Harburg. „Perfetto“-Restaurant im Untergeschoss wird zum Monatsende dicht gemacht. Stammgäste sind enttäuscht und sauer

Das Tagesangebot ist Zanderfilet mit Beilagen. Der Preis eher am unteren Ende dessen, was angemessen wäre. Viele Gäste haben folglich den Zander vor sich. Beliebt ist auch die Fischsuppe, sie ist ein Dauerbrenner auf der Karte. Und wer sich aus Fisch nichts macht, bekommt hier auch ein gutes Steak. Aber nicht mehr lange. Das Bistro im Tiefgeschoss der Harburger Karstadt-Filiale schließt zum Monatsende.

Die Stammgäste sind sauer: „Harburg verliert damit einen seiner wichtigsten Treffpunkte“, sagt Jörk Mahler. Sein Kalbsgeschnetzeltes hat er schon fertig gegessen, er genießt noch den Weißwein, den er dazu hatte. „Hier sind immer nette Leute, egal ob Gäste oder Angestellte.“

„Vor allem sind hier gepflegte Leute unter sich“, sagt Carola Wolters, die sich Fischsuppe und Chablis schmecken lässt. „Hier muss man keine Sorge haben, belästigt zu werden.“

Bundesweit strukturiert Karstadt seine Lebensmittelabteilungen neu. Die Gastro-Bereiche, die dort bislang integriert waren, fallen weg.. „Perfetto“ heißt die Marke unter der die Feinkostabteilungen der Warenhäuser firmieren. Perfetto ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Karstadt und Rewe. Das Konzept: Hochwertige Lebensmittel zu angemessenen Preisen zu verkaufen. Die Bistros, sind Teil der Frischetheke. Alle Speisen, die hier zubereitet werden, könnten sich die Gäste auch zu Hause kochen. Die Zutaten gibt es gleich hier. Zum Kochen hat aber offensichtlich niemand Lust: Während mittags jeder Stuhl und jeder Barhocker des Bistros belegt sind gähnen die Gänge zwischen den Lebensmittelregalen vor Leere.

„Das sind ja auch tolle Köche hier“, sagt Jörk Mahler. „Da lässt man sich auch gerne bekochen.“

Die leeren Gänge sind allerdings ein Problem: Das auf Hochwertigkeit ausgerichtete Sortiment läuft nicht, und das nicht nur in Harburg, sondern bundesweit. Perfetto stellt das Angebot um, um eine breitere Käuferschicht zu erreichen. Damit verbunden ist ein massiver Personalabbau. Personalintensive Betriebsteile, wie etwa ein Bistro-Tresen, können da nicht gehalten werden.

„Meines Wissens nach sind bundesweit mindestens 500 der 1500 Stellen bei Perfetto betroffen“, sagt Heike Lattekamp, Fachbereichsleiterin Handel bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in Hamburg. „Unsere Kollegen in Nordrhein-Westfalen führen die Sozialplanverhandlungen, denn dort sitzen die Zentralen von Karstadt und Rewe. Aber egal, wie gut ein Sozialplan ausfällt, für die Kollegen, die gekündigt werden,ist das ein bitteres Schicksal. Insgesamt fügt sich das jedoch leider in die allgemeine Gemengelage bei Karstadt ein.“

Den Angestellten ist die Verbitterung anzusehen. Sagen wollen sie nichts. Nach einer Mail des Abendblatts tags zuvor an die Karstadt-Pressestelle in Essen mit der Bitte um Rückruf erfolgte sofort ein Anruf bei der Abteilung in Harburg: Sprechverbot. Wenige Tage zuvor hatten noch einige Angestellte um den Besuch eines Reporters gebeten.

Jörk Mahler nippt an seinem Wein. Die Abteilungsleiterin kommt zum Tresen. Keine Fragen bitte, auch nicht an die Gäste. „Sie können gerne etwas essen, aber ansonsten weise ich auf mein Hausrecht hin!“ Ende eines Recherchetermins.

Einen Tag später ruft die Karstadt-Pressestelle an und möchte die konkreten Fragen erst einmal nur wissen, aber noch nicht beantworten. Es dauert noch einen Tag, bis eine Mail des Pressestellenleiters Stefan Hartwig kommt. Konkrete Fragen werden darin nicht beantwortet. Man wolle den Verhandlungen mit den Sozialpartnern nicht vorgreifen. Karstadt selbst schreibe wieder schwarze Zahlen, „Jetzt geht es darum, auch Perfetto, gut aufzustellen. Dazu gehört es, auch dort das Angebot auf die lokalen Bedürfnisse zuzuschneiden“, schreibt Hartwig.

Die Gäste des Bistros haben nur ein Bedürfnis: Den Erhalt ihres Treffpunktes. Übrigens: Als die Karstadt-Filiale in Wilhelmsburg Mitte der 90er-Jahre ihr Feinkostangebot reduzierte, läutete das das Ende des Standorts ein.