Harburg. Das Reinigungsgerät „Tornado“ ist in Harburg häufig im Einsatz – im Schnitt dreimal pro Woche. Chemie wird dabei nicht benutzt.

Davon, einmal an den Bedienhebeln eines „Tornado“ zu sitzen, träumen viele Jungs. Bezirksamtsleiter Thomas Völsch darf es direkt vor dem Rathaus. Allerdings hat der Tornado, den er bedienen darf, keine Flügel. Er sieht eher aus wie R2D2s großer Bruder aus Star Wars und muss auf einer Art Sackkarre bewegt werden. Dafür macht er aber ein sattes Düsengeräusch. Schmatzend saugt sich die Glocke des Geräts an die Oberfläche. Jetzt kann Thomas Völsch losschießen: Ein kleiner Druck auf den Abzug und tausende Granulatkörnchen prasseln auf den mit Sprühfarbe verunzierten Untergrund. Durch Fenster an der Glocke kann der Bezirksamtsleiter beobachten, wie die Bestrahlung die Farbe löst. Über die Glocke werden Farbsplitter und Strahlgranulat ins Gerät zurückgesaugt.

Es ist nur eine Spanplatte, an der Thomas Völsch das Gerät vorführt. In unmittelbarer Rathausnähe gibt es gerade keine Schmierereien zu beseitigen. Deshalb befindet sich das Vorführgraffito auf einer Spanplatte. „Wir wollten jetzt nicht extra das Säulenportal besprühen“, sagt Völsch. „Das ist ja verboten!“

Der „Tornado“ ist nicht neu: Das erste Mal führte Torsten Meinberg ihn als Bezirksamtsleiter vor. Das ist jetzt schon elf Jahre her. Seitdem wurden damit im Bezirk Harburg mehr als 1600 Wände, Stromkästen oder andere Flächen gereinigt. „Im Schnitt haben wir damit drei Einsätze in der Woche“, sagt Olav Vavros, Geschäftsführer des Beschäftigungsträgers „Jugend in Arbeit“. Die gemeinnützige GmbH koordiniert die Tornado-Einsätze des Bezirks und bezahlt auch den Mann, der sie durchführt. Das ist Ingo Danger. Er ist bei „Jugend in Arbeit“ für diese Tätigkeit fest angestellt. Die Graffiti-Entfernung ist keine Beschäftigungsmaßnahme sondern eine kommunale Aufgabe, jedenfalls immer dann, wenn öffentliche Wände betroffen sind.

Für einen Quadratmeter zu reinigende Fläche braucht Danger eine halbe Stunde, aber nur weil er viel mehr Übung hat, als der Bezirksamtsleiter und deshalb schneller und gründlicher arbeitet.

„Die meisten Graffiti, die ich entferne, sind reine Schmierereien“, sagt Danger. „Es sind so genannte Tags, mit denen sich Jugendliche verewigen wollen.“

Mit der Ewigkeit hat es sich allerdings was, wenn Ingo Danger und sein Tornado anrücken. Er hat für jeden Untergrund und jede Sprühlackart das richtige Granulat parat, von Nussschalenpeeling bis zu Quarzsand. Im Tornado werden Strahlgranulat und der Farbabrieb wieder von einander getrennt und das Granulat kann wiederverwendet werden, je nach Materialart bis zu 70-mal. Der Vorteil des Geräts gegenüber den meisten anderen Graffiti-Entfernungsmethoden: Hier wird keine Reinigungschemie eingesetzt.

Nur manchmal tut es Ingo Danger fast leid, ein Graffito entfernen zu müssen. „Auch, wenn die meisten Graffiti nur krakelige Schmierereinen sind, haben einige wenige schon fast etwas Künstlerisches“, sagt er. „Aber sie dürfen dort eben nicht sein, wo ich sie entferne. Und für die Kunstgraffiti gibt es ja sogar legale Flächen.“

Eine solche legale Fläche ist die so genannte „Wall of Fame“ in Bostelbek, eine Flutschutzmauer an der Hafenbahn. Sie wird von denen, die sich ernsthaft der Spraydosenkunst verschrieben haben, auch so gut angenommen, dass woanders in Harburg kaum noch Kunstgraffiti auftauchen, sondern hauptsächlich pubertäre Namenstags, die Olaf Danger gerne abstrahlt.

„Außerdem“, sagt Thomas Völsch, „können wir unschöne politische Symbole schnell entfernen.“

Mit dem Tornado werden hauptsächlich öffentliche Wände gereinigt. „Wir wollen und dürfen privaten Reinigungsunternehmen keine Konkurrenz machen“, sagt Völsch, „eine Ausnahme ist es allerdings, wenn private Flächen so verunstaltet sind, dass es den öffentlichen Raum beeinträchtigt.“

In solchen Fällen muss man nicht abwarten, bis das öffentliche Auge von alleine auf die Schmiererei aufmerksam wird. Harburgerinnen und Harburger oder Einrichtungen können Beschmierungen von Wänden und Flächen telefonisch direkt bei Jugend in Arbeit, Tel. 040/767 95 18 22 oder bei der Sicherheitskonferenz Harburg, Tel. 040/43 29 33 29 melden.

Die Sicherheitskonferenz war es auch, die seinerzeit die Anschaffung des „Tornado“ in die Wege geleitet hatte, da viele ältere Harburger sich in einer vernachlässigt wirkenden Umgebung fürchteten.. „Jugend in Arbeit“ betreut und betreibt das Gerät, aber es bleibt im Besitz des Bezirks. Das ist praktisch, denn so kann jeder Bezirksamtsleiter mal an den Schalthebeln eines Tornado spielen.