Jork . Destillateurmeister Arndt Weßel hat mit seiner Edelbrennerei & Spirituosen-Manufaktur „Nordik“ den Geschmack seiner Kunden getroffen.

Arndt Weßel ist Destillateurmeister. Vor vier Jahren erfüllte er sich einen langgehegten Traum: Mitten im Herzen des „Alten Landes“ gründete er eine Edelbrennerei & Spirituosen-Manufaktur. Auf dem Hof von Gerd und Elisabeth Lefers in Jork destilliert er seither erfolgreich verschiedene Obstbrände und Geiste, Gin, Eierlikör und Akvavit – und ist damit einer der wenigen Unternehmer in Norddeutschland, die sich auf die Herstellung von Spirituosen in traditioneller Handarbeit spezialisiert haben.

Handverlesene Früchte, gewachsen und gepflückt von Bauern aus dem Alten Land

Rot leuchtende, knackige Äpfel, leckere Birnen, süßlich-dicke Kirschen und dicke Pflaumen – Arndt Weßel verwendet für seine Spirituosen nur vollreife, handverlesene Früchte, gewachsen und gepflückt von Bauern aus dem Alten Land. „Dass ich damit recht erfolgreich bin, vergesse ich manchmal in meinen schlaflosen Nächten“, sagt der Destillateurmeister. Denn die Herstellung seiner Ware ist mühevoll und langwierig.

Als er sich vor vier Jahren mit seiner Firma Nordik selbstständig machte, teilten und viertelten er und seine Familie die Früchte noch selbst. „Im zweiten Jahr diskutierten meine Kinder dann schon über den Mindestlohn. Im dritten Jahr wurden sie plötzlich ganz fleißig, und mussten in der Erntezeit dringend für Klausuren lernen“, unkt Weßel. Mittlerweile übernimmt die mühsame Arbeit eine Konditorei. „Bei den Äpfeln klappt das auch super. Wenn die Birnen dran sind, stehen wir aber immer noch am Band und zerkleinern und schneiden die Reste des Kerngehäuses per Hand raus.“

Früchte liegen sechs Monate im Destillat

Die fertig vorbereiteten Früchte wandern dann in ein Auffangbecken und liegen ein halbes Jahr lang im Destillat. Danach wird die Flüssigkeit abgelassen, die Fruchtschnitzel werden ausgepresst. Das Ergebnis ist ein Fruchtauszug mit 35-prozentigem Alkoholanteil.

Mit der Arbeit, die Weßel leistet, gehört er zu einem kleinen, erlesenen Kreis: Es gibt nur wenige Destillateurmeister in Deutschland, die meisten von ihnen leben und arbeiten im Süden. Der 49-Jährige hat sein Handwerk ganz klassisch in einer kleinen Manufaktur im ostfriesischen Leer gelernt. Nach seiner Gesellenprüfung arbeitete er fünf Jahre lang als Produktionsleiter für eine Firma, die Handelsmarken herstellt, unter anderem für den Discounter Aldi.

Schließlich landete er in der Spritfabrik Danisco De Danske in Buxtehude, legte dort seine Meisterprüfung ab und leitete 14 Jahre lang den Betrieb. „Dann wurden wir oft verkauft. Erst an ein dänisches Unternehmen, schließlich an Pernod Vicar, die sich auf den Vertrieb von Whisky-Marken fokussierten. Die Akvavit-Leute haben in einer Nische gearbeitet“, erzählt Weßel. Vor vier Jahren verließ er die Firma, kehrte zurück zu seinen Wurzeln. „Die richtige Erfüllung findet man eben erst, wenn man mit seinen eigenen Händen arbeitet“, sagt er.

Skin Gin ist in Hamburger Szene-Kneipen sehr gefragt

2011 wagte er den Sprung ins kalte Wasser, kaufte sich eine Brennanlage, zog damit ins alte Holzkistenlager auf dem Hof der Familie Lefers. „Gerd Lefers hatte das Obst, ich die Anlage – da lag es nahe, dass wir uns zusammen tun“, erinnert sich der Destillateurmeister. Im Dezember 2012 begann er mit der Produktion – „als klassisches Familienunternehmen mit einer One-Man-Show“, sagt Weßel. Mittlerweile beschäftigt er zwei Aushilfen in der Produktion. Ein weiterer Mitarbeiter übernimmt den Vertrieb auf Provisionsbasis, bereist die Gastronomie-Betriebe in der Lüneburger Heide. Viele seiner insgesamt 15 Produkte sind bereits bei inhabergeführten Rewe- und Edeka-Märkten gelistet. Seine neueste Spezialität, der 42-prozentige Skin Gin, ist zurzeit in Hamburger Szenekneipen sehr gefragt. „Der Gin fasst bei uns im Norden immer mehr Fuß“, weiß Weßel zu berichten.

Entwickelt und produziert hat er die Spirituose im Auftrag eines Dänen aus Neuenkirchen, der eines Tages in seinem Laden stand und ihn um Hilfe bat. „Wir haben bestimmt 40-mal zusammengesessen und probiert, bis wir die richtige Rezeptur gefunden hatten“, erzählt der Experte. Herausgekommen ist ein Getränk, dem neben Wacholder auch verschiedenen Zitrusfrüchten sowie Koriander zugesetzt wurde, und das vor allem nach Minze schmeckt.

„Das ist das Besondere an unserem Gin und macht ihn einzigartig.“ In den Genuss kamen kürzlich auch 38 Gäste der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU Stade. Vorsitzender Henning Münnecke hatte zur Verköstigung in die Manufaktur geladen. Ein weiteres Standbein des Jorker Unternehmers sind Brennseminare. Wer Einblicke in die Geheimnisse des traditionellen Obstbrenn- und Spirituosenherstellung erhalten möchte, findet im Internet unter www.nordik-edelbrennerei.de Termine, Besuchszeiten und Kontaktdaten.