Heimfeld. Behörden sträuben sich gegen Verkehrsberuhigung in Heimfeld. Streit um die Verlässlichkeit erhobener Messwerte entbrennt.

Seit Langem bemühen sich engagierte Bürger, unterstützt von der Bezirksversammlung, um eine Verkehrsberuhigung der vielbefahrenen Hauptstraßen im Stadtteil Heimfeld. Besonders im Fokus steht dabei die Heimfelder Straße. Jetzt kommt scheinbar Bewegung in den Dauerstreit mit den involvierten Behörden. Allerdings ganz anders, als gedacht.

Wie kürzlich bekannt wurde, soll ab Oktober eine halbe Million Euro in den Umbau der Straße investiert werden. Allerdings nicht, wie von vielen erhofft, um etwa mittels Schwellen und Pollern Tempo 30 auf der des nachts auch gern als Rennstrecke missbrauchten Straße durchzusetzen. Sondern um die Bushaltestellen an der S-Bahn Heimfeld umzugestalten.

172 neue Fahrradstellplätze und zwei Schließfachanlagen sollen entstehen

Das Projekt diene der „Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs“ und der „Umsetzung des Bike+Ride-Entwicklungskonzepts“, wie es in einer amtlichen Mitteilung der Wirtschaftsbehörde heißt. Im Zuge des Haltestellenumbaus sollen nämlich auch 172 neue Fahrradstellplätze und zwei Schließfachanlagen mit je sieben Boxen entstehen.

Die Frage ist allerdings, ob so viele Stellplätze tatsächlich gebraucht werden. Denn entschieden ist jetzt auch, dass nach dem bereits zurückgebauten Radweg an der Nordseite der Heimfelder Straße nun auch der südliche Radweg zwischen Eißendorfer Pferdeweg und dem Alten Postweg verschwinden wird.

„Das zwingt alle Radler ab zehn Jahren künftig stadtaus-, wie stadteinwärts auf die schmale und stark befahrene Fahrbahn. Ob das dem erklärten Ziel der Stadt zuträglich ist, den Radverkehrsanteil auf 25 Prozent zu erhöhen, ist doch sehr fraglich“, sagt Anwohner Dr. Marcus Pietsch, der schon geraume Zeit für Tempo 30 auf der Heimfelder Straße kämpft.

Diesem Ansinnen hatte Hamburgs Innensenator Andy Grote bereits im Mai eine klare Absage erteilt. Dann müsste ja zur „Erhöhung des Sicherheitsempfindens der Radfahrer“ überall Tempo 30 angeordnet werden, wo es keine Radverkehrsanlagen wie Radwege oder Radstreifen gebe, argumentierte er unter anderem.

Deutlich überhöhte Abgas- und Lärm-Emissionen

Dabei sprächen aus Sicht der Initiative Verkehrssicherheit Heimfeld auch das erhebliche Verkehrsaufkommen sowie deutlich überhöhte Abgas- und Lärm-Emissionen für den Zwang zu verkehrsberuhigenden Maßnahmen. Allerdings tobt in dieser Hinsicht seit Monaten ein erbitterter Streit darum, wie valide die vorliegenden Messwerte denn nun wirklich sind.

Laut einem Gutachten für die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) hinsichtlich der Stickstoffdioxidbelastung am Alten Postweg aus dem Jahr 2010 war den Gutachtern ein Verkehrsaufkommen von 12.690 Fahrzeugen pro Tag gemeldet worden. Die Wirtschaftsbehörde beruft sich derweil auf eine Tageszählung für die Heimfelder Straße vom August 2013, die lediglich 5660 Fahrzeuge mit einem Schwerlastanteil von 8,4 Prozent ergeben habe.

Wie können 7000 Fahrzeuge einfach so verschwinden?

„Da der Alte Postweg nahtlos in die Heimfelder Straße übergeht, stellt sich doch die Frage, wie 7000 Fahrzeuge so einfach verschwinden können“, sagt Pietsch. Und bezweifelt mit Hinweis auf die täglich mehr als 450 Busse, vorwiegend der Linie 142, auch den ausgewiesenen Schwerlastanteil. Der müsse mindestens zehn Prozent betragen, da andere Lkw noch nicht mal eingerechnet seien.

Einen noch deutlich höheren Schwerlastanteil ergab derweil eine Messung der Wirtschaftsbehörde im November des Vorjahres. Bei 5400 gezählten Fahrzeugen habe der Schwerlastanteil sogar bei rund 24 Prozent gelegen. Etwa ein Drittel aller Fahrzeuge überschritt die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, gemessen wurden Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 102 Kilometer pro Stunde.

Einige Wochen später war die Messung durch die Innen- und Wirtschaftsbehörde annulliert worden. Die Begründung: Das Messgerät sei defekt gewesen. Denn solch hohe Werte weise keine andere Straße in ganz Hamburg auf, nicht einmal im Hafengebiet. Kassiert worden waren im Übrigen auch Messungen kurz zuvor am Milchgrund und am Eißendorfer Pferdeweg.

Inzwischen hat sogar das Hamburger Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die vorliegenden Zahlen zum Verkehrsaufkommen in Heimfeld offenbar nicht belastbar seien. Nun soll es im September eine neue behördliche Messung geben.