Harburg. Harburger Beirat empört über Neuregelung bei der täglichen Wassergymnastik: Bedürfnisse Älterer werden ignoriert.
Die Zeiten der ruhigen Gewässer sind passé, die Wellen schlagen hoch: Nahezu zwei Jahrzehnte lang trafen sich regelmäßig morgens um 10 Uhr an den Wochentagen bis zu 50 Senioren im Freizeitbad MidSommerland am Außenmühlenteich zur gemeinsamen Wassergymnastik: sportlicher Spaß für eine Dreiviertelstunde bei Musik mit Anleitung.
Alles was sie dafür brauchten, waren Badesachen und ein Eintrittsticket. Doch seit April ist nichts mehr wie es war. Bäderland, Betreiber von insgesamt 29 Bädern in ganz Hamburg, hat das Kursangebot umstrukturiert und in diesem Zusammenhang auch die morgendliche Wassergymnastik für Senioren gestutzt – auf 20 Minuten, ohne Musik!
Ein Unding sei das, findet Günter Lange, Mitglied des Seniorenbeirates des Bezirks Harburg. Und andere sehen es offenbar genauso. Jedenfalls sei die Zahl der Teilnehmer an der morgendlichen Wassergymnastik drastisch eingebrochen, hat Lange beobachtet. Auf sein Drängen hin, hat sich der Seniorenbeirat des Bezirks Harburg mit der Problematik beschäftigt, der wiederum jetzt den Landesbeirat eingeschaltet hat: „Wir möchten alle sieben Bezirks-Seniorenbeiräte ins Boot holen.“
Weshalb der ganze Aufstand? „Das bisherige Angebot war ideal für uns Ältere“, sagt Lange. Die Alternative, nämlich die von Bäderland nun angebotenen, sozusagen professionellen Aqua-Kurse in Anspruch zu nehmen, sei für Senioren wenig attraktiv. „Die sind später am Tag und dauern zwei Stunden“, sagt Lange – wenig seniorengerecht. Außerdem sei die Teilnahme (ab 8,50 Euro) verpflichtend. Wer nicht kommt, müsse das Geld in den Wind schreiben.
Michael Dietel, Bäderland-Pressesprecher, kann den Aufstand der Senioren nicht wirklich nachvollziehen. Es stimme zwar, dass die Senioren-Wassergymnastik in der ursprünglichen Variante „seit einer gefühlten Ewigkeit“ angeboten worden sei. Aber doch eher laienhaft, quasi nebenbei und nicht als reguläres Kursangebot: „Eher wie ein Gruß aus der Küche“, sagt Dietel.
Und er ergänzt: „Die Teilnehmer haben sich angeleitet und mit einer Poolnudel gezielter im Wasser bewegt, das war’s.“ Über die Jahre hinweg habe sich das Ganze dann irgendwie verselbstständigt, sei immer größer und größer und schleichend auch zeitlich ausgedehnt worden. Deshalb sei es längst überfällig gewesen, das Angebot auf professionelle Basis zu stellen und stattdessen reguläre Aquafit-Kurse anzubieten.
Die Kritik, dass die einmal gezahlte Teilnehmergebühr nicht erstattet wird, wenn jemand mal nicht kommen kann, lässt Bäderland nicht gelten: Wer einen Termin nicht wahrnehmen kann, bekommt als Gegenleistung von Bäderland einen freien Badeintritt.
Die Bäderland-Geschäftsführung rechtfertigt die Umstellung des Kursangebotes. Sie sei vor allem aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll und notwendig: „Mit Blick auf den nicht geringen Zuschuss aus Steuermitteln spielen Kostendeckung und wirtschaftliche Effizienz neben dem Faktor Gästezufriedenheit in unseren Geschäftsentscheidungen eine nicht zu unterschätzende Rolle, damit das umfangreiche Bäderangebot noch lange in der bekannten Qualität und Vielfalt aufrecht erhalten werden kann“, schreibt sie in einem Brief an eine Seniorengruppe aus Bramfeld, die aus Protest gegen die Umstellung sogar schon Unterschriften gesammelt hat.
Die Senioren in Harburg hoffen jedenfalls, dass das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen ist. Günter Lange will sich, wenn’s sein muss, an Politik und Verwaltung wenden. Und an die Krankenkassen: „Es muss ja doch auch in deren Interesse sein, wenn sich ältere Menschen der Generation 60+ aus eigenem Antrieb um persönliche Fitness bemühen.“
Ein zweistündiger Aquakurs am späten Nachmittags sei jedoch alles andere als seniorengerecht. „Der Harburger Seniorenbeirat hat deshalb beschlossen, sich dafür einzusetzen, dass die neuen Regelungen wieder zurückgenommen werden sollen“, sagt Lange.
Sein Ziel bleibt: 45 Minuten Wassergymnastik, und das Ganze mit Musik: „Die kostet Bäderland doch nicht mal was“, sagt Günter Lange. Ist aber wohl von großem Wert. Bekanntlich macht mit Musik ja alles mehr Spaß – auch gezielte Bewegung im Wasser, angeleitet und mit einer Poolnudel.