Buxtehude . Der Buxtehuder Marcel Eris hat seine Drogensucht hinter sich gelassen und verdient heute sein Geld als Videoproduzent im Internet.
Ein wenig verschlafen aber gut gelaunt öffnet Marcel Eris die Tür. Ich solle es mir bequem machen, er müsse noch schnell etwas an seinem Computer checken. Kurz darauf setzt sich der 28-Jährige auf sein Sofa. Wer Marcel nicht kennt, würde ihn für einen ganz normalen Mittzwanziger halten. Er ist niemand der sich ins Rampenlicht drängt oder dem Gegenüber ins Wort fällt – ein netter Junge von nebenan.
Doch das sehen 800.000 Fans (sogenannte Abonnenten), die ihn unter dem Pseudonym „MontanaBlack88“ kennen, anders. Eris ist weder Mitglied einer Boyband, noch tritt er regelmäßig im Fernsehen auf, woher also all’ der Trubel um seine Person? Der junge Buxtehuder gehört einer neuen und, wie die Zahlen belegen, sehr erfolgreichen Berufsgruppe selbstständiger Videoproduzenten auf YouTube an.
Lange in den Medien und von der breiten Masse belächelt und nicht wahrgenommen, hat sich auf der Videoplattform ein riesiger Markt entwickelt. Plötzlich schauen Tausende von Menschen, zumeist Jugendliche, anderen dabei zu, wie sie Schminktipps geben, Geschichten aus ihrem Leben erzählen, Videospiele kommentieren und sogar Seelsorger spielen.
Marcel ist Teil des Ganzen. Auf seine Fantreffen im vergangenen Jahr kamen jeweils mehr als 2000 Leute zum gemeinsamen Fotos schießen und Autogramme sammeln.
Während andere Menschen morgens über den Wecker fluchen, kann er seinen heute stellen wie er will. Der Morgen, wann immer das ist, beginnt meistens mit dem Checken seiner E-Mails, ehe er sich den Tag anschließend frei einteilen kann.
Mit seinem Mix aus Beiträgen zu dem Egoshooter „Call of Duty“, lustige Sequenzen mit seiner Freundin und Geschichten aus seinem Leben begeistert er die Massen und ist nicht nur auf Schulhöfen Gesprächsthema. Was alles so locker und leicht daherkommt, war jedoch nicht immer so. In seinen Videos kommuniziert er häufig, offen und kritisch, das schwierige Thema Drogensucht, welches ihn selber jahrelang begleitete.
Mit 13 oder 14 Jahren begann er mit dem Kiffen und wurde abhängig, mit 19 kam dann Kokain dazu. Alkohol war zu dieser Zeit ebenfalls sein ständiger Wegbegleiter und als er eine erfolgreiche Therapie gegen die Kokainsucht absolvierte hatte, kam es zur Suchtverlagerung. Die Alkoholabhängigkeit besiegte er dann ganz ohne Therapie. „Ich habe von dem einen auf den anderen Tag aufgehört zu trinken. Mein Leben, so wie es damals lief, war scheiße, das hatte ich begriffen“, erzählt Marcel.
Der gelernte Einzelhandelskaufmann begann kurz darauf mit YouTube-Videos. „Es war nie meine Absicht gewesen erfolgreich zu werden und irgendwann damit meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können“ stellt er klar. Vor knapp drei Jahren veröffentlichte er zu Beginn nur hobbymäßig Videos, ohne sie mit Ton und seinem Gesicht zu versehen.
Eigentlich nur um seinen Freunden kleine Ausschnitte aus Videospielen zu zeigen. Doch plötzlich schauten auch andere Menschen die frei zugänglichen Videos an und hinterließen positive Feedbacks. „Da schauen wildfremde Menschen meine Videos und finden die gut, ein unglaublich cooles Gefühl, man könnte fast sagen, YouTube wurde zu meiner Alternativdroge.“
Jetzt hat Marcel leuchtende Augen und man merkt mit welcher Leidenschaf er hinter seinen Videos steht. Stück um Stück veränderte er den Aufwand und verbesserte den Umfang seiner Filmchen, bis immer und immer mehr Menschen auf seinen Kanal trafen und hängenblieben. Zu der Zeit arbeitete er noch in einem Getränkemarkt für 400 Euro im Monat.
Als seine Zuschauerschaft immer weiter wuchs und er für die Klicks Geld bekam, fasste er den Entschluss, sein Hobby zum Beruf zu machen. „Ich habe damals zwischen 400 und 500 Euro im Monat mit den Videos verdient, da war die Entscheidung dann schnell klar, mich auf das zu konzentrieren, was mir am Ende des Tages mehr Spaß macht.“
Seine Familie war zu Beginn nicht großartig von der Idee begeistert , doch heute schauen sogar seine Großeltern, zu denen er ein sehr enges Verhältnis pflegt, seine Videos. „Das macht schon Stolz“, konstatiert Eris.
Auch die Bindung zu seinen Fans hat er nie verloren. Kritik nimmt er sehr ernst und versucht, diese umzusetzen. Nur Hasskommentare, die im Internet leider mehr als üblich sind und meist jeden Rahmen sprengen, lassen ihn kalt.
Der Job sei nicht körperlich anstrengend und mache Spaß, doch richtig abschalten könne man nie. „Du beschäftigst dich 24 Stunden am Tag mit deinem Kanal und weißt nie, was du im nächsten Monat verdienst, aber das nehme ich gerne in Kauf. “ Das ist Marcels Einstellung.
Momentan sieht jedoch alles rosig aus. MontanaBlack88 wird regelmäßig in der Stadt von Fans erkannt und vertreibt mittlerweile sogar eigene Fanartikel, wie Pullover und Caps. Häufig bekommt er Nachrichten von Menschen, die er dazu animiert hat, ihr Leben zu ändern – Marcel ist eindeutig mehr als nur der nette Junge von nebenan.