Klecken. Fund in der künftigen Kiesgrube der Firma Dörner stammt aus dem achten und neunten Jahrhundert.
Die Vorarbeiten für den Kiesabbau im Tötenser Sunder haben spannende archäologische Funde zu Tage gebracht. Die Otto Dörner Kies und Deponien GmbH und Co. KG macht bald eine neue 20 Hektar große Kiesgrube zwischen Eddelsen und Klecken auf, um an das alte Abbaugelände in Eddelsen anzuschließen. Bevor es dazu kommt, sind zunächst die Archäologen am Werk. Sie haben offenbar die Keimzelle von Klecken entdeckt.
Es ist üblich, dass Archäologen einen starken Eingriff in den Boden wie der des Kies- und Sandabbaus begleiten. Zumal ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Archäologischen Museums Hamburg Ende der 1980er-Jahre nördlich von Klecken auf dem Acker zahlreiche Funde aufgesammelt hatte und Spuren einer 1200 Jahre alten sächsischen Ansiedlung entdeckte.
Im Zuge des Genehmigungsverfahrens für den Bodenabbau hatte das Archäologische Museum in einer vorläufigen Untersuchung im Herbst 2014 dann festgestellt, dass im Untergrund Reste der Siedlung erhalten geblieben waren. Seit einigen Tagen sind nun Grabungsleiter Jan Bock und Franka Höppner von der archäologischen Grabungsfirma Arch-ON Bock und Höppner GbR aus Buchholz auf dem Gelände aktiv und haben allerhand frei gelegt.
Darunter zahlreiche Grubenhäuser. Das sind kleine Gebäude mit halb in den Erdboden versunkenem Raum. Die Grubenhäuser besitzen in einer Hausecke einen Ofen aus Feldsteinen und wurden vor allem als Arbeitsgebäude genutzt. In ihnen fanden die Archäologen auch Webgewichte als Zubehör eines aufrecht stehenden Webstuhls. Passenderweise heißt die Feldflur, auf der die alte Siedlung liegt, Weberkuhlen.
Insbesondere da die Experten so viele Grubenhäuser mit Webgewichten gefunden haben, gehen sie davon aus, dass es sich um die Keimzelle des heutigen Ortes Klecken handelt. „Wir führen die Ausgrabung an einer Stelle durch, die wir mit guten Gründen als den ursprünglichen Standort des Dorfes ansehen dürfen“, sagt Kreisarchäologe Jochen Brandt.
Dass die Ausgrabung gerade jetzt läuft, ist eine glückliche Fügung. Denn Klecken feiert im nächsten Jahr sein 1200-jähriges Bestehen. Urkundlich wurde Klecken zum ersten Mal Anfang des neuen Jahrhunderts nach Christus erwähnt.
Auch Grabungsleiter Jan Bock freut sich, dass er mit der Grabungsfirma genau an dem historisch überlieferten Ort tätig ist. „Das ist das Schöne an dem Projekt“, sagt er. „Archäologie und geschichtliche Überlieferung berühren sich hier.“ Zum Fundmaterial gehören auch Reste zahlreicher Tongefäße, zum Teil mit wellen- und zickzackförmigen Verzierungen. Die sind für das sächsische Gebiet allerdings untypisch. Bock vermutet, dass sie von zugezogenen slawischen Siedlern stammen.
Außergewöhnlich ist, dass sich die Siedlung über eine so große Fläche erstreckt. Sie ist etwa ein Hektar groß und reicht über die Bahnlinie Hamburg-Bremen hinweg. Auf solche Siedlungen aus dem achten und neunten Jahrhundert zu stoßen, wird immer seltener.
„Meistens bleiben die Siedlungen ihrem Standort treu und liegen unter den heutigen Ortschaften und Städten, können daher archäologisch nicht erfasst werden“, sagt Jan Bock. Doch Klecken hat sich um einige hundert Meter verlagert. Ein Glücksfall für die Archäologen.