Harburg. Seit drei Jahren gibt es das Kulturcafé „Komm du“ im tiefsten Harburg. Ein Erfolg trotz oder wegen widriger Bedingungen.
An der Buxtehuder Straße ist Harburg nicht wirklich schön. In der Rushhour schieben sich Autos und Lkw Stoßstange an Stoßstange die Straße entlang, hier regiert der graue Stein, das Grün kämpft verbissen um sein Daseinsrecht. Nicht unbedingt eine gute Lage, wenn man einen Laden hat und dazu Kunden braucht. Und trotzdem oder gerade vielleicht auch wegen dieser eher suboptimalen Rahmenbedingungen hat sich das Kulturcafé „Komm du“ an der Buxtehuder Straße 13 in den letzten drei Jahren zu einer richtig guten und vor allem gut besuchten Location gemausert.
Restaurant, Café, Musikclub und Kleinkunstbühne, das „Komm du“ ist alles in einem. Wer von draußen aus dem Verkehrs-Grundrauschen eintritt, fühlt sich sofort zuhause. Im Hintergrund dudelt leise Bluesmusik, eine Kaffemaschine blubbert vor sich hin. Die schlichten Tische und Stühle atmen einen Hauch der 60er-Jahre, das große Omasofa aus rotem Plüsch lädt zum Lümmeln ein. In den Fenstern wuchern Gummibäume und Kakteen, in einem großen Regal warten Bücher und Spiele auf motivierte Benutzer.
Eine reichhaltige Kuchenkarte – alles selbst gebacken
Auf dem blaugestrichenen Tresen prangt Selbstgebackenes. „Raspberry Cheese Cake“, „Mandarinen Schmand-Kuchen“ und „Mississippi Mudpie“ steht auf bunten Schildchen neben den Kreationen, die jeden Tortenliebhaber in Ekstase versetzen. Auch der Bienenstich und die klassischen Nussecken machen Lust auf Süßes. „Alles selbst gebacken“ sagt Britta Barthel, die das „Komm du“ gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Mansen Chu vor drei Jahren aufgemacht hat. Als sie vor drei Jahren aus London nach Hamburg kamen, wussten Britta Barthel und Mansen Chu nur, dass sie sich hier mit einem Café selbstständig machen wollten. „Wir haben uns Läden in Eppendorf, Winterhude und in Hamm angesehen. Als wir nach Harburg kamen und den Laden sahen, war für uns sofort klar, dass das hier unser Café wird“, erzählt Britta Barthel. Vor allem die kleine Bühne im hinteren Gastraum in der ehemaligen „Gerichtsklause“ überzeugte: „Wir wollten eine Raum, mit dem wir experimentieren, den wir entwickeln konnten.“
Die Idee von einem Café mit Wohnzimmeratmosphäre und Kleinkunstangebot, haben sich Barthel und Chu in London abgeguckt. Die Tanzpädagogin studierte dort Choreographie, er arbeitete in der Gastronomie und im Veranstaltungsbereich: „Wir mochten am liebsten die Läden, wo man nicht gleich rausfliegt, wenn man nicht genug konsumiert.“ Genau so ein Café wollten sie auch aufmachen, als sie im August 2012 nach Hamburg kamen. Zwei Monate später war der Mietvertrag für den Harburger Laden unterschrieben.
Bevor das „Komm du“ am 1. Dezember eröffnet werden konnte, stand das Paar und viele ihrer Freunde vor einem ziemlich hohen Berg von Arbeit: „Obwohl hier zuletzt ein portugiesischer und ein afrikanischer Kulturverein drin waren, gab es noch die alte Einrichtung aus den 70er-Jahren“, erzählt Mansen Chu. Stühle, Tische, der alte PVC-Boden – alles flog raus und wurde ersetzt. Was noch zu gebrauchen war, baute der gelernte Tischler, zu Tischchen und Regalen um. Die Zeit rannte und ganz knapp schaffte das frischgebackene Gastronomenpaar den Eröffnungstermin: „Unsere Nachbarn hatten Wetten abgeschlossen, ob wir das wirklich rechtzeitig hinkriegen“, grient Mansen. „Unsere Kellnerin hat sich beim Öffnen einer Schublade allerdings noch blaue Hände geholt, die Farbe war noch nicht trocken“, sagt Britta Barthel lachend.
Die Gäste: Anzugträger und Studenten
Inzwischen läuft der Laden: Mittags kommt ein buntes Völkchen vom Anzugträger bis zum gerade aufgestandenen Studenten und laben sich an Mansen Chu’s Küche. Der 46-Jährige ist am Bodensee groß geworden und kulinarisch vorbelastet. Er kocht sowohl asiatisch als auch gutbürgerlich und sehr süddeutsch: „Die handgeschabten Spätzle wollte am Anfang keiner bestellen, jetzt sind sie der absolute Renner bei uns“, verkündet Mansen zufrieden. Drei Tagesgerichte stehen jeden Tag auf der Mittagskarte. Wer nicht ganz so viel essen will, bestellt belegte Brötchen und andere Kleinigkeiten oder Kuchen und Kaffee.
Von Anfang an war klar, um zu überleben, braucht der Laden abends eine gute Portion Kultur. Anfangs fragte Britta Barthel Freunde, die mal hier, mal da in Klubs auftraten. Der Folkmusiker Stephen Foley hatte die undankbare Aufgabe, das erste Konzert auf der Empore im hinteren Gastzimmer zu geben: „Ich glaube, wir waren acht Zuschauer, aber es war trotzdem ein toller Abend“, erzählt Britta Barthel. Das hat sich gründlich geändert: Inzwischen ist das „Komm du“ immer voll. „Wenn 50 bis 60 Zuschauer da sind, ist es perfekt, bei 90 wird es echt eng“, weiß die 30-Jährige. Donnerstags finden auf der kleinen Bühne Lesungen und Kleinkunst statt. Freitags gibt’s Musik auf die Ohren, Gipsy, Swing, Jazz, Pop und Folk: „Wir hatten aber auch schon eine italienische Hardrockband hier“, berichtet Mansen Chu. Der Sonnabend wird flexibel besetzt, mal mit Puppentheater, mal mit Kabarett
Die Künstler, der Fokus liegt eindeutig auf jungen Talenten, treten ohne Gage auf, Eintritt muss man in den meisten Fällen nicht bezahlen. Nach der Performance geht dann der Spendenhut herum. Ein Glücksfall für die Künstler: Hier gibt es eine Auftrittsmöglichkeit, die sie nichts kostet – das ist inzwischen selten geworden. Chu und Barthel sehen sich da als Förderer und Unterstützer: „Pro Woche melden sich 30 bis 40 Leute, die bei uns auftreten möchten.“
„Komm du“ Buxtehuder Straße 13, montags bis sonnabends 7.30 bis 17 Uhr, an Veranstaltungstagen bis 22.30 Uhr, www.komm-du.de