Welche Gaumenfreuden auf dem Land eine Reise wert sind, stellen wir in unserer Sommerserie „So schmeckt der Norden“ vor. Dafür haben wir 20 Landgasthöfe im Hamburger Umland besucht. Im Restaurant des Parkhotels Rosarium in Uetersen wird Spannendes serviert

Elvira Nickmann

Was für viele Menschen schlicht Ur-laub bedeutet, ist für Sabine Lexow Alltag. Wenn sie morgens zu ihrer Arbeitsstelle aufbricht, muss die Geschäftsleiterin des Parkhotels Rosarium in Uetersen nicht weit gehen, denn sie wohnt im Gebäude des Hotels.

Die Strecke, die sie jeden Tag zurücklegt, dürfte trotzdem beachtlich sein, schließlich gilt es in dem großen Betrieb viel zu organisieren und an vielen Stellen nach dem Rechten zu sehen. Über zwölf Stunden kann so ein Arbeitstag lang sein. Ein überdurchschnittliches berufliches Engagement ist Tradition in der Familie. Bereits ihr Großvater, Werner Tantau, eröffnete 1963 den Vorläufer des Parkhotels, das Rosen-Café. Seine Tochter Maren und ihr Ehemann Kurt Lexow, die Eltern der Hotelleiterin, ließen es 1976 abreißen und an dessen Stelle das Hotel errichten. 1986 wurde es durch den Ostflügel erweitert, weitere Umbauten standen in den 2000er-Jahren an. Heute verfügt das Tagungs- und Golfhotel über 4 Sterne, eine Sammlung von rund 5500 Golfbällen aus aller Welt, 42 Gästezimmer, ein Restaurant mit Café und einer schönen Sonnenterrasse. Es ist barrierefrei eingerichtet.

Hinter den Kulissen sorgt das Team mit seinen circa 30 Angestellten – in der Saison bis ein Dutzend mehr – für den Service und das Essen. Die zeitgleiche Zubereitung vieler Gedecke ist eine Herausforderung für Küchenchef Jens Erb und seine Crew, so zum Beispiel beim regelmäßig stattfindenden Dinnerkrimi mit 160 Besuchern. „Da bekommt jede Hand einen Befehl, das geht dann fast wie am Fließband“, sagt er. „Man versucht alles so abzustimmen, dass die Zubereitungszeiten stimmen und das Fleisch ruhen kann“, ergänzt Lexow. Beim Dinnerkrimi gebe es nur 20 Minuten Pause. „Der Gast ist auch gefordert. Er muss schnell essen, das Stück wird langweilig, wenn die Pause zu lang ist“, sagt die Hotelleiterin und lacht. Beim Theaterstück wird auch geschossen, allerdings nicht mit scharfer Munition. Ein amerikanischer Gast jedoch wusste nichts von der Veranstaltung. Er holte die Polizei wegen der vermeintlichen Schießerei. Daher wird vor dem Dinnerkrimi jetzt immer angekündigt: Heute wird geschossen!

Als Küchenchef habe er leider nicht immer die Zeit, die Karte persönlich zu bringen, bedauert Erb. Am Buffet sei er jedoch viel in Kontakt mit den Gästen. Für Allergiker hat er ein Herz und immer glutenfreies Brot im Haus. Ein Rohveganer sei bisher die größte Herausforderung für den leidenschaftlichen Koch gewesen. Überhaupt sei es eine Riesenbandbreite von Menschen und Charakteren, findet Erb.

„Wir haben sehr viele Geschäftsreisende und im Jahr geschätzte 60 bis 70 Hochzeiten“, so Lexow. Trauungszeremonien im Park oder einem der Salons sind begehrt, bis zu 300 Gäste kann so eine Feier haben. „Dann werden sie oft bei uns im Haus untergebracht“, sagt Lexow. Nicht alle Hochzeiten seien so groß, aber spannend. Hochzeitsplanungen sähen immer wieder anders aus, es gebe sogar Dekorateure, die extra dafür kämen. „Die Bräutigame ordnen sich deutlich unter, die Frauen organisieren, wissen ganz genau, was es zu essen geben und wie die Feier ablaufen soll.“ Und die Hochzeitspaare hielten oft besonders gut durch: Vor einigen Wochen sei ein Paar dabei gewesen, das bis sieben Uhr morgens durchgefeiert habe und bereits um zehn Uhr wieder fit zum zweiten Frühstück erschienen sei.

Die Gäste nutzen das Rosarium-Gelände gerne zur Entspannung oder einem Spaziergang. Bäume bieten schattige Plätze, ganze Entenfamilien ruhen am Rand des Wassers, wenn die Sonne heiß vom Himmel brennt. Der Mühlenteich glitzert an solchen Tagen verführerisch. Sabine Lexow weiß noch heute, wie sie manchmal anderen Kindern, die in den Teich gefallen waren, trockene Kleidung zur Verfügung stellen musste.

Im Winter sprangen skandinavische Gäste zum Eisbaden in den See

Das Gewässer ist nur eineinhalb Meter tief, Baden darin eigentlich verboten. Trotzdem kann der eine oder andere Gast nicht widerstehen. Sie erinnert sich mit Schmunzeln an die Skandinavier, die unbedingt eisbaden wollten im Winter – und dann mit nasser Unterhose zurückkehrten ins Hotel. „Um darin zu baden, muss man schon richtig einen in der Krone haben“, weiß Lexow. „Bei den meisten, die im Wasser waren, konnte man das nachher an der Entengrütze sehen.“

Der Mühlenteich ist das Vereinsgewässer eines Schiffsmodellbau-Clubs. Seine Mitglieder treffen sich dort von Mai bis September meist sonntags zum Schaufahren. Dann folgen nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene gebannt dem Schauspiel auf dem Wasser. Zudem liegt auf dem Gelände ein Spielplatz zum Austoben für die Jüngeren.

Sabine Lexow ist für vieles verantwortlich. „Ein Feueralarm, Probleme mit der Tiefkühlung oder dem Fahrstuhl: Alles läuft bei uns auf.“ Entweder sie oder ihre Mutter – eine von ihnen müsse immer da sein. Die Erreichbarkeit rund um die Uhr hat ihre Schattenseiten, auch nachts ist ihr Telefon immer auf Empfang. Wenn Gäste nachts Probleme mit dem Schlüsselcode und keinen Zugang zum Zimmer haben, steht Sabine Lexow auf und behebt das Problem. Sie habe auch schon für einen Reisenden den Notarzt rufen müssen, weil dieser einen Herzinfarkt befürchtete. Privatleben und Schlafbedürfnis werden in solchen Momenten zurückgestellt. „Bei uns ist der Gast König“, fasst Küchenmeister Erb das Engagement zusammen. Lexow ergänzt: „Dafür erlebt man so viel und gerade das macht so Spaß.“

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