Am Mühlentag feierten Wilhelmsburger ihre „Johanna“. Dass es sie gibt, ist letztlich dem Dickkopf eines örtlichen Landadligen zu verdanken.
Dass Wilhelmsburger selten tun, was man ihnen sagt, merkt auch Carsten Schmidt: Kaum bittet der Vorsitzende des Wilhelmsburger Windmühlenvereins die Gäste des Mühlenfestes ihre Plätze nicht zu verlassen, weil das Programm gleich weitergeht, stehen die Leute auf und holen sich Kaffee. Andererseits: Dass Wilhelmsburger selten tun, was man ihnen sagt, ist auch der einzige Grund, warum es hier eine Mühle zu feiern gibt: Ritter Otto X. Grote errichtete die erste Wilhelmsburger Windmühle vor 430 Jahren gegen den Willen des Herzogs. Der saß nicht weit weg in Harburg und wollte, dass die Wilhelmsburger dort in der Schlossmühle mahlten.
Doch Sturheit sticht und deshalb haben die Wilhelmsburger seit 1575 ihre eigene Mühle. Die Windmühle, die gestern gefeiert wurde, ist allerdings nicht ganz so alt, sondern steht erst seit 140 Jahren hier. Als sie 1875 als so genannter Galerieholländer errichtet wurde, befand sich der Windmühlenbau auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung – und entwickelte sich auch nicht mehr weiter, denn längst war Dampf die Kraft, die moderne Maschinen antrieb.
Alte Mühlen öffenen ihre Türen
Am Pfingstmontag öffnen jedes Jahr in ganz Deutschland alte Mühlen ihre Türen, um zu zeigen, wie einst mit ihnen gearbeitet wurde und um Spenden zu sammeln, damit sie weiter erhalten werden können. Von den acht historischen Mühlen in Hamburg beteiligten sich in diesem Jahr vier am Mühlentag, im südlichen Umkreis Hamburgs luden acht Wasser- und Windmühlen ein.
„Wir öffnen die Mühle auch zwischen den Mühlenfesten regelmäßig: Einmal im Monat ist Mahl- und Backtag und Gruppen können die Mühle nach Absprache besichtigen“, sagt Schmidt. Wer einen besonderen Ort zum Heiraten sucht: Das Erdgeschoss der Mühle ist anerkanntes Trauzimmer und kann mit dem Wilhelmsburger Rathaus und dem Heimatmuseum locker mithalten, wenn es um romantisches Ambiente geht.
Etwa 2000 Wilhelmsburger kamen zur „Johanna“
Die vielen Aktivitäten des Mühlenvereins über das Jahr, die vorausgegangene Sanierung der Mühle im ausklingenden Jahrtausend und die stetige Erweiterung des Gesamtkomplexes erfordern viel ehrenamtliche Arbeit im Mühlenverein. Deshalb war die Ehrung besonders fleißiger Vereinsmitglieder am Mühlentag ein wichtiger Punkt in der Festordnung: Reinhold Hack und Gerhard Wendt wurden zu Ehrenmüllern ernannt. Der gelernte Tischler und pensionierte Berufsfeuerwehrmann Hack hat sich lange und intensiv um die Technik der Windmühle gekümmert. Wendt unterstützte den Vereinsvorsitzenden immer wieder, wenn der Arbeit zu verteilen hatte. „Es gibt nichts, um das ich Gerhard Wendt je gebeten habe, was er nicht bewältigt hätte. Er kann – glaube ich – alles“, sagte Carsten Schmidt in der Laudatio.
Im Laufe des Mühlentages kamen gut 2000 Wilhelmsburger, um ihre „Johanna“ – so heißt die Windmühle, nach der Ehefrau des letzten Müllers – zu besuchen. Der Tag begann mit einem ökumenischen Gottesdienst und endete mit Rock und Oldies. Ein Stadtteiflohmarkt und Kunsthandwerkerstände rundeten das Programm ab. Neben der Mühle selbst ist seit zwei Jahren auch das Backhaus – vor zwei Jahren im Zuge der internationalen Bauausstellung nach historischem Vorbild errichtet – eine der Attraktionen, erst recht bei den monatlichen Mahl-und Backtagen.