertrauen, „richtige“ von „falschen“ Berührungen zu unterscheiden, sich zu wehren und sich Hilfe zu holen. „Wir beobachten oft, dass Eltern zu Kindern, die hingefallen sind, sagen: Ach, das ist nicht so schlimm“, sagt die Sozialpädagogin Katrin Munz.

„Aber damit nehmen wir den Kindern auch ihre eigene Wahrnehmung. Das machen sich auch Täter zunutze.“ Das Projekt „Sport im Verein – ja, aber sicher“ will Betreuer und Vorstände für sexuelle Übergriffe sensibilisieren. Nicht allein, um Jugendliche zu schützen, sondern auch, um Missverständnisse auszuräumen.

„Eine Hilfestellung zu geben, kann unter Umständen von einem Mädchen schon als Grenzübertritt aufgefasst werden. Der Trainer hat darüber vielleicht nur nicht nachgedacht“, nennt Hermann Simon vom Kinderschutzbund ein Beispiel. Hier hilft der Arbeitskreis dem Verein, ein Schutzkonzept aufzustellen.

Als nächstes will der Arbeitskreis Projekte für die weiterführenden Schulen entwickeln. Die Notwendigkeit bestehe wegen der Sexualisierung durch digitale Medien, erläutert Kenneth Dittmann. Geflüchtete Kinder und Jugendliche eröffneten ein weiteres Betätigungsfeld. Dem Arbeitskreis ist daher sehr daran gelegen, weitere Experten für sich zu gewinnen. Vor allem Ärzte und Juristen sind willkommen.

Der Arbeitskreis trifft sich an jedem zweiten Montag im Monat (Ferien ausgenommen) in der Geschäftsstelle des Kinderschutzbunds in Buchholz, Neue Straße 13, von 9.30 bis 11.30 Uhr. Kontakt: bgak@dksb-lkharburg.de