Fischbek. Sozialbehörde reduziert geplante Großunterkunft deutlich. Druck auf andere mögliche Standorte wächst damit.

Die Vögel pfeifen. Zwei Jungs flitzen aus dem Hauseingang und laufen johlend den Weg entlang, während ihre Mutter ihnen etwas hinterherruft, was sie ignorieren. Ein alter Mann geht spazieren. Noch ist die Unterkunft Am Aschenland 1 nicht fertig, aber sie ist schon belegt.

Nebenan waren noch drei weitere Baufelder für Flüchtlingsunterkünfte vorgesehen. Jetzt sind es nur noch zwei: Überraschend hat die Sozialbehörde dem Bezirk mitgeteilt, dass sie hier nur noch 1500 Flüchtlinge unterbringen will – und nicht, wie bislang geplant, 3000.

Wer jetzt allerdings denkt, dass bei der Bürgerinitiative Neugraben-Fischbek (BINF) nun die Sektkorken knallen, irrt. Zwar hatte die BINF stets eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen im Stadtteil auf 1500 gefordert, aber sie hatte die 1500 auch stets als Gesamtzahl gesehen und nicht als Höchstgrenze für diese eine Unterkunft.

Britta Herrmann zeigt auf die Sandbeker Sandffläche, dortr, wo früher der Abenteuerspielplatz war.
Britta Herrmann zeigt auf die Sandbeker Sandffläche, dortr, wo früher der Abenteuerspielplatz war. © Lars Hansen

„Wenn man die Erstaufnahme im alten OBI-Markt und die Bewohner von Aschenland 1 mitzählt, kommen wir mit 1500 weiteren Flüchtlingen dann auf 2700 Geflüchtete allein auf diesem Areal, das ist immer noch zu viel“, sagt Jan Greve, einer der Sprecher der BINF, „aber Anlass zur Freude ist es trotzdem, denn es ist ein Zeichen dafür, dass die Politik sich bewegt“.

Greve bestreitet, dass die Reduzierung etwas damit zu tun hat, dass die BINF in direkten Gesprächen mit Sozialsenatorin Melanie Leonhart war. „Die Senatorin hat sich uns gegenüber nicht bewegt“ sagt er.

Aus der Sozialbehörde heißt es, dass die Reduzierung der Plätze ein Zugehen auf den Bezirk Harburg sei. Immerhin hätten alle Fraktionen der Bezirksversammlung die Unterkunft in der geplanten Größe abgelehnt. Die reduzierten Pläne habe man daher zunächst nur Bezirksamtsleiter Thomas Völsch mitgeteilt.

Der habe dann die Fraktionsvorsitzenden der Bezirksversammlung informiert. Die sehen sich durch den Kurswechsel der Sozialbehörde bestätigt: „Weder eine komplette Ablehnung noch eine uneingeschränkte Zustimmung zu der Großunterkunft waren hilfreich und hätten zu den Realitäten vor Ort gepasst“, sagt Britta Herrmann, Fraktions-Vorsitzende der Harburger Grünen.

„Wir sind froh, dass es nach den zahlreichen Gesprächen eine gute Lösung gibt und der Antrag der Großen Koalition in Harburg in diesem Punkt erfüllt wird“, sagt SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath. „Wir hoffen, dass dieser Erfolg nicht nur zu einer deutlichen Entlastung, sondern auch zu einer entspannteren Diskussion im Stadtteil führt, damit die Konzentration nunmehr darauf gerichtet werden kann, die Menschen in den Einrichtungen willkommen zu heißen und sie in unsere Gesellschaft zu integrieren.“

„Dass die Sozialbehörde mit ihren bisherigen Planungen scheitern würde, haben wir vorausgesagt“, sagt der Linken-Abgeordnete André Lenthe. Seine Partei fordert, auf den Baufeldern Am Aschenland II und III nun Sozialwohnungen für mehr als 2000 Menschen zu bauen, die ebenfalls, aber nicht ausschließlich den Flüchtlingen zugute kommen.

Das Wegfallen von 1500 Plan-Plätzen am Aschenland erhöht nun den Druck auf den Bezirk, weitere Standorte zur Flüchtlingsunterbringung auszuweisen. Möglich ist, dass jetzt die Waldfriedenwiese in Fischbek wieder aus der Schublade geholt wird.

Deutlich ins Auge gefasst werden die Elfenwiese in Marmstorf und der Rönneburger Stieg in Langenbek, bestätigen mehrere Fraktionen. „Wir sehen in Fischbek auch noch Potenziale südlich der B 73“, sagt Britta Herrmann.

Direkt neben dem Aschenland entsteht das Neubaugebiet Vogelkamp mit Reihen- und Einzelhäusern. Die Vögel pfeifen. Zwei Jungs flitzen aus dem Hauseingang und laufen johlend den Weg entlang, während ihre Mutter ihnen etwas hinterherruft, was sie ignorieren. Nur der alte Spaziergänger fehlt. So groß sind die Unterschiede auf den ersten Blick also gar nicht.