Kirchdorf. A26-Ost soll 32 Meter tief unter dem Katenweg in Kirchdorf verlaufen. Anlieger glauben, dass dafür bis zu 20 Häuser weichen müssen.

Die Hafenautobahn A26-Ost existiert bisher nur auf Festplatten und auf Papier. Bei Anwohnern im Wilhelmsburger Ortsteil Kirchdorf, der am stärksten betroffen wäre, sorgen die Vorbereitungen für das Straßenbauvorhaben aber bereits jetzt zunehmend für Unruhe.

Autobahngegner haben am Wochenende in Kirchdorf neue Details an die Öffentlichkeit gebracht, die eine größere Betroffenheit von Anwohnern bedeuten würden als bisher angenommen. Demnach plant die Projektmanagementgesellschaft DEGES eine Anschlussstelle an der Otto-Brenner-Straße. Mindestens 50 Anwohner in den Straßen Altendeichweg und Alter Deich bekämen für sie bisher unerwartet eine Autobahnanschlussstelle vor die Häuser gesetzt.

Die neue Planung zur Otto-Brenner-Straße ist bisher nicht offiziell bestätigt. Nach Angaben des gewöhnlich gut informierten Vereins Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg hätten die DEGES einzelnen Anwohnern gegenüber die Pläne offenbart. Einer von ihnen habe die technische Zeichnung fotografiert, sagt Dirk Holm von Zukunft Elbinsel. Eine Visualisierung machten der Verein und die Initiative Engagierte Wilhelmsburger am Wochenende bei einer sogenannten „5 vor 12“-Protestaktion in der Siedlung Katenweg öffentlich.

Nirgendwo wären Menschen vordem Bau der A26-Ost, früher Hafenquerspange genannt, stärker beeinträchtigt als am Katenweg. Die Autobahngegner haben bewusst zu ihrer Kundgebung die Stelle gewählt, an der die 32 Meter breite Autobahn als Tunnel die Siedlung zerschneiden würde. Vorgesehen ist, den Tunnel nicht unterirdisch von einem gewaltigen Bohrer, sondern in einer offenen Baugrube zu erreichten. Voraussichtlich in 32 Meter Tiefe würde er verlaufen. Zum Vergleich: Der Alte Elbtunnel befindet sich in 24 Meter Tiefe.

Karsten Winkelmann (l.) und Jörg Hernandez stehen vor ihrem Swimmingpool, der für die Dauer der Bauzeit von drei Jahren verschwinden müsste
Karsten Winkelmann (l.) und Jörg Hernandez stehen vor ihrem Swimmingpool, der für die Dauer der Bauzeit von drei Jahren verschwinden müsste © Thomas Sulzyc | Thomas Sulzyc

Bisher haben Mitarbeiter der DEGES in Gesprächen einzelne betroffene Anwohner darauf vorbereitet, dass währen der Bauzeit von etwa drei Jahren Nebengebäude wie Schuppen oder Carports verschwinden müssten. Der Verein Zukunft Elbinsel geht von mindestens sechs Häusern aus, die abgerissen würden. „Wir rechnen mit bis zu 20 Gebäuden, die verschwinden müssten“, sagt Dirk Holm bei der Kundgebung im Katenweg.

Wegen der Bodenbeschaffenheit im Süden der Elbinsel müsse „ordentlich“ Grundwasser abgepumpt werden. Das führe dazu, dass weitere Häuser, die eigentlich nicht abgerissen werden sollen, Schäden nehmen, argumentieren die Autobahngegner. Die Siedlung am Katenweg ist 1957 entstanden.

Die Menschen leben hier in Reihenhäusern, Doppelhäusern und solitär stehenden Eigenheimen. Die Gärten in der alten Siedlung sind größer als in heutigen Neubaugebieten. Die Anwohner wissen, dass sie trotz Entschädigung nichts Vergleichbares in Hamburg finden würden, sollten ihre Häuser weichen müssen.

Noch seien die Pläne aber nicht endgültig, räumt Dirk Holm ein. Er wirft der DEGES vor, sich äußerst sperrig zu zeigen, Informationen zu der Betroffenheit im Wilhelmsburger Süden öffentlich zu machen.

Karsten Winkelmann gehört zu den am stärksten betroffenen Anwohnern. Die Baugrube für den Autobahntunnel würde in 60 Zentimeter Anstand zu seinem Haus und seiner Terrasse entstehen. „Ich säße in den drei Jahren Bauzeit auf meiner Terrasse vor einer zweieinhalb Meter hohen Lärmschutz-wand“, sagt er. Auf seinen Swimmingpool müsste der Anwohner für die Dauer der Bauarbeiten verzichten. Der läge in der Baugrube.

Karsten Winkelmann hat vor fünf Jahren das Haus am Katenweg bezogen. Damals hießt die A26-Ost noch Hafenquerspange und galt als Straßenbauphantom, das wohl nie Realität werden würde. Die Art und Weise, wie Anwohner informiert werden, stört ihn: „Die von der DEGES tauchen auf und sagen: So sieht das aus und so wird es gemacht.“

Michael Köster ist noch im Unklaren, wie sein Grundstück von dem Autobahnbau betroffen sein würde. Der 35-Jährige gehört zu den jüngsten Anwohnern am Katenweg. Er besucht mit Frau und Baby die Kundgebung. Besuch von den Autobahnplanern hatte er bisher noch nicht. Von Nachbarn weiß der Industrieelektroniker, dass auch sein Grundstück von den Bauarbeiten beeinträchtigt sein könnte – oder auch mehr. Sein Haus läge wohl in einem 150 Meter breiten Korridor, der für den Tunnelbau benötigt werde, hat Michael Köster gehört.

Andreas Dressel hält die Planung für richtig

Die geplante, knapp zehn Kilometer lange Trasse der A26-Ost verbindet die A7 mit der A1 und erstreckt sich von Moorburg über Bostelbek, Kirchdorf bis Kirchdorf-Süd. Das Planfeststellungsverfahren soll voraussichtlich im nächsten Jahr beginnen. Für den Bauabschnitt in Kirchdorf wird das Genehmigungsverfahren im Jahr 2019 erwartet.

Aus gesamtstädtischer Sicht hält der SPD-Fraktionsvorsitzende in der Hamburger Bürgerschaft, Andreas Dressel, die Planung für richtig. Das sagte er in der vergangenen Woche bei einem Besuch in Kirchdorf. Es müsse aber alles getan werden, um die Belastung für Anwohner so gering wie möglich zu halten.

Die Bürgerinitiativen halten es für falsch, über Zugeständnisse zu verhandeln. „Wir halten die Autobahn für überflüssig“, sagt Dirk Holm, „deshalb brauchen wir uns nicht über das Wie zu unterhalten.“