Harburg. Auf dem Wochenmarkt gibt es Früchte aus der Region, in einigen Harburger Supermärkten findet sich auch türkische Ware.
Kirschen haben Hochsaison – seit Wochen bieten üppige Marktstände die verlockenden Früchte an. In dieser Woche startet die Erzeugerorganisation Elbe-Obst, größter Vermarkter von Altländer Kirschen, die Belieferung des Einzelhandels. Ein Rundgang durch die Harburger City ergab: Nicht überall können die Kunden regional einkaufen.
Die Edeka-Filiale am Sand hat Altländer Kirschen direkt vor der Ladentür – auf den Marktständen am Sand. Aber auch Edeka verkauft Kirschen aus der Region, „schon seit mehreren Wochen“, versichert José Da Silva, der die Obst- und Gemüseabteilung leitet. „Wir beziehen die Kirschen, aber auch Beerenobst und während der Saison auch Spargel vom Spargelhof Werner in Deinste“, sagt Frank Ebrecht, Prokurist der Niemerszein KG, die in Hamburg acht Edeka-Filialen betreibt, darunter das Geschäft am Sand 31.
„Wir arbeiten mit dem Hof Werner schon mehrere Jahre zusammen und haben uns den Betrieb angesehen“, sagt Ebrecht. Niemerszein kaufe Obst und Gemüse fast ausschließlich vom Erzeuger. Nur ein kleiner Teil, darunter viele Bio-Produkte, werde von der Edeka-Zentrale bezogen.
Der Hof Werner liegt zwar nicht im Alten Land, aber auf der Geest südlich von Stade und ist damit ebenfalls ein regionaler Lieferant. Im Marktkauf am Seeveplatz liegen in großen grünen Kisten „echte“ Altländer Kirschen. Ausgezeichnet sind sie nur mit dem Herkunftsland Deutschland, doch auf Nachfrage versichert ein Verkäufer: „Altes Land“. Und auch beim Euro-Markt in der Bremer Straße, der vom Konzept her international aufgestellt ist, finden sich Altländer Kirschen.
Die Geschäfte treffen damit den Geschmack ihrer Kunden. Gut drei Viertel aller Deutschen legen Wert auf Lebensmittel aus ihrer Region, das zeigte der Ernährungsreport 2016, herausgegeben vom Bundesernährungsministerium. Bei den älteren Befragten lag der Anteil sogar bei 84 Prozent.
Beim Rewe-Markt im Phoenix-Center und auch in der neuen Aldi-Filiale in den Harburg Arcaden finden sich dennoch Kirschen aus der Türkei. „Wir versuchen, viel regional einzukaufen“, heißt es bei Aldi Nord. „Aber Kirschen aus dem Alten Land sind derzeit nicht ausreichend verfügbar.“
So sieht es auch Rewe-Sprecher Raimund Esser: „Das Angebot ist zu klein, so dass wir noch auf türkische Kirschen zurückgreifen. In einigen Tagen wird deutsche Ware kommen. Die könnte aber auch aus Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz stammen, denn dort werden rund 80 Prozent der deutschen Kirschen erzeugt.“ Die einzelnen Rewe-Märkte haben beim Einkauf eine gwisse Freiheit, so Esser – Christoph Gosewisch, Marktleiter bei Rewe im Phoenix-Center, sagt, dass er sich um Altländer Ware bemühe.
Die Lebensmittelabteilung von Karstadt Harburg hatte am Montag dagegen gar keine Kirschen im Angebot. Am Dienstag würden welche geliefert, hieß es, aber es sei noch nicht sicher, dass es Altländer Früchte sind.
Nach Schätzung der Altländer Vertriebsgesellschaft Elbe-Obst, die etwa zwei Drittel der Kirschernte an den Einzelhandel vermarktet, bleibt nur etwa ein Fünftel der hiesigen Kirschen in Norddeutschland. Es werde dorthin geliefert, wo der Bedarf am größten ist und nicht ausreichend Ware vor Ort produziert werden könne, heißt es. Deshalb reisen 40 Prozent der Ernte, die nicht direkt vom Erzeuger vermarktet wird, nach Westdeutschland. Ein weiteres Viertel geht nach Ost- oder Süddeutschland, rund 15 Prozent werden exportiert.
Umgekehrt wird die Importware derzeit allmählich vom hiesigen Markt verdrängt. „Elbe-Obst nutzt das Know-how im Bereich der Lagerungstechnik, um im späten Vermarktungsfenster stark zu sein“, erläutert Jens Anderson von Elbe-Obst. „Im früheren Zeitfenster der Kirschenwochen sind die südlicheren Anbaugebiete sehr stark am Markt, da die Vegetation im Süden immer etwas weiter ist als bei uns. Die Regalplätze sind dann schon belegt. Wir im Norden sind dann am Ende der Saison auch die letzten, die noch Kirschen anbieten können.“
Die Chancen stehen also gut, dass es sehr bald in der Harburger Innenstadt noch mehr regionale Kirschen zu kaufen gibt als am Montag.