Buchholz. Kultusministerium verbietet Kooperation mit Schulenper Runderlass – Harte Kritik vom TSV Buchholz 08: „Den Jugendlichen wird eine Chance genommen“.

Ein Freiwilliges Soziales Jahr ist für viele Schulabgänger eine Option, um sich eine Auszeit von der Schule zu nehmen, sich persönlich weiterzuentwickeln und dabei gleichzeitig etwas Gutes zu tun. Im Idealfall sogar etwas, das für die spätere Berufswahl entscheidend ist. Auch bei mehreren Sportvereinen im Landkreis Harburg kann man ein Freiwilliges Soziales Jahr leisten.

Doch das könnte in Zukunft schwieriger werden: Wie der Vorsitzende des TSV Buchholz 08, Lothar Hillmann, erklärt, werden die Freiwilligen von den Vereinen auch in Schulen entsendet. „Das machen wir, weil der Freiwilligendienst eine 39-Stunden-Woche vorsieht, die aus organisatorischen Gründen nicht ausschließlich im Verein geleistet werden kann.

Zum Beispiel, weil es am Vormittag wenig oder gar keinen Sportbetrieb gibt“, erklärt er. Nun schreckt ein Runderlass des Kultusministeriums die Vereine auf: Bereits im Dezember hatte das Ministerium beschlossen, solche Kooperationen nicht mehr zuzulassen. Die Schulen wurden erst Ende März vom Ministerium darüber informiert, die Vereine gar nicht.

Grund ist offenbar, dass das Ministerium fürchtet, die Freiwilligen könnten reguläre Arbeitsplätze in den Schulen ersetzen, denn in dem Runderlass heißt es: „Bitte beachten Sie, dass zukünftig von der Schule rechtzeitig vor der Beantragung der Zuweisung einer oder eines Freiwilligen beim Träger eine Einsatzbeschreibung zu erstellen ist, die von der Niedersächsischen Landesschulbehörde vorab zu genehmigen ist, die Tätigkeit der Freiwilligen ausschließlich Landesaufgaben beinhalten darf und arbeitsmarktneutral sein muss und der Einsatz einer oder eines Freiwilligen nur an einer Einsatzstelle erfolgen darf (…)“.

Lothar Hillmann ist über die Entwicklung sehr verärgert: „Für das kommende Schuljahr gibt es zwei Interessentinnen, aber unter diesen Umständen wird der Verein wohl nur eine davon als Freiwillige aufnehmen können.“ Denn Verein und Schule teilen sich auch die Kosten von rund 5000 Euro pro FSJ-ler, wenn dieser in die Schule entsendet wird. Und zwar ohne, dass öffentliches Geld dafür aufgewendet wird. „An der Wiesenschule teilen sich die Buchholzer St.-Paulus-Stiftung und der Lions-Club Hamburg-Rosengarten die Kosten, an der Grundschule Sprötze, die in diesem Jahr erstmals dabei wäre, würde es die Hoth-Stiftung übernehmen“, erklärt Hillmann.

Dass die FSJ-ler eine Konkurrenz zu ausgebildeten Lehrern sein sollen, mag Hillmann nicht glauben. „Das ist Unsinn, es gibt zu wenig Lehrernachwuchs“, meint er. „Wir nehmen aber so den jungen Leuten die Chance, in die Welt des Sports und der Schule einzutauchen. Ein FSJ-ler hat sich nach seinem freiwilligen Jahr bei uns sogar für den Lehrerberuf entschieden“, so der 08-Vorsitzende. Die FSJ-ler würden vom Verein auch die Möglichkeit bekommen, einen Erste-Hilfe-Kursus und einen Trainerschein zu machen.

Almut Eutin, die Vorsitzende des Kreissportbundes Harburg-Land, sieht es ähnlich. „Man nimmt den Jugendlichen die Chance, sich auszuprobieren“, sagt sie. Bei einer Regionalsitzung der Kreisverbände im früheren Regierungsbezirk Lüneburg sei am Montag darüber beraten worden. Der Landessportbund wollte am Mittwoch beim Ministerium vorsprechen, das Ergebnis steht noch aus. Am Sonnabend trifft sich die Ständige Konferenz der Sportverbände in Hannover.

Hillmann hat sich indessen an den CDU-Landtagsabgeordneten Heiner Schönecke gewandt, zumal in ganz Niedersachsen 300 FSJ-Stellen in Gefahr sind. Das Kooperationsmodell zwischen Vereinen und Schulen hatte der ASC Göttingen entwickelt. „Die bisherige Regelung hat sich bewährt und war gewinnbringend für alle Beteiligten: Die Jugendlichen konnten erproben, ob sie für den Beruf des Lehrers geeignet sind, die Sportvereine konnten für ihre Angebote werben, und auch für die Schüler war der Unterricht mit jungen Erwachsenen eine Bereicherung“, so Ole Fröhlich vom ASC.

„Wir glauben nicht, dass FSJ-ler die Einstellung von neuem Personal verhindern. Wenn die Konsequenz der Neuregelung ist, dass 500 neue Stellen geschaffen werden, würde mich das eventuell überzeugen. Das sehe ich aber nicht“, sagte Fröhlich der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Katrin Bornschein, Leiterin der Buchholzer Waldschule, findet die Entwicklung „sehr schade. Die FSJ-ler unterstützen uns sehr im Schulalltag, sei es in den Pausen, im Sportunterricht oder bei Zusatzangeboten. Wir haben die Zusammenarbeit mit Buchholz 08 immer als sehr fruchtbar angesehen.“ Zusatzangebote wie Ausdauersport müssten ohne die FSJ-ler wohl gestrichen werden.

Unterricht würde aber nicht ausfallen. Noch ein Aspekt sieht die Schulleiterin als sehr wichtig an, da die Grundschulen vor allem Lehrerinnen beschäftigen: „Es tut den Kindern auch gut, wenn mal ein Mann vorne steht.“ Die Schulleiterin hofft nun, dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen ist.