Rosengarten. Gemeinde Rosengarten staffelt die Gebühren neu. Das Abendblatt erläutert in zehn Fragen und Antworten was sich im Einzelnen verändert.

In welcher Höhe ist eine Kitagebühr für wen gerecht? Um diese zentrale Frage kreiste die Diskussion in einem dreistündigen Sitzungsmarathon des Ausschusses für Kinderbetreuung am Donnerstagabend in Böttchers Gasthaus in Nenndorf. Die Fraktionen brachten ein neues Gebührenmodell für die Kinderbetreuung auf den Weg. Wer mehr auf dem Konto hat, muss jetzt deutlich mehr zahlen. Zugleich erhalten Eltern mit mittlerem Einkommen eine Entlastung.

Für eine achtstündige Betreuung pro Tag sind sechs Prozent vom Bruttoeinkommen pro Monat fällig. Wer sein Kind für vier Stunden in die Kita bringt, zahlt drei Prozent vom Bruttoeinkommen. Der Gebührensatz gilt ab einem Einkommen von 2000 Euro. Darunter sind pauschal 100 Euro für einen Ganztagesplatz fällig. Die Geringverdiener haben dann aber die Möglichkeit, einen Zuschuss zu beantragen.

Knackpunkt in der Diskussion um die umstrittene Gebührenänderung war der Höchstsatz. Den haben Politik und Verwaltung jetzt nicht so stark angehoben wie zunächst angedacht. Statt ihn von 370 Euro auf 560 Euro zu steigern, verständigte sich der Ausschuss auf 480 Euro Höchstsatz pro Monat und Kind. Er greift ab einem Bruttofamilieneinkommen von mindestens 8000 Euro pro Monat. „Wir halten den Weg für einen guten Vorschlag, weil er die Familien mit einem geringeren Einkommen entlastet“, sagte Jürgen Grützmacher von der CDU, die das neue Modell in die Diskussion eingebracht hatte. Dass diejenigen mit mehr als 6300 Euro brutto Familieneinkommen auf dem Konto mehr zahlen als bisher, sei „zumutbar und gerecht“, so Grützmacher.

Das sehen viele Eltern offenbar anders. Zahlreich erschienen sie zur Ausschusssitzung und machten ihrem Ärger Luft. Viele Eltern fühlen sich als „Großverdiener abgestempelt“, die sie aber de facto nicht seien, auch wenn sie mehr als 6300 Euro verdienten. Sie verwiesen auf die hohen Belastungen einer Familie. So merkte ein Einwohner an, dass er mit der neuen Gebührenordnung mehr für die Kinderbetreuung zahlen müsse als für die Finanzierung des Hauses. Starker Applaus brandete auf, als ein Vater sagte: „Ich bitte sie, die Gebührenstaffelung an das praktische Einkommensniveau anzupassen, so dass sie ihrem eigenen Anspruch, die Kitagebühren gerechter zu verteilen, etwas näher kommen.“

Doch auch die Verwaltung und die Politik teilten aus. Bürgermeister Dirk Seidler und Jürgen Grützmacher, Ortsbürgermeister von Klecken, verurteilten die Protestaktion von Eltern in Klecken, die vor einigen Tagen eine Trauerfeier abgehalten hatten. Sie hatten die Familienfreundlichkeit der Gemeinde Rosengarten symbolisch in einem Sarg zu Grabe getragen. „Ich finde es geschmacklos und nicht angemessen, so etwas zu veranstalten“, sagte Jürgen Grützmacher (CDU). Seidler schloss sich dem an. Er missbilligte die Aktion „aufs Schärfste“ und sagte, das sei kein Weg, damit umzugehen. „Man kann anderer Meinung sein, aber die Aktion ist eine polemische Art und Weise, die sich nicht gehört.“

Am Ende hielt die Gemeinde an der Neuordnung der Gebühren fest, führte aber doch noch einige Änderungen ein. Hier die wichtigsten Ergebnisse des Ausschusses in zehn Fragen und Antworten:

Warum ändert die Gemeindedie Gebührenordnung überhaupt?

Zwölf Jahre lang hat die Gemeinde die Elternbeiträge nicht angefasst. Als sie 2015 feststellte, dass 75 Prozent der Eltern den höchsten Beitrag von 370 Euro zahlen, beschloss sie eine Änderung des Gebührenmodells. Viele Eltern empfinden das als unfair. Jetzt müssten die Eltern für etwas die Verantwortung tragen, was die Gemeinde verursacht habe, so der Tenor.

Müssen alle Eltern mehrzahlen als bisher?

Nein. Alle Eltern in Rosengarten decken mit den Gebühren etwa 30 Prozent der gesamten Kosten für die Kinderbetreuung, die etwa bei 3,5 Millionen Euro liegen. Dabei soll es bleiben. Es kommt zu einer Umverteilung: Wer gut verdient, zahlt mehr. Einwohner mit Durchschnittseinkommen zahlen weniger.

Für wen bedeutet das neue Modelleine Erhöhung der Kitagebühren?

Eltern, die mehr als 6300 Euro brutto im Monat verdienen, müssen mehr Beiträge zahlen als bisher. Ab dieser Summe übersteigt die neue Gebühr den Höchstsatz von 370 Euro, der bislang für einen Ganztagesplatz galt.

Wer profitiert von derneuen Gebührenregelung?

Vor allem die Eltern, die mit ihrem Bruttomonatseinkommen zwischen 4500 Euro und 6300 Euro liegen, zahlen jetzt weniger. Bisher waren bei einem Verdienst von 4500 Euro und mehr 370 Euro fällig. Nach der neuen Gebühr von sechs Prozent auf das Bruttoeinkommen, zahlen Eltern, die 4500 Euro im Monat verdienen, 100 Euro weniger – also 270 Euro pro Monat für eine achtstündige Betreuung.

Was wird in demBruttoeinkommen berücksichtigt?

Neben dem Verdienst beider Elternteile werden zum Bruttoeinkommen von Rosengarten auch Pacht- und Mieteinnahmen gezählt. Auch das Kindergeld fließt mit ein.

Bekommen die Eltern mit mehrals einem Kind eine Ermäßigung?

Ja. Das gilt derzeit aber nur, wenn die Kinder eine Kita besuchen. Für ein Kind zahlen die Eltern den vollen Beitrag, für das zweite Kind die Hälfte und für das dritte Kind – jetzt neu – 25 Prozent des Beitrags. Ob es eine Geschwisterermäßigung auch geben soll, wenn die Kinder zur Schule gehen, wollen die Fraktionen in einem zweiten Schritt diskutieren.

Warum senkt die Gemeindeden Kostenanteil der Eltern nicht?

Bürgermeister Dirk Seidler räumt ein, dass es nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, 30 Prozent der Gesamtkosten mit Elternbeiträgen zu decken. Seidler verwies aber auf den Landesrechnungshof. Der gebe 30 Prozent als Richtschnur vor, so der Bürgermeister. Den Rest der Gesamtkosten tragen Gemeinde und Land zu jeweils etwa einem Drittel.

Was passiert wenn die Gebühr den Kostenanteil von 30 Prozent übersteigt?

Mit dem neuen Gebührenmodell startet die Gemeinde einen Blindflug. Weil 75 Prozent der Eltern zurzeit den Höchstbetrag zahlen und nicht die Höhe ihres Einkommens angeben, weiß die Gemeinde nur von wenigen Familien (25 Prozent), wie viel diese verdienen. Mit der neuen Gebühr könnte es also dazu führen, dass die Gemeinde in Summe weit mehr Geld von den Eltern einnimmt als bislang. Der Ausschuss hat beschlossen, dass dann nachgebessert wird. Nimmt die Gemeinde mit der neuen Gebührenrechnung mehr als 50.000 Euro ein als sie mit dem alten Modell kassieren würde, wird der Elternbeitrag gesenkt, beispielsweise von sechs Prozent auf 5,9 Prozent. Andersherum gilt die Korrektur auch: Nimmt die Gemeinde 50.000 Euro weniger ein als nach der bisherigen Gebührenrechnung wird der prozentuale Satz erhöht, zum Beispiel von 6 Prozent auf 6,1 Prozent.

Warum werden die Kitagebühren nicht nach dem Netto-Einkommen berechnet?

Jörn Klein, Leiter der Ordnungsabteilung in der Gemeinde, erläuterte, dass sich die unterschiedlichen Beschäftigungsarten, etwa als Selbstständiger oder Angestellter zu arbeiten, mit dem Bruttoeinkommen bestmöglich miteinander vergleichen ließen. Hinzu kommt: Die meisten anderen Gemeinden im Landkreis machen es nicht anders. Auch sie legen das Bruttoeinkommen der Familien bei der Berechnung zu Grunde.

Warum erheben andere Gemeinden niedrigere Kitagebühren?

Carsten Peters, Erster Gemeinderat, erklärte, dass es zwei Möglichkeiten gibt: Entweder tragen die Eltern die Kosten der Kinderbetreuung oder alle Einwohner. „Gemeinden mit einer niedrigeren Kitagebühr erheben in der Regel eine höhere Grundsteuer“, sagte Peters. Viele Ausschussbesucher empfinden es als gerechter, wenn alle Einwohner über die Grundsteuer für die Betreuungskosten herangezogen werden. „Die Zukunft von uns allen, sind doch die Kinder!“, sagte ein Einwohner.