Cranz . Anlieger befürchten, dass Einzelinteressen das integrierte Wasserbau-Konzept der Technischen Universität Hamburg untergraben.
Wie lässt sich in Zukunft das Hochwasser der Este in den Griff bekommen? Mögliche Antworten auf diese Frage lieferten Wasserbauexperten der Technischen Universität Hamburg im sogenannten KLEE-Projekt (Klimaanpassung Einzugsgebiet Este) in Abstimmung mit den Landkreisen Harburg und Stade, der Stadtentwässerung Buxtehude, Anwohnern und Interessenverbänden. Alle waren sich auf der Abschlussveranstaltung im Juni dieses Jahres einig: Der vorgeschlagene Maßnahmenkatalog bietet eine „historische Chance“ zu einem integrierten Flussmanagement von der Quelle bis zur Mündung in die Elbe bei Cranz. Jetzt fürchten die Interessengemeinschaft IG-Este der niedersächsischen Anlieger und der Hamburger Arbeitskreis Cranz, dass die gerade noch hoch gelobten KLEE-Ergebnisse in Behördenschubladen enden.
Das Projekt habe mit dem niedersächsischen Umweltministerium einen mächtigen Gegenspieler, sagt Rainer Podbielski, Sprecher der IG-Este. Es lehne das ganzheitliche Hochwassermanagement ab. Podbielski: „Mit der Genehmigung von wasserbaulichen Maßnahmen und deren Finanzierung sitzt das Ministerium am alles entscheidenden Hebel.“ Auch der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) habe sich als leidenschaftlicher Gegner des integrierten Ansatzes präsentiert.
Die Hannoveraner favorisieren ein Konzept, das zunächst nur vorsieht, in Buxtehude Deiche zu bauen, um die Stadt vor der vorausgesagten steigenden Hochwassergefahr durch Sturmfluten oder Starkregen zu schützen. Doch wenn das Oberwasser nach starken Niederschlägen schneller und mit höherem Niveau in Buxtehude durchgeleitet wird, geht das naturgemäß nur auf Kosten der Anwohner der Elbmarsch am unteren Flusslauf.
„Das Wasserhaushaltsgesetz von 2009 erlaubt gar keine einseitigen Hochwasserschutzmaßnahmen zu Lasten anderer Flussanlieger“, sagt Gudrun Schittek vom Arbeitskreis Cranz und Abgeordnete der Grünen im Harburger Rathaus. „Hamburg und Niedersachsen müssen hier zusammenarbeiten“, fordert sie. Das KLEE-Projekt sei eine „historische Chance, endlich zu einem ganzheitlichen Hochwasserschutz an der Este zu gelangen“.
Die beiden Este-Initiativen plädieren dafür, einen „Unterhaltungsverband Este“ zu gründen. Dessen vornehmste Aufgabe wäre, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bekommen. Dies war im KLEE-Projekt bereits weitgehend gelungen, doch nun geht es an die Umsetzung der wissenschaftlichen Arbeit. Noch im August könnten dazu bei zwei Treffen die ersten Schritte eingeleitet werden: Zum einen kommen Vertreter der Hamburger Umweltbehörde und Buxtehuder Wasserwirtschaftsexperten zusammen, zum anderen wollen die Landräte der Landkreise Harburg und Stade darüber sprechen, wie sich die KLEE-Ergebnisse umsetzen lassen.
Die Verbände begründen ihre Forderung mit den zersplitterten Zuständigkeiten für den Flusslauf in Niedersachsen. „Wir fordern eine einheitliche Verbandsstruktur. Sichergestellt werden muss die Schaffung eines technischen und finanziellen Planungsträgers für die Este, eine Verantwortlichkeit für alle Betriebs- und Unterhaltungsaufgaben sowie für alle hoheitlichen Kontrollmaßnahmen für die relevanten Hochwasserschutzbauten. Und es muss eine klare Verantwortlichkeit bei Entscheidungen im Hochwasser- und Katastrophenfall geben“, sagt Gudrun Schittek.
Dass der Buxtehuder Ansatz, einseitig sogenannte „Mini-Deiche“ zu bauen, nur schwer durchzusetzen ist, zeigt das derzeit laufende Planfeststellungsverfahren zu dem Projekt. Mehr als 500 Einwendungen erreichten das NLWKN, darunter auch eine Einwendung der Stadt Hamburg.