Harburg . Seit zehn Jahren können Harburger Kinder in dem Projekt des ASB spielen und lernen, kochen und Hilfe finden.
25 Kinder und kaum Lärm – und das nicht etwa, weil irgendwo ein Fernseher liefe oder aber jemand die Kleinen besonders streng anguckt – beides funktioniert nämlich nur begrenzt. Die Kinder sind beschäftigt und ruhen in sich. Einige basteln, andere spielen, wieder andere sind noch mit Hausaufgaben beschäftigt. Alle diese Kinder würden normalerweise allein schon wegen ihrer Adresse als Problemkinder zählen. Das Phoenix-Viertel hat schließlich immer noch keinen guten Ruf. Aber an den Kindern im Löwenhaus merkt man das nicht.
Zehn Jahre gibt es die Einrichtung jetzt schon. Das wird am Sonnabend ganz groß gefeiert. Von 13 Uhr an sind auch großen Gäste im Löwenhaus, Kalischerstraße/Ecke Eddelbüttelstraße, willkommen und können sich ansehen, was hier so alles gemacht wird.
Das ist nämlich gar nicht so wenig. Dabei lässt sich das Konzept des Löwenhauses einfach auf einen Punkt bringen: Kindern zwischen sechs und vierzehn Jahren das zu geben, was sie zu Hause – aus welchem Grund auch immer – nicht bekommen: einen strukturierten Nachmittag, ein offenes Ohr, etwas Gesundes zu essen und Hilfe bei den Hausaufgaben. Dinge, die für andere Kinder selbstverständlich sind.
Auf die Idee, das Haus ins Leben zu rufen, kamen seinerzeit Rainer Micha und Hermann Krüger. Micha, Mitarbeiter des Arbeitersamariterbundes (ASB) und Krüger, damals Leiter der Realschule Bunatwiete, fiel beim Kaffeetrinken in den Harburg-Arcaden auf, wieviel Kinder sich dort herumtrieben, die offenbar nichts Besseres mit sich anzufangen wussten. Der Sozialarbeiter und der Pädagoge sahen Handlungsbedarf.
Seine Anfänge nahm das Löwenhaus in der Geschäftsstelle des Arbeitersamariterbundes am Schlossmühlendamm. Die berühmten Bronzelöwen an der Eingangstreppe des Gebäudes waren die Namensgeber. Allerdings gab es schon bald Ärger: Der Ballettschule im selben Haus gefielen die neuen Nachbarn nicht. Zum juristischen Stein des Anstoßes nahm die Ballett-Akademie den Essensgeruch der durch die Zubereitung des Mittagstischs entstand. Der Sozialeinrichtung wurde gerichtlich das Kochen verboten.
Damit war das Löwenhaus auf einmal in den Schlagzeilen. Viele Harburger solidarisierten sich mit der Einrichtung. Die Gastronomen der Harburger Altstadt übernahmen jetzt das Kochen und brachten den Kindern das Essen als Spende vorbei. „Da hatten wir eine Zeit lang echten Luxus auf den Tellern“, erinnert sich Hermann Krüger.
Trotzdem war das kein Zustand, der lange hätte anhalten können. Das Löwenhaus zog um, ins Phoenix-Viertel – auch um näher an der Zielgruppe zu sein.
Gekocht wird jetzt wieder selbst. Die Kinder helfen dabei mit. „Es ist uns auch wichtig, Wissen über Lebensmittel und ihre Zubereitung zu vermitteln“, sagt Löwenhaus-Leiter Christopher Kaack. „Deshalb kochen wir auch nur mit frischen Zutaten und verwenden allerhöchstens mal gekörnte Gemüsebrühe.“
Kompetenzen stärken ist ein Teil der Löwenhausarbeit, der sich in allen Aktivitäten wiederfindet. So gibt es zum Beispiel kein Löwenhaus-Kind das länger als ein Jahr hier ist, und nicht schwimmen könnte: Einmal im Jahr ist ein Schwimmkurs Teil des Ferienprogramms. Das vermittelt auch Erfolgserlebnisse: „Kein Kind beendet den Kurs ohne Bronzeabzeichen“, sagt Kaack. „Einmal hatten wir sogar einen Teilnehmer, der mit Seepferdchen einstieg und den Kurs mit dem Goldabzeichen beendete.“
Der Betrieb des Hauses kostet jährlich 180.000 Euro. Ein Drittel trägt der ASB
Alle Kinder im Löwenhaus haben direkten Migrationshintergrund oder ihre Eltern sind eingewandert. Das ist einfach so. Es ist keine Bedingung, um hierher kommen zu dürfen. „Und wir haben ganz viele verschiedene Migrationshintergründe, Kulturen und Religionen“, sagt Kaack. „Aber es gibt hier keine Spannungen untereinander deswegen. Gegenseitiger Respekt gehört zu den Hausregeln und die Hausregeln müssen eingehalten werden.“
Christopher Kaacks Team besteht aus elf Leuten. Dazu zählen auch schon die Honorarkräfte. So kommt zum Beispiel einmal pro Woche eine Ökotrophologin zum gemeinsamen Kochen dazu. Der Betrieb des Hauses kostet jährlich 180.000 Euro. Nur ein Drittel davon kann der ASB tragen. Der Rest muss an Spenden hereinkommen. Das ist in den vergangenen Jahren auch immer gelungen. „Man muss aber doch etwas mehr tun, als früher“, sagt Hermann Krüger. „Zum einen gehen viele Spenden derzeit in die Flüchtlingsarbeit, wo sie ja auch gebraucht werden, zum anderen haben die Stiftungen wegen der dauerhaft niedrigen Zinsen weniger Geld flüssig. Trotzdem haben wir treue Unterstützer.“
Viele spenden gerne für konkrete Projekte, so wie der Eisenbahnbauverein, der unter anderem die Schwimmkurse bezahlt. „Und wenn mal wenig Geld reinkommt, passen wir das Programm an“, sagt Kaack. „Ein Törn mit der HADAG-Fähre nach Finkenwerder ist auch ein Ferien-Tagesausflug. Wichtig ist es, dass die Kinder ihren Horizont erweitern.“
Nach zehn Jahren Löwenhaus finden jetzt die ersten „Ehemaligen“ ihren Weg zurück hierher und wollen als Ehrenamtliche die Einrichtung unterstützen. Das Löwenhaus ist nämlich wie eine Familie: Mittagessen, Hausaufgaben, entspannen und spielen. Die Besucher ruhen in sich. 25 Kinder – und kaum Lärm.
Löwenhaus Spendenkonto: ASB- Ortsverband Harburg, Hamburger Sparkasse (Haspa), Konto: 1276122577, BLZ: 200 505 50, IBAN: DE78200505501276122577 BIC: HASPDEHHXXX, Verwendungszweck: Löwenhaus/LöwenARThaus