Harburg. Das städtische Wohnungsbauunternehmen will trotz großer Raumnot keine Flüchtlingsunterbringung in der Denickestraße

Jeden Tag kommen in der Zentralen Erstaufnahme unweit des Bahnhofs Harburg bis zu 300 Flüchtlinge an. Wegen des großen Andrangs und der erschöpften Raumkapazitäten mussten jüngst weitere Notquartiere in Zeltlagern geschaffen werden. Die Links-Fraktion hatte das gerade wieder zum Anlass genommen, auf die SAGA-Bauten in der Denicke­straße/Thörlstraße hinzuweisen. Die stehen teilweise seit Monaten leer. Sie, wie vom Bezirk vorgeschlagen, für die Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen, lehnt das städtische Wohnungsunternehmen aber weiter ab.

In der vorvergangenen Woche wurde damit begonnen, die ersten Blocks in der Thörlstraße zu entkernen. „Planmäßig“, wie SAGA-Sprecher Dr. Michael Ahrens auf Abendblatt-Nachfrage mitteilte. Die erforderlichen Genehmigungen würden vorliegen und jetzt umgesetzt.

27 von 174 SAGA-Wohnungen an der Denickestraße sind noch bewohnt

Dazu gehört unter anderem, dass Fenster- und Türen samt Zargen ebenso entfernt werden, wie sämtliche Strom-, Gas- und Wasserleitungen. Die bereits entkernten Wohneinheiten jetzt wieder für eine vorübergehende Zwischenunterbringung von Flüchtlingen herzurichten, würde „enorme Kosten verursachen und mindestens sechs Monate der Vorbereitung in Anspruch nehmen“, wie Ahrens noch wissen ließ.

„Angesichts der hinlänglich bekannten und weiter sehr angespannten Lage bei der Flüchtlingsunterbringung ist das Vorgehen der SAGA umso verantwortungsloser“, reagierte Sabine Boeddinghaus, Harburger Fraktionschefin der Linken in der Bürgerschaft mit absolutem Unverständnis: „Jetzt Tatsachen zu schaffen, in dem die Blöcke endgültig unbewohnbar gemacht werden, ist einfach unglaublich.“ Stattdessen würden den Flüchtlingen teilweise untragbare Verhältnisse zugemutet, „ohne ein Zwischennutzungskonzept ernsthaft zu prüfen“.

Das wäre aus Sicht der Linken noch immer möglich. 27 der insgesamt 174 Wohnungen auf dem besagten Areal sind noch immer bewohnt. Laut Ahrens sollen bis Ende August zwar weitere acht geräumt werden. Nach Abendblatt-Informationen gibt es aber Altmieter, die teilweise noch bis weit ins erste Halbjahr 2016 Wohnrecht haben.

Bei dem Neubauprojekt sollen325 neue Wohnungen entstehen

Dass das städtische Wohnungsbauunternehmen eine Zwischennutzung weiter beharrlich ablehnt, wird mit der „dringend notwendigen Schaffung von neuem, zeitgemäßem und bezahlbarem Wohnraum“ in Harburg begründet.

Geplant sei der Neubau von etwa 325 öffentlich geförderten Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 18.500 Quadratmetern (bisher 9900), rund 100 Tiefgaragenstellplätzen und einer Kita. Damit würden auf dem Terrain fast doppelt so viele Wohneinheiten entstehen wie bisher.

Auch bei Bezirksamtsleiter Thomas Völsch hinterlässt die Entscheidung der SAGA einen zwiespältiges Gefühl. Es sei zwar vom Prinzip her richtig, keine potenziellen Wohnungs­- bau­flächen für die Flüchtlingsunterbringung heranzuziehen. Der verfügbare Wohnraum in Hamburg wäre schon jetzt nicht ausreichend. „Dennoch kann man den Argumenten für eine Zwischennutzung der SAGA-Bauten kaum widersprechen“, so Völsch.

Laut SAGA-Sprecher Dr. Michael Ahrens werden sich Vertreter des Unternehmens am Dienstag, 15. September, vor dem Stadtplanungsausschuss der Bezirksversammlung Harburg ausführlich zum Neubauprojekt in der Denickestraße äußern.

Im laufenden Jahr hat die SAGA im Rahmen eines Kooperationsabkommens mit der Stadt „40 obdachlose Interessenten, darunter auch Flüchtlingen, sowie 52 Interessenten mit Dringlichkeitsscheinen mit Wohnraum versorgt“, sagte Sprecher Ahrens noch.

Obwohl der SAGA auch in Moorburg etliche Objekte gehören, bleibt das Elbdorf bei dem Thema außen vor. Aktuell stünden drei Häuser mit vier Wohnungen zur Sanierung an. Diese Häuser seien derzeit jedoch durchweg nicht bewohnbar.