Harburg. Kai Steimer, einer der erfolgreichsten Stand Up Paddler Deutschlands, trainiert fast täglich auf heimischen Gewässern.

Auf einem Surfboard stehen und übers Wasser gleiten. Wer dieses faszinierende Gefühl einmal selbst erlebt hat, den packt oft eine fesselnde Leidenschaft. In Norddeutschland verbindet man mit Surfen meist das Wind- oder Kitesurfen. Manch einer hat im Urlaubwomöglich schon mal das Wellenreiten ausprobiert. Doch auch in Harburg ist das Surfboard nutzbar. Allerdings nur mit einem Paddel: Beim Stand-Up-Paddling auf der Süderelbe oder einem der zahlreichen Seen. Die Bedingungen dafür scheinen nicht allzu schlecht zu sein, schließlich kommt einer der erfolgreichsten Deutschlands von hier und trainiert fast täglich auf heimischen Gewässern.

Kai Steimer studiert an der TU-Harburg Schiffbau. Der 25-Jährige ist Mitglied beim WV Sürderelbe und trainiert dort regelmäßig direkt an der Alten Harburger Elbbrücke. Seit ungefähr drei Jahren nimmt er an Wettkämpfen im Stand-Up-Paddling teil. Und das mit großem Erfolg. „2014 und 2015 bin ich zweifacher Deutscher Meister in den beiden Sprintdisziplinen geworden“, sagt er. 2013 habe es „nur“ zu einem Titel gereicht.

Stand-Up Paddling beim WV Süderelbe mit Kai Steimer
Stand-Up Paddling beim WV Süderelbe mit Kai Steimer © HA | Fabian Grimm

Seit 2006 ist der Sport Sparte des Deutschen Wellenreitverbands. „Seitdem richten wir auch Deutsche Meisterschaften aus“, sagt Thorsten Kegler, Vizepräsident des DWV. Doch nicht nur national, auch international soll das deutsche Stand-Up-Paddling nun professionell organisiert werden. „Ab Januar 2016 werden wir eine offizielle Nationalmannschaft gründen, die dann an den Weltmeisterschaften teilnehmen wird. Kai ist als festes Mitglied dieses Teams eingeplant“, sagt der Vizepräsident weiter.

„Teil der Nationalmannschaft zu sein ist natürlich eine große Ehre. Ich hoffe, dass wir den DWV gut repräsentieren werden und vor allem auch noch mehr Jugendlichen Lust machen können, mit dem Sport anzufangen“, sagt Kai Steimer zu seiner Nominierung. Doch auch persönlich hat der erfolgreiche Harburger Ziele und Träume für seine weitere sportliche Karriere. „Ich möchte eine gute Rolle in der World-Tour spielen und den Sport möglichst professionell betreiben“, erzählt der 25-Jährige. Sogar als olympische Disziplin ist Stand-Up-Paddling im Gespräch: „Bei den Spielen mal dabei zu sein, wäre einfach unglaublich und eine Erfahrung fürs Leben. Am Besten natürlich 2024 in Hamburg!“

Um Spaß an dem Sport zu haben, ist ein solcher Aufwand, wie ihn Kai Steimer betreibt. jedoch nicht nötig. Im Gegenteil, Stand-Up-Paddling eignet sich als Hobby, dass immer mehr Anhänger findet. Und das, obwohl für ein eigenes Board ein gewisses Budget durchaus nötig ist. Ungefähr 1000 Euro müsse man in die Hand nehmen, um haltbares Equipment zu erhalten, erzählt Kai Steimer.

Jürgen Mittag verwundert das wachsende Interesse an dem Stehpaddeln auf dem Wasser dennoch nicht. Der Professor der Sporthochschule in Köln beschäftigt sich unterem mit Freizeitforschung. „Der Stellenwert von Freizeit, Bewegung und Sport ist grundsätzlich gestiegen und damit natürlich auch die Bereitschaft, mehr Geld dafür auszugeben“, sagt er und fügt hinzu: „Freizeit hat einen Erlebnischarakter. Es geht nicht nur um Bewegung oder nur um Erholung, sondern im Idealfall um eine Kombination aus beidem.“

Professor Horst W. Opaschowski ist für den Fachbereich Freizeitpädagogik an der Universität Hamburg zuständig. Er sieht einen ähnlichen Ansatz wie sein Kollege aus Köln. „Wir befinden uns aktuell in einer entspannungsorientierten Freizeitphase. Viele Menschen nutzen Sportarten wie Stand-Up-Paddling, um zur Ruhe zu kommen, fern von Burnout, Hektik und Stress“, sagt er.

Als Ausgleich zur Schule oder zum Beruf kann der Sport also für jeden interessant sein. „Ich hatte schon Kleinkinder als Surfschüler, genauso wie Rentner“, bestätigt Kai Steimer. „Das einzige, was man mitbringen muss, ist gute Laune. Und man sollte schwimmen können. Dann kann wirklich jeder Stand-Up-Paddling lernen“, sagt der Deutsche Meister.

Kurse für Anfänger werden südlich der Elbe allerdings momentan noch nicht angeboten. Ein solches Angebot gibt es zur Zeit beispielsweise auf der Alster. Auch Mitgliedschaften in einem Verein sind ohne eigenes Material derzeit noch schwer zu realisieren. „Wir sind aber dabei, das aufzubauen. Demnächst veranstalten wir ein Stand-Up-Paddeln für alle Kanufahrer unseres Vereins, um einige von ihnen für unseren Sport zu begeistern. Vielleicht kommt das ja gut an, so dass dann auch ein paar Vereinsbretter gekauft werden“, umreißt Kai Steimer seine Pläne. Beim WV Süderelbe freut man sich jedenfalls über die neu integrierte Sportart.

„Das ist noch eine ganz kleine Pflanze, die wir langsam hochziehen wollen. Wir versuchen das zu etablieren und hoffen, dass weitere Paddelbegeisterte aus dem Süden Hamburgs zu uns kommen!“, sagt Gerd Bräuer, Breitsensportkoordinator des Vereins. Hans-Jürgen Grube, Mitglied beim WV Süderelbe ist schon jetzt begeistert: „Ich finde den Sport hervorragend, weil das auch was für ältere Leute ist.“ Früher sei er Kanadier gefahren, doch das würden seine Knie heute nicht mehr mitmachen.

Stehpaddeln ist also auch hier in Harburg möglich. Kai Steimer zeigt, wohin ein solches Hobby in einer noch jungen Sportart führen kann. Besonders als Freizeitsport eignet sich Stand-Up-Paddling aber wirklich für jeden, der beim lockeren Gleiten übers Wasser einfach mal abschalten will.