Harburg. Studenten der Leuphana-Uni Lüneburg verwandeln ausrangiertes Feuerwehr-Equipment in modische und funktionale Upcyclingprodukte.

Dass sich eine Studentin für Umweltwissenschaften und BWL für Recycling interessiert, ist so überraschend nicht. Dass sie dies aber mit der Produktion modischer Accessoires verbindet, ist nicht mehr ganz so alltäglich. „Für mich war das irgendwie naheliegend“, sagt Lis Evers: „Nachhaltigkeit und Design sind zwei Themen, die mich schon lange bewegen. Und sie in einem eigenen Projekt zusammenzuführen letztlich folgerichtig.“

Ausgangspunkt waren Studienaufgaben an der Leuphana in Lüneburg, die sich mit social business befassen. Also mit wirtschaftlichen Konzepten, die darauf ausgerichtet sind, auch soziale und ökologische Gesellschaftsprobleme zu lösen. „Da ist der gesamte Bereich des Recyclings natürlich ein reichhaltiges Betätigungsfeld“, sagt die 24 Jahre alte Berlinerin, die ihr Studium mit ihrer Bachelorarbeit demnächst abschließen will.

Upcyclingprojekt Dievers Hier: Matthias Volmer (l.), Lis Evers (3.v.l.) und drei Teilnehmer bei einem Workshop im Rahmen der Altonale
Upcyclingprojekt Dievers Hier: Matthias Volmer (l.), Lis Evers (3.v.l.) und drei Teilnehmer bei einem Workshop im Rahmen der Altonale © HA | Dievers

Alte Feuerwehrschläuche wurden zum Stoff ihrer Träume

Wie es dann weitergeht, darüber entscheidet auch ihr Projekt „Dievers“. In der Bezeichnung steckt nicht nur der Familienname der kreativen Initiatorin. Sie signalisiert auch, worum es ihr geht: Um verschiedene ökologische Produkte mit Stil, sprich in besonderem Design. „Upcycling, also aus abgeschriebenen, ausrangierten Dingen Neues, Werthaltiges entstehen zu lassen, das hat für mich schon einen besonderen Reiz“, beschreibt Evers ihre Intention.

Als sie irgendwann mitbekam, wie viele Feuerwehrschläuche, Warnwesten und Neoprenanzüge jährlich auf dem Müll landen, hatte sie auch „den Stoff“ für ihre Träume gefunden. Das Reservoir ist nachgerade riesig. Weil diverse Sicherheitsbestimmungen und Gebrauchsregeln dazu führen, dass das Hauptequipment der Feuerwehr regelmäßig ersetzt werden muss. Evers: „Das bedeutet ja aber nicht, dass es nach dem Ausrangieren tatsächlich unnütz und unbrauchbar ist.“

Ganz im Gegenteil. Die forsch(end)e Hauptstädterin hat mit ihrer Initiative bewiesen, dass sich Schläuchen und Westen durchaus neues „Leben“ einhauchen lässt. In Form von Turnbeuteln, Rucksäcken, Laptoptaschen und Handyhüllen. Damit hat sie sich jüngst auch um den Harburger Nachhaltigkeitspreis beworben – und ist auf Rang drei gelandet.

„Das Projekt Dievers erfüllt nicht nur das Kriterium der Nachhaltigkeit in herausragender Weise. Die im Upcycling-Prozess entstehenden Produkte sind darüber hinaus auch noch modisch, ästhetisch und funktional“, wie es Manfred Schulz, Vorsitzender der Harburger Bezirksversammlung, in seiner Laudatio formulierte.

Prototypen wurden in den Elbe-Werkstätten gefertigt

Überdies hat das Projekt auch eine integrative Komponente. Denn sämtliche Prototypen sind in den Harburger Elbe-Werkstätten hergestellt worden, in denen an sechs Standorten in ganz Hamburg vorrangig behinderte Menschen lernen und arbeiten. „Auch dieser soziale Aspekt war mir wichtig“, erklärte Evers. Wenngleich noch nicht ganz klar ist, in welchem Umfang die Elbe-Werkstätten im Boot bleiben, wenn die ersten „Dievers“-Entwürfe in die Serienproduktion gehen.

Geht es nach Lis Evers, dann soll es schon bald soweit sein. Deshalb hat die Chefdesignerin ihr Team auch schon mal vergrößert. Unter anderem über das Facebook suchte sie nach Gleichgesinnten, um ihr Projekt auf eine breitere personelle Basis zu stellen. So mischen inzwischen auch Jan Felix Tock, Robert Brune, Anastasia Ebel, Laura Lüers und Matthias Volmer mit.

Crowdfunding-Kampagne soll „scharfen“ Start ermöglichen

Jan, der BWL und Wirtschaftspsychologie studiert, soll Struktur ins Projekt bringen, ist für die strategische Planung und die Koordination zuständig. Robert, der BWL und Digital Media studiert, ist für die digitale Aufbereitung der Entwürfe und deren Präsentation auf einer Homepage verantwortlich. Anastasia, die Marketing studiert, kümmert sich um Vertrieb und Vermarktung. Laura, die Kulturwissenschaften und BWL studiert, gilt als kreativer Kopf der Truppe, organisiert unter anderem Crowdfunding-Kampagnen. Und Matthias, der Nachhaltigkeitswissenschaften studiert, unterstützt das Team bei Präsentationen und Workshops, so wie im Vorjahr bei der Altonale.

Die 400-Euro-Prämie für den dritten Platz beim Harburger Nachhaltigkeitspreis will das Studententeam übrigens in eine Ösenstanzmaschine investieren. „Und für Februar ist eine Crowdfunding-Kampagne geplant, um dann die erste Serienproduktion starten zu können“, so Lis Evers.