Hittfeld. In Anlehnung an die Familienkonzertreihe im Kiekeberg. Letzter Serien-Teil: Familie Uraji aus Hittfeld, die mit Leidenschaft musiziert.

Diesen Wochenplan muss man erst einmal wuppen können: Montag Klavier, Dienstag Schlagzeug, Mittwoch Gitarre und musikalische Früherziehung, Donnerstag Klavier, Gesang, dann Geige und Freitag alle zwei Wochen Gesang. Das ist die Terminplanung von Yoshika Uraji und ihren drei Kindern Yoshio, 14, Naomi, 12, und Yuki, vier Jahre, aus Hittfeld. Woche für Woche. Eine organisatorische Meisterleistung. Denn der Unterricht läuft an unterschiedlichen Standorten: Grundschule Fleestedt, Grundschule Hittfeld, Gymnasium Hittfeld, Kita Fleestedt, Haus der Chöre in Fleestedt und Ramelsloh.

Klavier und Notenständer im Wohnzimmer, Gitarre und Geige an der Wand

Musik bestimmt das Leben der Familie. Wer ihr Wohnhaus betritt, sieht es sofort. Klavier und Notenständer im Wohnzimmer. Gitarre und Geige an der Wand. Stapel von Notenbüchern. Schlagzeug im Zimmer von Sohn Yoshio. Dabei ist die Mutter Yoshika Uraji noch nicht einmal von Beruf Musikerin, sondern Heilerin. Alles begann mit der Verwirklichung ihres Traumes: endlich einmal Klavier spielen zu können. Ein Wunsch, den sie schon als Kind hegte. Die Eltern, der Vater ein Japaner, die Mutter aus der Schweiz, ermöglichten es ihr aber nicht. Stattdessen spielte sie Blockflöte. „Kein Instrument, bei dem mir das Herz aufging“, sagt Yoshika Uraji, 46.

Als sie ihren 40. Geburtstag feierte, dachte sie an die Träume, die sie bislang nicht verwirklicht hatte. „Das Alter war wie eine magische Grenze“, sagt sie. Sie zog Bilanz und blickte auf das, was ihr voraussichtlich noch blieb, entschied, endlich ihren Traum zu verwirklichen und konnte ihren Sohn, damals acht Jahre alt, auch motivieren, Klavierunterricht an der Musikschule Seevetal zu nehmen. Inzwischen sitzen Mutter und Sohn regelmäßig zu zweit am Klavier und spielen vierhändig. Sechs Jahre sind Mutter und Sohn mittlerweile bei dem Instrument geblieben.

Jedes der drei Kinder schickte sie in die musikalische Früherziehung

Irgendwann kam das Schlagzeug für Yoshio dazu. Tochter Naomi konnte sich zuerst auch für das Klavier begeistern, ist inzwischen aber auf Geige und Gitarre umgestiegen. Für alle Instrumente erteilt die Musikschule Seevetal den Unterricht, und die Urajis wurden nicht enttäuscht. „Es ist eine tolle Musikschule mit sehr engagierten Lehrer“, sagt Yoshika Uraji.

Jedes der drei Kinder schickte sie in die musikalische Früherziehung. Ihnen Gute-Nacht-Lieder vorzusingen, war selbstverständlich, auch wenn sie das Gefühl hatte, oft nicht den richtigen Ton zu treffen. Die Kinder später auf die Musikschule zu schicken und ein Instrument lernen zu lassen, war für Yoshika Uraji eine logische Konsequenz. Wenn sie etwas macht, dann richtig. Mit Hilfe der Musik hofft sie, den Kindern etwas fürs Leben auf den Weg zu geben: Disziplin, Konzentration und Zielstrebigkeit. „Die Kinder merken, dass sie etwas erreichen können und das überträgt sich auf andere Lebensbereiche“, sagt sie.

Nur der Vater musiziert nicht. Er würde gern, aber ihm fehlt die Zeit

Nur der Vater musiziert nicht. Er würde gerne, hat als Jugendlicher im Chor gesungen, Flöte gespielt und für kurze Zeit das Schlagzeug für sich entdeckt. Es fehlt dem selbstständigen Versicherungsmakler aber an Zeit. Aber er konsumiert und das gern und viel: U2, Level 42, Rolling Stones, David Guetta, Avicii. Er steht hinter der Idee, den Kindern das Erlernen von Instrumenten zu ermöglichen. „Das Schöne ist ja, wenn man einmal das Noten lesen gelernt hat, kann man immer darauf aufbauen“, sagt Lars Dürdoth, 50. „Wir können nur die Basis legen. Was die Kinder daraus machen, bleibt ihnen selbst überlassen.“

Es ihnen zu ermöglichen, heißt aber auch, immer wieder Kämpfe auszutragen. Da Yoshika Uraji ihre Kinder jede Woche zum Unterricht fährt, teure Instrumente kauft, alles tut, um ihren Kindern das Hobby zu ermöglichen, verlangt sie auch Eines: dass sie üben. Deshalb wird, abgesehen von den Tagen, an denen die Kinder zum Musikunterricht gehen, täglich die Eieruhr gestellt. Pro Instrument 15 Minuten.

Nichts, was sich Kinder sehnlichst wünschen. Aber es ist ein festes Ritual in der Familie. Und so nervig die Kinder das Üben manchmal auch finden, letztlich macht ihnen das Spielen auch Spaß. „Wenn sich das Stück schön anhört und ich merke, dass ich es schaffe, es zu spielen, ist es ein schönes Gefühl“, sagt Naomi.

„Wenn Naomi ihre Geige spielt, kommt sie zu ihrer Mitte zurück.“

Beschwingt komme ihre Tochter oft aus dem Gesangsunterricht, Kopfschmerzen seien wie weggeblasen, sagt Yoshika Uraji. „Wenn Naomi ihre Geige spielt, kommt sie zu ihrer Mitte zurück.“ Auch für den Sohn Yoshio ist ans Aufhören nicht zu denken. Es entspannt ihn, Schlagzeug oder Klavier zu spielen. Mittlerweile hat die Familie das gemeinsame Musizieren für sich entdeckt – Waltz von Brahms, Musette von Bach. Mutter und Sohn versuchten sich auch im vierhändigen Spiel vom Tschaikowsky-Marsch. Yoshika Uraji sieht das auch als Möglichkeit, weiter einen guten Draht zu ihren Kindern – durch die Pubertät hindurch – zu halten. „Die Zeit, in der wir zusammen wohnen und nebeneinander am Klavier sitzen können, ist so kostbar“, sagt sie.

Nun ist sie gespannt, was sie mit ihrer jüngsten Tochter Yuki, die in musikalischer Früherziehung unterrichtet wird, noch alles erleben und für welches Instrument sie sich entscheiden wird. Für Yoshika Uraji selbst steht jedenfalls fest: „Musik macht mich glücklich.“

Musikwerkstatt anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Reihe Familienkonzerte am Sonntag, 21. Juni, 10 bis 18 Uhr, im Freilichtmuseum am Kiekeberg. Es treten Chöre und Ensembles auf, darunter auch die Musikschule Seevetal. Instrumenten-Slalom mit Blech- Holz-, Streich-, Schlag-, Tasten- und Zupfinstrumente zum Probieren. Familienkonzert „Der Teufel mit den goldenen Löckchen“, 11.15 Uhr, im Hof Meyn. Karten für das Familienkonzert inklusive Museumsbesuch 13 Euro pro Person. Reservierung unter Telefon 040/79 01 76 25