Harburg. Durch Malen, Passepartout und Rahmen erscheinen Selfies, Katzen auf Sofas und Bilder von Mahlzeiten auf einmal nicht mehr banal. Die Verdeutlichung durch Verfremdung gelingt.
Kulturpessimisten sehen in der Zunahme der digitalen Kommunikation den Untergang der bildungsbürgerlichen Wertegemeinschaft. Entspanntere Beobachter sehen in der Digitalisierung der Kommunikation eine neue Kulturtechnik. Und einige Künstler sind fasziniert von den ästhetischen Aspekten von Smartphone, Computer & Co. Cybill Scott ist so eine Künstlerin. „Surface“ heißt ihre Ausstellung, die heute im Art-Café Mytoro unter dem Harburger Ring eröffnet wird. Vernissage ist um 19 Uhr.
Der Titel ist doppeldeutig. Als Nomen übersetzt sich Surface mit „Oberfläche“, wie die Glasscheibe, über die man ein Smartphone bedient. Als Verb bedeutet es „auftauchen“ oder auch „zutagetreten“, wie etwas, das man neu entdeckt.
So ist ein Teil der Ausstellung eine Serie von zehn Kleinstgemälden im Format 5 mal 9 Zentimeter – den Bildschirmmaßen eines I-phones. „Ich habe da mit digitalem Abfall gearbeitet“, sagt Scott: „Menschen haben mir Bilder, die sie von ihrem Smartphone löschten, zuvor noch einmal auf meines geschickt und ich habe sie abgemalt.“
Durch Malen, Passepartout und Rahmen erscheinen Selfies, Katzen auf Sofas und Bilder von Mahlzeiten auf einmal nicht mehr banal. Eine ähnliche Verdeutlichung durch Verfremdung gelingt mit der Videoinstallation: Auf vier großen Bildschirmen scheinen Hände ein Finger-Ballett zu tanzen. Tatsächlich führen sie nur Smartphone-Bedienungsbewegungen aus – allerdings ohne Smartphone. „Einige dieser Bewegungen ähneln Freundschaftsgebärden der amerikanischen Gehörlosensprache“, sagt Scott.
Scott, 28, studierte Biologie und Kunstgeschichte in New York und Kunst in London. Sie lebt in Den Haag.