Harburg. In Harburg diskutierten Bürger, wie man mit dem „Tag der deutschen Patrioten“ umgehen soll. Nicht alle freut das Verbot des rechten Aufzugs.

Das Spektrum ist bunt: Jungautonome, Alt-Alternative, einige Bürger aus der Flüchtlingsarbeit – gut drei Dutzend Harburger sind in das kleine Kommunikationszentrum in der ehemaligen Sauerkrautfabrik im Schippseeviertel gekommen, um sich zu informieren und auszutauschen.

Das Thema hat es in sich: Der ursprünglich für den 12. September geplante rechtsextreme Aufmarsch „Tag der deutschen Patrioten“ in Hamburg. Zwei Referentinnen des Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus liefern die Hintergründe.

Marina Möller und Sonja Schrader nehmen sich erst einmal den Begriff „Patrioten“ vor, den die Veranstalter verwenden. „Patriot soll harmloser und weniger rechtsradikal klingen, als Nationalist“, sagt Möller.

„Diese Begriffsverschiebung kennt man seit Pegida. So wollen Rechtsradikale gemäßigte Bürger auf ihre Seite ziehen, ohne sie gleich abzuschrecken. Setzt man sich aber mit den Argumenten der so genannten Patrioten auseinander, stellt man fest, dass sie sich in nichts von anderen Rechtsradikalen unterscheiden.“

Dies wollten die Veranstalter auch nicht, erklärt Schrader. Der Aufmarsch in Hamburg sei vielmehr ein Versuch der Rechten, ihre zerstrittene Szene zu einigen. Zum Hamburger Aufmarsch rufen sowohl NPD, als auch so genannte „Freie Kräfte“ auf, dazu käme ein bislang wenig in Erscheinung getretener Hamburger Pegida-Ableger namens Hagida und diverse Hooligan-Bündnisse.

Offizieller Anmelder ist eine Einzelperson: Thorsten de Vries, der, so die Referentinnen, schon in verschiedenen Rollen und Organisationen im rechten Spektrum in Erscheinung getreten ist. Der Verfassungsschutz hat den Aufmarsch als rechtsradikale Veranstaltung eingestuft. Die Behörden rechnen mit 2500 Teilnehmern.

Dabei ist die rechte Szene in Hamburg gar nicht so groß, sagt Schrader: „Die NPD hat 130 Mitglieder in der Stadt, die oft gleichzeitig auch bei den freien Kameradschaften aktiv sind, so dass man die Organisationen nicht einfach addieren kann.“

Dass es dennoch so wirkt, als wachse die rechte Szene ständig, liegt daran, wie sie sich präsentiert. „Die Rechten nutzen soziale Medien viel intensiver, als Linke“, sagt Schrader. Sie sind gut vernetzt und lassen auf jeder ihrer Präsenzen den Eindruck entstehen, als gäbe es besonders viele von ihnen.“

An diesem Abend ist noch nicht bekannt, dass die Hamburger Polizei den „Tag der Patrioten“ untersagt hat. Zur Gegendemonstration wird aber auf alle Fälle aufgerufen. „Wenn ihre Veranstaltung verboten wird, werden die Rechten mit Sicherheit vor Gericht gehen, dann ist wieder alles offen“, sagt Möller. „Darum sollte die Gegendemon­stration auf alle Fälle stattfinden und sei es als Jubeldemo, wenn der rechte Aufmarsch ausfällt.“

Einigen Zuhörern macht das mögliche – und mittlerweile ausgesprochene – Verbot Sorgen: „Wenn der Aufmarsch verboten wird, könnte das doch einige von denen noch weiter radikalisieren“, befürchtet ein junger Punk. Marina Möller stimmt zu, aber die Rechten gewähren zu lassen, fände sie auch problematisch.

Ein anderer Diskutant befürchtet, dass Rechte, die unverrichteter Dinge wieder gen Süden abreisen müssen, ihre Wut an den Flüchtlingsunterkünften rund um den Harburger Bahnhof auslassen würden. Sonja Schrader sieht diese Gefahr nicht: „Diese Leute suchen die direkte Auseinandersetzung mit ihren poltischen Gegnern. Flüchtlinge anzugreifen, wäre ihrem Image schädlich.“

Nach 90 Minuten Vortrag und Diskussion lässt die Disziplin nach. Ende der Veranstaltung. Spätestens bei der Gegendemonstration trifft man sich wieder.