Harburg. Allerlei statt Einerlei beim Blind Date am Herd – Die Evangelische Familienbildung in Harburg hat ein Rezept für Singles: gemeinsames Kochen.
Man nehme. So oder ähnlich lautet die erste Rezeptzeile von Kochbüchern. In diesem Fall sind an Zutaten zum Menü allerdings die Akteure am allerwichtigsten: Sechs Frauen und sechs Männer, die sich bislang nicht kannten, nun aber kennengelernt haben, beim Blind Date am Herd, in der Küche und im Esszimmer der Evangelischen Familienbildung an der Hölertwiete in Harburg.
Kursusleiterin Verena Fedler kennt sich als Diätassistentin am Wilhelmsburger Krankenhaus Groß Sand bestens mit gesunder Ernährung aus. Da hat sie bereits jede Menge Erfahrungen gesammelt und Kochkurse für Übergewichtige geleitet. Ein besonderes Vergnügen bereiten der 35-Jährigen allerdings die Blind Date-Kurse, die zweimal pro Jahr im Haus der Kirche in Harburg angeboten werden.
Dazu melden sich Menschen an, die aus dem grauen Alltag herauskommen und ganz gezielt auch anderen Menschen begegnen wollen, die ähnlich denken und handeln. Da sind Menschen bei, die erst seit kurzem oder bereits seit längerer Zeit allein leben, verwitwet oder geschieden sind. „Ich bin erst seit kurzem Single“, hatte sich einer der Teilnehmer vorgestellt, „bislang war meine Frau für das Kochen zuständig. Nun muss ich selbst dafür sorgen und am Herd stehen. Ich hoffe, dass ich hier Anregungen bekomme und netten Menschen begegne.“
Bei den Anmeldungen und den Kursusteilnahmen hat Verena Fedler auch Erfahrungen gesammelt und an Erkenntnissen hinzugewonnen. „Es gibt überhaupt kein Problem, Frauen für den Kochkursus zu gewinnen“, sagt sie, „bei Männern sieht das meistens anders aus. Da muss man schon einen größeren Aufruf starten, um sie für die Angelegenheit zu begeistern.“
Und das Hamburger Abendblatt ist in diesem Fall nicht ganz unbeteiligt, denn im Regionalteil „Harburg & Umland“ war die Suche nach Männern für die Kochereignisse bereits häufiger abgedruckt. Für die jüngste Veranstaltung am Wochenende war die Resonanz deutlich besser als zuvor. „Wir haben unsere sechs männlichen Teilnehmer in relativ kurzer Zeit zusammengehabt“, sagt Verena Fedler.
Ob es zu jedem Topf den passenden Deckel gibt, lässt sich an diesem Abend spontan nicht sagen. Die Teilnehmer sind im Alter zwischen 48 und 88 Jahren und alle sind gut drauf, wollen Früchte und Gemüse für die Apfel-Paprika-Suppe schälen, Tomaten und Avocado für die Scampi-Spieße in Stücke schneiden, Geflügelfleisch für das Curry-Geschnetzelte portionieren, Ciabatta backen, einen bunten Salat mit Kräuter-Ei-Vinaigrette zubereiten und einen Obstsalat mit selbst gemachter Vanillesauce anrichten.
Damit nicht genug: Zum Schluss kommt auch noch ein Pina Colada Muffin aus dem Ofen. Alles Essen ist in der Kursusgebühr von 23 Euro enthalten.
Beim Gemüseschneiden bleiben Holde Burk und Peter Broll, beide aus Harburg, im Vordergrund stehen. Die anderen Teilnehmer möchten lieber unerkannt bleiben. Holde Burk ist Anfang 60 und war Mitarbeiterin im Harburger Gesundheitsamt.
„Ich nehme seit mehreren Jahren an allen Kochveranstaltungen teil“, erzählt sie, „mit den Teilnehmern unserer allererste Gruppe hatten wir uns anfangs noch mehrfach zu privatem Kochen getroffen. Mit einer der Damen habe ich immer noch Kontakt. Ansonsten koche ich auch viel für Familie und Bekannte. Mir macht es einfach Spaß, mit anderen Menschen zusammen zu sein und mich zu unterhalten. Dazu bieten Kochen und gemeinsam beim Essen am Tisch zu sitzen die beste Gelegenheit.“
Peter Broll ist 57 Jahre alt und Geschäftsführer beim VdK. Beim Schneiden des Gemüses hantiert er wie ein Profi-Koch. „Ich bin erst seit kurzem Single“, sagt er, „ich habe häufig für die Familie gekocht. Beruflich komme ich mit vielen Menschen zusammen. Als ich im Abendblatt gelesen hatte, dass noch Männer gesucht werden, habe ich mich spontan gemeldet. Dies ist meine Premiere bei einem Blind Date am Herd. Ich koche sehr gern, am liebsten Wildgerichte. Das Fleisch bekomme ich immer frisch von einem Jäger. Zum Essen lade ich mir gern Freunde ein.“
Das zweite Blind Date am Herd dieses Jahres war vermutlich die letzte Veranstaltung unter dieser Bezeichnung. Daria Wolf, Leiterin der Evangelischen Familienbildung in Harburg, möchte dem Kursus mit einem neuen Namen den Hauch von Partnersuche und Anbandelung nehmen. „Ab 2016 wird der Kursus Schnelle Küche für Singles heißen“, sagt sie, „das klingt zwar weniger geheimnisvoll, hat aber den gleichen Inhalt.“