Neu Wulmstorf. Ausschuss schiebt neues Wohnprojekt für Senioren mit Kita, Tagespflege und WG an. Kinder und Senioren unter einem Dach
Diplom-Ingenieur Gerd Sambale möchte mögliche Missverständnisse gar nicht erst aufkommen lassen: „Es handelt sich hier nicht um ein Pflegeheim“, sagte er. Der Mann hat eine weite Anreise hinter sich, um das neue Wohnprojekt den Fraktionen in Neu Wulmstorf vorzustellen. Sambale kommt aus Neustadt an der Aisch in Nordbayern. Zum zweiten Mal möchte er eine Wohnanlage für Senioren in der Region verwirklichen. Er realisierte bereits das Sela-Seniorenhaus in Horneburg gemeinsam mit Martin Adebahr, Entwickler von Seniorenimmobilien aus Horneburg. Auch dieses Mal treten Sambale und Adebahr als Duo auf.
„Ich habe mich sofort in das Grundstück verliebt, als Herr Adebahr es mir gezeigt hat“, sagte Sambale. Das 8200 Quadratmeter große Areal gilt als eine der letzten Filetstücke, das die Gemeinde Neu Wulmstorf noch hat. Es befindet sich an der Bahnhofstraße gegenüber von Edeka Warncke, grenzt ans Vogelschutzgebiet Moore bei Buxtehude und ist zugleich nicht weit weg vom Neu Wulmstorfer Bahnhof.
Nach dem Konzept von Adebahr und Sambale soll ein Mehrgenerationenhaus mit Tagespflege, Wohngemeinschaft und integrierter Kita entstehen. „Es ist ein Wohnkomplex für die ganze Lebenszeit“, sagte Gerd Sambale im Bau- und Planungsausschuss der Gemeinde Neu Wulmstorf. Vier einzelne Häuser mit 47 größeren Zwei- bis Dreizimmerwohnungen sowie 16 kleineren Ein- bis Zweizimmerwohnungen sollen gebaut werden.
Mit dem Mehrgenerationenprojekt greifen Immobilienentwickler Adebahr und Bauherr Sambale den wachsenden Trend zu alternativen Wohnformen mit ambulanter Pflege auf. Wer im Alter pflegebedürftig wird, scheut heute mehr denn je den Umzug ins Pflegeheim. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Senioren so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben wollen.
Deshalb werden die meisten Pflegefälle zu Hause versorgt. Laut statistischem Bundesamt sind es 71 Prozent. „Auch der Gesetzgeber will weg von der stationären und hin zur ambulanten Versorgungsstruktur“, erklärte Martin Adebahr. „Ambulante Pflegeversorgungen werden dabei erheblich bevorzugt.“
Dazu gehört die Pflegewohngemeinschaft. Zehn Personen sollen in solch einer WG in dem geplanten Projekt an der Bahnhofstraße mit angeschlossener ambulanter Betreuung wohnen können. „Die WG ist im Moment der Renner in der ambulanten Versorgung“, so Adebahr. Denn sowohl für die Pflegebedürftigen als auch für die Angehörigen ist es beruhigend, dass sich der Pflegedienst direkt nebenan befindet. Er bekommt in dem Gebäudekomplex ein eigenes Büro zugewiesen. Auch für die seniorengerechten Wohnungen gibt es einen Notdienst, der 24 Stunden lang erreichbar ist.
Karin Corleis, die einen Pflegedienst in Drochtersen gegründet hat und Geschäftsführerin des Pflegedienstes Stadt und Land in Stade ist, hat das Pflegekonzept für die neue Wohnanlage in Neu Wulmstorf entworfen. „Ich fand es hochinteressant, eine neue Struktur abseits eines Heimbetriebs zu schaffen und finde, es ist eine sehr gelungene Mischung entstanden“, sagte sie. „Ich freue mich schon, die Sache zu begleiten.“
Mit der integrierten Tagespflege schließen die Immobilienentwickler zudem eine Lücke, die seit Jahren in Neu Wulmstorf klafft. Immer wieder hat es Ideen für Tagespflegeeinrichtungen gegeben, die am Ende doch nicht realisiert wurden. Die Tagespflege soll Platz für 32 Pflegebedürftige bieten. Sie versteht sich als Bindeglied zwischen der häuslichen Pflege und einer vollstationären Versorgung.
Von 8 bis 16 Uhr können Kinder und Partner ihre pflegebedürftigen Angehörigen hier betreuen lassen, um selbst einmal Kraft tanken. Außerdem ist eine Cafeteria, die sowohl die Tagespflege als auch die Kita mit Essen versorgt, vorgesehen. Sportangebote sollen sich nicht nur an die Bewohner der Anlage richten.
Die geplante integrierte Kindertagesstätte soll bis zu 15 Krippenkinder und 25 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren aufnehmen. „So entsteht eine gute und gesunde Mischung aus alten und jungen Menschen unter einem Dach“, sagte Gerd Sambale. Ausschussvorsitzender Thomas Grambow regte an, außerdem eine Wohngemeinschaft für Studenten in dem Gebäudekomplex unterzubringen. „Davon könnte das Projekt sehr gewinnen“, sagte Grambow.
Politik und Verwaltung griffen den Entwurf wohlwollend auf. Der Ausschuss stimmte geschlossen für die Änderung des Flächennutzungsplans vom Mischgebiet auf Sondergebiet und ebnete so den Weg für das neue Mehrgenerationenwohnprojekt. Die neuen Wohnformen seien begrüßenswert, da es wegen des demographischen Wandels einen erheblichen Bedarf dafür gebe, so Thomas Saunus, Fachbereichsleiter Ortsentwicklung der Gemeinde Neu Wulmstorf.
„Wir sind von dem Projekt sehr angetan“, sagte Thomas Grambow (SPD), Vorsitzender des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses. „Schon oft wurde so etwas geplant, aber wir sind noch nie so weit gekommen wie jetzt. Das macht mir Mut, dass wir in gewisser Zeit auch das sehen, was angekündigt wurde.“
Anfang 2017 will die Saco GmbH mit dem Bau des ersten Hauses beginnen. Ein Gebäude nach dem anderen soll entstehen. Voraussichtlich dauert es zwei Jahre, bis die gesamte Mehrgenerationenanlage fertig ist.
Die barrierefreien Wohnungen verkauft die Saco GmbH, die Bauherr, Architekt und Generalübernehmer des Projektes ist, an neue Eigentümer. Zu dem Investitionsvolumen wollte sich die Saco GmbH vorerst noch nicht äußern.