Harburg. Firma Fehling sieht keine Chance im Binnenhafen. Inhaber Andreas Behn kritisiert Entwicklung des Quartiers.

„Wir hören nicht auf, wir fangen jetzt erst richtig an“, sagt Andreas Behn, „aber leider wird das nicht mehr hier sein.“ Behn gehört zum Binnenhafen-Inventar. Seit 1999 betreibt er die Kaffeerösterei Fehling am Lotsekai. Demnächst ziehen er und seine Lebensgefährtin Heike Hübner mit ihrem Ein-Paar-Betrieb weg. Am 30. August wird der Verkaufstresen auf den Umzugslaster geladen, als letzte Fuhre der Betriebsverlegung an die Ostsee. „Bis zum letzten Tag wird der Verkauf in Harburg geöffnet sein. Danach beliefern wir unsere Händler vom neuen Standort aus.“

Andreas Behn geht schweren Herzens. „Ich hatte mir bewusst den Binnenhafen als Standort für die Rösterei ausgesucht“, sagt er. „Das war ein spannendes Areal, in dem viel passierte.“ Jetzt gegen Ende der Umwälzungen im Binnenhafen hat Behn das Gefühl, an den Rand gedrängt zu werden. „Das Besondere des Harburger Binnenhafens geht verloren. Es geht nur noch darum, große Investoren möglichst viel Profit machen zu lassen.“

Die Glas-und-Stahltürme, die beginnen, die alten Speichergebäude in den Hintergrund zu drängen, hat er jeden Tag im Blick, sobald er aus dem Fenster über den Lotsekanal schaut. Jetzt greift die Entwicklung auch auf seinen Standort über. Behns Vermieter möchte in das Gebäude mit exklusiver Wasserlage Wohnungen setzen.

Er hat der Rösterei den langfristigen Mietvertrag zwar nicht gekündigt, aber die Konditionen so geändert, dass sie wirtschaftlich nicht mehr tragbar waren und Andreas Behn selbst nach Alternativen suchte.

1997 hatte der Kaufmann und Kaffee-Enthusiast die kleine aber feine Kaffeerösterei Christian Fehling in Hamm-Süd gekauft. Noch im selben Jahr zog er mit Kaffeesack und Packtisch und natürlich dem Röstofen-Oldtimer, Marke Gothot, Baujahr 1956, nach Harburg und röstete zunächst im Seehafen, bis er 1999 an den Lotsekai zog. Dass die Halle für seine kleine Rösterei etwas überdimensioniert war, störte ihn nicht.

Im Gegenteil: „Ich wollte die Kaffeerösterei ja zu einem erlebbaren Betrieb machen, also habe ich Tische und Stühle organisiert und hier Events veranstaltet“, sagt er. Das Konzept funktionierte, auch wenn ihn die Event-Organisation manchmal tagelang vom Röstofen fernhielt. Und so hätte es eigentlich weitergehen können, denn der Mietvertrag läuft noch fast 13 Jahre. Nun hat aber der Vermieter die Events untersagt.

„Ich habe angefangen nach anderen Standorten zu suchen“, sagt An­dreas Behn. „In Hamburg ist derzeit nichts zu bekommen, was gleichzeitig attraktiv und bezahlbar wäre. Da haben wir angefangen, in ganz Norddeutschland zu suchen.“ In Schönberg an der Ostsee fanden er und seine Freundin eine Halle, die sie kaufen konnten. Dorthin zieht die Rösterei im Laufe des Sommers. Viel Arbeit liegt vor Andreas Behn und Heike Hübner. „Da fahren wir jeden Tag an die Ostsee und haben nichts davon“, frotzelt Behn.

Als Andreas Behn 1999 an den Lotsekai zog, wurde er sofort Teil der Binnenhafenfamilie. „Gleich beim ersten Binnenhafenfest war ich quasi verhaftet und ab da mehrere Jahre für die Gastronomie beim Fest zuständig“, sagt er. Auch Jahre später, als der Binnenhafen seine Arme öffnete, um die Flüchtlinge willkommen zu heißen, war Andreas Behn ganz vorn mit dabei. Er gab Deutschkurse und stellte seine Halle für das Willkommensfest zur Verfügung.

„Da hat man noch mal den alten Binnenhafen-Spirit gemerkt“, sagt er. Dieses Binnenhafengefühl sieht er allerdings gefährdet. „Ich bin ja nicht der einzige, der geht“, sagt er. „Viele sind ja schon weg oder haben geschlossen: Kühler-Kneesch oder Nibbelpeter an der Schlossstraße sind da nur zwei Beispiele. Man findet in den neuen Gebäuden vielleicht neue Kioske, die aussehen, wie tausend andere Kioske – aber der Original-Binnenhafenkiosk kann nur noch als Kulturdenkmal erhalten werden. Und gerade diese Kleinbetriebe, diese Nischenwerker waren ja erlebbares Gewerbe; das hat den Binnenhafen ausgemacht.“

Behn sieht auch weitere typische Binnenhafenbetriebe in Gefahr. Noch sitzen einige kleine Firmen auf Grundstücken, nach denen sich Investoren bereits die Finger lecken. „Langfristig die gepachteten Flächen selbst zu erwerben ist für einen Mittelständler hier nicht mehr möglich.“ Doch auch die Aussicht auf das Verkehrschaos der nächsten zwei Jahre hat seine Entscheidung beeinflusst.

„Der Stau durch die Sperrung der Klappbrücke war nur ein Vorgeschmack auf das, was kommen wird, wenn die Hannoversche Straße zwei Jahre lang gesperrt ist. So kann man Firmen auch in den Ruin treiben“, sagt Behn.

Auf Fehling-Kaffee verzichten muss man in Harburg nicht: Bis Ende August geht der Verkauf in der Rösterei weiter, danach stehen die Händler zur Verfügung, die auch jetzt Fehling-Kaffee im Sortiment haben.