Luhmühlen. Das Konzept beim ersten A Summer’s Tale-Musikfestival in Luhmühlen war ganz neu und kam beim Publikum bestens an.
Jochen Distelmeyer sitzt entspannt in Omas Wohnzimmer und zieht noch mal schnell an seiner Zigarette. Der Hamburger Musiker, Texter und ehemalige Sänger der Band „Blumfeld“ macht gerade den Soundcheck für seine Lesung, die in wenigen Minuten beginnen soll. Allerdings ist Omas Wohnzimmer in Wirklichkeit ein umgemodelter Container und einer der vielen Auftrittsorte auf dem Musikfestival „A Summer’s Tale“, das in den vergangenen vier Tagen in Luhmühlen mitten in der Lüneburger Heide zum ersten Mal stattfand.
Dass Jochen Distelmeyer bei einem Musikfestival aus seinem ersten Roman liest, ist eher untypisch: Normalerweise steht, wie der Name schon sagt, die Musik im Vordergrund. Beim „Summer’s Tale“ war alles anders. Neben den Open-Air Konzerten, die erst am Nachmittag begannen, wurde den Besuchern jede Menge Programm geboten, bei dem sie selbst aktiv werden konnten.
Allein fünf Sommelier-Workshops wurden angeboten, dazu kamen Bierseminare, Yoga, Tanzkurse von Swing bis Charleston, Grafik, Graffiti und Siebdruck. Wer Lust hatte, konnte ein Fahrrad leihen und die nähere Umgebung erkunden oder machte bei dem heißen Wetter eine erfrischende Kanutour auf der Luhe.
Das neue Konzept des Veranstalters FKP-Scorpio war auch etwas für die große Zahl an Kindern, die mit ihren Eltern angereist waren. Kinderwagen und Buggys wurden überall übers Gelände geschoben.
Die Grundausstattung vieler Besucher waren dementsprechend ein Rucksack, in dem die großen Ohrschützer für die Kids drin waren, dazu natürlich Kekse und Knabberbrot, um akute Hungerattacken zu stillen, Wasserflasche und Sonnencreme. Der Wettergott bescherte den Festivalbesuchern bestes Sommerwetter, nur ein paar durchziehende Regenschauer nachts sorgten für ein wenig Abkühlung.
Vor allem die jungen Besucher amüsierten sich wie Bolle. Der Wassergraben, der sonst der Schreck vieler Springreiter in Luhmühlen ist, wurde kurzerhand zum Planschbecken, am Kinderzelt wurden mit Gips gematscht, hohe Türme aus Holzklötzen gebaut und auch viele Eltern probierten aus, ob sie noch jonglieren konnten.
Der Berline Großstadtindianer Oliver Grimm war extra aus Berlin angereist und zeigte, wie leicht Artistik ist, wenn man den Trick erst mal raus hat: „Ich heiße eigentlich Oliriginell – das ist mein Künstlername“, verriet er, bevor er das Diabolo auf eine Schnur legte und den Anwesenden ein paar atemberaubende Kunststücke zeigte.
Wer auf Artistik keine Lust hatte, kam Nachmittags zum etwas abseits auf einer grünen Wiese gelegenen Luhedeck und entspannte sich beim Yoga oder kam beim Charleston-Crashkurs ins Schwitzen.
Positiv und durchaus anders als bei anderen Festivals war die friedliche, entspannte und familiäre Stimmung. Und so können die Sanitäter auf sehr ruhige Tage zurückblicken, ebenso die örtliche Polizei, die nicht ein einziges Mal gerufen werden musste.
Die 7000 Besucher, fühlten sich sichtlich wohl. Auch Nicole und Stefan Henning, die mit ihren Töchtern Jona und Lotta aus Lüneburg gekommen waren, fanden es super: „Wir sind früher nach Haldern, Roskilde oder in die Lowlands zu Festivals gefahren, das wollen wir jetzt unseren Kindern schmackhaft machen“, sagte Nicole Henning. Den beiden acht und elf Jahre alten Mädels gefiel nicht nur die Action am Kinderzelt, sondern –ganz die Eltern – auch das Konzert der Kinderband „Deine Freunde“.
Vor dem quittegelben Kunstcontainer an der Hauptbühne traten Nina aus Wilhelmshaven und ihr Freund Arne aus Varel in die Pedale. Sie lieferten damit Strom für eine Lichtinstallation im Inneren. Sie waren wegen des Musikprogramms gekommen, nur den Preis, 69 Euro für ein Tagesticket, fand Nina etwas zu teuer.
Allerdings bekam sie dafür auch ihren Lieblingsstar live auf der Bühne geboten: „Damien Rice – und ich war in der ersten Reihe“, strahlte sie verzückt und so lautete ihr Fazit doch noch versöhnlich: „Es war superschön hier.“
Das nächste A Summer’s Tale Festival findet im kommenden Jahr vom 3. bis 6. August statt, der Kartenvorverkauf startet in Kürze.