Wilstorf. Grundschüler der Katholischen Schule Harburg beteiligen sich an großem Kunstprojekt der Hamburger Deichtorhallen
Anfang dieser Woche hat sich die Mehrzweckhalle der Katholischen Schule Harburg am Reeseberg in ein riesiges Atelier verwandelt. Auf drei Riesenleinwänden tummeln sich etwa 40 Erst- und 20 Viertklässler, um sich in einem kreativen Gewusel dem Maler-Genius Pablo Picasso auf ihre eigene, ganz kindliche Art zu nähern.
Zur Wiedereröffnung der nördlichen Deichtorhallen in Hamburg gibt es seit Mittwoch eine Ausstellung mit dem Titel „Picasso in der Kunst der Gegenwart“ (das Abendblatt berichtete). Laut Direktor Dirk Luckow, ist es „die komplexeste Ausstellung“, die die Deichtorhallen je präsentiert haben. Zu sehen sind 200 Bilder, Skulpturen, Fotografien und Installationen von 89 internationalen Künstlern, aber nicht ein einziger echter Picasso.
Wir wollen vor allemLust auf Kunst machen
Darum gehe es aber auch gar nicht. Ganz im Gegenteil habe man bewusst auf Picasso-Werke verzichtet. Zum einen, weil dessen Schlüsselbilder eh nicht ausgeliehen würden, sich zum anderen aber genügend Künstler in ihrem Schaffen auf Picasso bezögen. „Viel mehr wollen wir Lust auf Kunst machen, die verführt und ein Augenschmaus ist“, so Luckow.
Dass das schon bei den Jüngsten funktioniert, dafür ist das Picasso-Projekt, eine Kooperation der Deichtorhallen mit dem Kulturforum 21 des Katholischen Schulverbandes Hamburg, ein beredtes Beispiel. An 15 Schulen haben Kinder verschiedener Altersklassen je acht Quadratmeter große Leinwände bemalt.
Ausgangspunkt und Inspirationsquelle ist das großformatige Gemälde „Guernica“, eines der bedeutendsten Picasso-Werke überhaupt. Es entstand als Reaktion auf die Zerstörung der spanischen Stadt Gernika 1937 durch den Luftangriff der deutschen Legion Condor während des Spanischen Bürgerkrieges.
Bedenken, dieses ernsthafte Thema könnte die Erstklässler der Katholischen Schule Harburg womöglich überfordern, zerstreute Melanie Jürges, Klassenlehrerin der 1c: „Die Kinder haben sich das Bild eher über die einzelnen Figuren erschlossen, als über den Gesamtkontext.“ Das Augenmerk habe auf dem kubistischen Gestaltungskonzept gelegen, dem Muster und der Struktur des Gemäldes.
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Entsprechend wurden auch die Elemente gewählt, die die Schüler bei ihrem Picasso-Projekt verwenden sollten. Für die Klasse 1c sind es Tiere, für die 1d Obst und Gemüse, für die 4a Musikinstrumente. Sie sollten durch die jungen Künstler in einer ähnlichen Weise komponiert werden, wie die von Picasso verwendeten Einzelmotive.
„Am Anfang fand ich das nicht so toll, weil Instrumente ja nicht so leicht zu malen sind“, gestand die zehnjährige Sonja: „Doch als wir sie nachher bunt übermalen durften, war das echt cool.“ Das bestätigt auch ihr Klassenkamerad André. „Zwar hatten Erstklässler mein Saxofon am zweiten Tag übermalt. Also hab ich noch eine Querflöte dazu gemalt. Mit so vielen anderen Kindern an einem großen Bild zu malen war aber doch toll“, so der Zehnjährige.
Innerhalb einer Stunde ist einvöllig anderes Bild entstanden
„Die Schüler haben sich dieser Aufgabe mit bewundernswerter Offenheit und Kreativität gestellt“, sagt Jörn Burmeister, einer von zwei Künstlern, die den drei Klassenlehrerinnen bei der Realisierung des Projekts zur Seite standen.
Wie sehr das große Gemeinschaftswerk in einen gestalterischen Prozess gemündet sei, habe sich auch darin offenbart, wie schnell sich die Malerei auf der Riesenleinwand verändert habe. „Innerhalb einer Stunde ist es ein komplett anderes Bild geworden“, so der studierte Illustrator, der parallel auch als Fotograf und Grafiker arbeitet.
Das Picasso-Projekt
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Als willkommene Bereicherung des eigenen künstlerischen Schaffens sieht auch seine Mitstreiterin Sylvia von Pock das Picasso-Projekt. „Es ist schon hoch spannend, mit wie viel Freude und Fantasie sich die Kinder in die Aufgabe gestürzt haben“, sagt die Künstlerin, während sie immer wieder neue Farbe an die Schüler verteilt.
Dabei sollen die drei Werke final alles andere als bunt werden. In Anlehnung an das Picasso-Original „Guernica“ soll schwarz-weiß-grau die dominierende Farbgebung sein. „Doch auch das Mischen der Farben hat viel Spaß gemacht, weil sich so viele verschiedene Töne ergeben haben, die auch Grau und Schwarz sehr verändert haben“, sagt Sonja.
Die großformatigen Werke der Schüler des Katholischen Schulverbandes sollen jetzt zeitnah an verschiedenen öffentlichen Plätzen, unter anderem im HSV-Stadion, aufgehängt werden, um so auf besondere Weise für die große Picasso-Ausstellung in den Deichtorhallen zu werben, die noch bis 12. Juli zu sehen sein wird.