Feuerwehr testet im Phoenix-Viertel das Durchkommen mit den großen Löschfahrzeugen. 46 Strafzettel werden an einem Abend verteilt.
Es ist schon dunkel, trotzdem ist das rote Feuerwehrauto vor dem Polizeikommissariat 46 in Harburg nicht zu übersehen. Das 14 Tonnen schwere Fahrzeug ist bei Bränden immer im Einsatz, an diesem Abend gibt es aber kein Feuer zu löschen. Stattdessen geht es in Begleitung von fünf Polizeibeamten durch die engen Straßen des Phoenix-Viertels. Das Kino ist hier, einige Restaurants und viele „Spielstraßen“. Jeder der Harburg kennt weiß, die Parkplatzsuche ist für Autofahrer meistens eine Herausforderung.
Mit der Aktion „Freie Fahrt für die Feuerwehr“ wollen die Mitglieder der „Dienstgruppe Operative Aufgaben“, kurz DGOA, der Polizei Harburg den Anwohnern an diesem Abend vor Augen führen, dass zugeparkte Straßen zu einem hohen Sicherheitsrisiko werden können.
Obwohl die Flächen, auf denen nicht geparkt werden darf, genau ausgewiesen sind, gibt es häufig Falschparker. Bei Einsätzen kann die Feuerwehr so oftmals nicht auf direktem Weg zum Ort des Geschehens gelangen oder es müssen erst Autos per Körperkraft aus dem Weg geschoben werden. Das kann böse Konsequenzen haben.
„Es geht manchmal nur um Zentimeter“ erklärt Dettlev Neumann, der an diesem Abend das Einsatzfahrzeug durch die kleinen Straßen lenkt. Sein Kollege, Holger Feddersen, ist seit 36 Jahren für die Feuerwehr im Einsatz. „Wir wissen nie so genau was am Unfallort auf uns wartet. Gemeldet bekommen wir dass es Feuer gibt, mehr nicht. Da weiß man nie wie viel Zeit noch bleibt.“ Und genau darum geht es. Minuten, die gebraucht werden um einen Umweg zu fahren oder Platz zum Durchkommen zu schaffen, können über Menschenleben entscheiden.
Kurz nach dem Start wird es an diesem Abend in der Lassallestraße zum ersten Mal eng. Die Autos parken an beiden Seiten, viele sind sehr breit und ragen weit in die Straße hinein. „Man kann die Anwohner ja verstehen, sie stellen sich hin wo es nur geht“, sagt Feddersen, während die ersten Strafzettel von der Polizei verteilt werden. Beim Abbiegen auf die Reinholdstraße ist hohe Konzentration gefragt, Mit 10,20 Meter Länge und 2,50 Meter Breite ist der Wendekreis des Einsatzfahrzeugs beachtlich.
Obwohl die Autos an der Kreuzung nicht falsch parken braucht es zwei Anläufe, um die Ecke zu kommen. „Das Viertel wurde für die Arbeiter der Phoenix-Werke angelegt, an die vielen Autos auf den Straßen hat man damals nicht gedacht“ erläutert Wolfgang Brünig, Dienstgruppenleiter der DGOA. Eine große Hilfe beim rangieren auf engstem Raum sind technische Hilfsmittel wie die eingebaute Kamera am hinteren Teil des Fahrzeugs, Abstandhalter und Beleuchtung für den Rückwärtsgang.
Als nächstes geht es zur Maretstraße, zur Eddelbüttelstraße und zum Beckerberg. Hier kamen im Herbst vergangenen Jahres zwei Menschen durch einen Heizungsbrand ums Leben. Die Feuerwehr hatte damals erhebliche Schwierigkeiten den Einsatzort zu erreichen, ein Grund dafür waren widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge.
Stecken bleibt das Feuerwehrauto an diesem Abend aber nirgends. Zum einen liegt das sicher an dem erfahrenen Fahrer Neumann, der seit 27 Jahren im Dienst der Feuerwehr steht. Zum anderen sicherlich auch an der Atmosphäre, die, wie er selbst erklärt, „sehr entspannt“ ist. „Momentan haben wir ja keinen Druck, aber wenn es um Menschenleben geht ist das etwas ganz anderes“.
Nach einer Stunde ist die Aktion abgeschlossen. 46 Tickets hat die Polizei in dieser Zeit verteilt. Die Strafen zwischen 15 und 30 Euro sind aber noch günstig im Vergleich zu den 258 Euro plus Verwarngeld, die Autobesitzer für ein vollständiges Abschleppen bezahlen müssen. „Wir sind selber ein wenig überrascht. Wir haben mit einem oder zwei Abschleppvorgängen gerechnet“, sagt Polizeikommissar Blietschau.
Das Thema ist aber damit noch lange nicht abgeschlossen. „Lageabhängig werden neue Überprüfungen durchgeführt werden“, so Dienstgruppenleiter Brüning. Neben dem Phoenix-Viertel sind auch die Bereiche um die Marienstraße und die Zimmermannstraße oft nur schwer zu passieren. „Wir wollen niemanden unnötig Abschleppen oder ihn verärgern“, macht Brünig klar. Aber dem Problem müsse Aufmerksamkeit zuteil werden.