Alte Autos liegen im Trend. Beim großen Treffen in Dibbersen wurden rund 400 Fahrzeuge präsentiert. 2000 Besucher kamen und staunten.
Das traditionelle Oldtimertreffen in Dibbersen wird mehr und mehr zu einer Veranstaltung der Superlative. Denn Oldtimer liegen derzeit voll im Trend: Rekordverdächtige 400 historische Fahrzeuge fuhren am Sonntag zum „14. Oldtimertreffen“ auf den Hof des Landhotels Frommann an der Harburger Straße und standen dicht an dicht aufgereiht auch auf umliegenden Straßen und Plätzen. Rund 2000 Besucher, neben eingefleischten Auto-Freaks viele Familien mit kleinen Kindern, bestaunten bei heiterem Frühlingswetter die herausgeputzten automobilen Schätze.
Dabei stößt das beliebte Treffen zusehends an seine Kapazitätsgrenze: An der Oldtimer-Rallye, die die Teilnehmer am Sonnabend über einen 220 Kilometer langen Rundkurs bis nach Bremen zum Schuppen 1 in den Hafen führte, nahmen diesmal 60 Teams teil – so viele wie nie zuvor. Hinzu kommen zehn Traktoren, die auf die Kurzstrecke zum Tister Bauernmoor gingen.
„Insgesamt wollten diesmal 100 Teams mitfahren“, verrät der Veranstalter Heiner Frommann, der sich über den hohen Zuspruch freut. Andererseits musste er nun zum ersten Mal mehreren Teams die Teilnahme an der beliebten Ausfahrt verwehren. „Schweren Herzens“, sagt Frommann. „Aber sonst hätten wir die Tour logistisch nicht durchführen können.“
Woran liegt es, dass die Oldtimer-Szene derzeit einen Boom erlebt? Darüber unterhalten sich Mitglieder der „Scruderia Hamburg“, die mit ihren kleinen Fiat X1/9-Zweisitzern am Sonntag nach Dibbersen gekommen sind. „Die Leute haben mehr Geld. Dafür gibt es keine Zinsen. Alte Autos behalten ihren Wert, sie erzielen zum Teil sogar extreme Wertsteigerzungen“, zeigt sich Michael Vaillant, der Gründer der „Scruderia“, überzeugt. Er beobachtet die Oldtimerszene seit den späten 80er-Jahren. „Viele kaufen sich heute einen alten Porsche oder einen alten Mercedes als Wertanlage“, sagt Vaillant. „Damit haben sie eine Wertanlage, mit der man auch noch Spaß haben kann.“
Für die Fiat-Freunde mit ihren kleinen X1/9 Mittelmotorwagen steht dagegen eindeutig die Liebhaberei im Vordergrund. „Der starke Trend zu Oldtimern hängt auch damit zusammen, dass man diese Autos einfach gern fährt“, sagt Kai Zubke neben seinem gelben Fiat mit Targa-Verdeck. Individualität statt Einheitsbrei. „Keiner würde einen Oldtimer fahren, wenn es nicht Spaß machen würde“, sagt Zubke. Auf der Straße parkt Claudia Oehme mit Töchterchen Annik ihren roten 124er Spider, Baujahr 1981. „Alte Autos haben Charakter, sie stillen die Sehnsucht nach etwas Individuellem. Alte Autos riechen, sie leben, sie sind einfach toll“, sagt Claudia Ohme. Und ihr Spider hat sogar einen Namen. „Er heißt Jan Luca. Natürlich ist es ein Italiener“, sagt sie und lacht.
Der Trend zu den Oldtimern als Wertanlage hat allerdings auch Kehrseiten. „Es ist schon erschreckend, dass heutzutage mehr und mehr Leute bei Oldtimertreffen auftauchen, die von Autos keine Ahnung haben. Die lassen schrauben“, sagt Vaillant.
„Für mich steht langsames Fahren im Vordergrund“, sagt Rüdiger Schierhorn aus Asendorf, der vor seinem herausgeputzten 180er Ponton Mercedes von 1958 in skandinavischem Blau mit seinem Bekannten Edward Landauer Nippes und Kurioses für kleines Geld an den Mann bringt. „Viele sehen Oldtimer heute als Wertanlage“, sagt Landauer. „Zwei bis drei Milliarden Euro werden heute allein in Deutschland pro Jahr mit Oldtimern durch Kauf, Reparaturen und Instandsetzungen umgesetzt. Das ist ein großer Markt. Wer viel Geld hat, kauft sich ein altes Auto und stellt es in seine Sammlung“, sagt Landauer zum Trend zu alten Autos. „Diese Autos werden aber nicht gefahren.“
Nach 20 Jahren kann ein Auto als Youngtimer angemeldet werden, mit 30 Jahren ist es ein Oldtimer. Theoretisch könnten demnach massenweise VW Golf als Oldies durchgehen. Tun sie aber nicht. „Die Abwrackprämie hat die alten Golf 1 und 2 von den Straßen verbannt. Es gibt kaum noch welche“, erklärt Jürgen Simon aus Seevetal, der mit seinem Golf 1 zwischen Amischlitten, Borgwards, Ro 80 und Kabinenrollern ein Exot auf dem Gelände ist.
Froh sind alle hier, dass Oldtimer von der geplanten Blauen Plakette, ohne die Dieselfahrzeuge aus den Innenstädten verbannt werden sollen, ausgenommen werden. Und wenn man privat einen modernen Diesel fährt? „Dann fahr ich eben woanders hin!“ sagt Ernst-August Meyer vom Verein „Dieselrunde Nordheide“ neben seinem Eicher-Trecker von 1966.