Bewohner der Umgebung diskutierten zwar sachlich mit Behördenvertretern über die derzeit laufenden Vorbereitungen der Flüchtlingsunterbringungen. Aber Kritik an der Entwicklung war nicht zu überhören.
Harburg. Zum 27. April soll die neue, zusätzliche Zentrale Erstaufnahme für Flüchtlinge mit Namen „Neuland“ an der Schlachthofstraße 20b fertiggestellt sein und in Betrieb genommen werden. Die ZEA wird in 112 Wohncontainern Raum für bis zu 448 Menschen bieten.
Außerdem wird derzeit das frühere Polizeigebäude an der Nöldekestraße in den Etagen eins bis drei umgebaut. Dort sollen ab Anfang Juni insgesamt 36 minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge untergebracht werden (wir berichteten).
Bezirksamtsleiter Thomas Völsch, die Projektleiterin der Innenbehörde, Karen Jäger und der für Jugendeinrichtungen zuständige Geschäftsführer des Landesbetriebs Erziehung und Beratung (LEB) berichteten beim Informationsabend des Bezirksamts im Hörsaal des Elbcampus zu beiden aktuellen Unterbringungsvorhaben für Flüchtlinge im Bezirk Harburg.
Etwa 100 Bewohner der Umgebung nahmen teil und Bezirksamtsleiter Thomas Völsch dankte am Ende der Veranstaltung für die weitgehend sachlich geführten Diskussionen über das Für und Wider der Flüchtlingsunterbringung im Bezirk. Hinter derzeitigen Projekten stünden Senatsbeschlüsse vom vergangenen September. Bei den Entscheidungen habe die schnelle Bebaubarkeit von städtischen Flächen im Vordergrund gestanden.
Während des Jugoslawienkriegs (1991-2001) wurden im Bezirk Harburg etwa 3000 Flüchtlinge beherbergt. Nun lassen Kriege und Konflikte im nahen und mittleren Osten, insbesondere Syrien, die Flüchtlingszahlen wieder steigen. Derzeit leben im Bezirk Harburg etwa 1700 Flüchtlinge – Tendenz steigend.
Bezirksamtsleiter Thomas Völsch machte – wie auch schon in der Sitzung der Bezirksversammlung – deutlich, dass Flüchtlingen, von denen etwa die Hälfte dauerhaft in Deutschland bleiben werden, ein vernünftiges Dach über dem Kopf geschaffen werden soll.
Derzeit werde nach Unterbringungsmöglichkeiten im vorhandenen Bestand gesucht, nach geeigneten Flächen für Neubauten und es werde eine ausgewogene Verteilung der Flüchtlinge auf das gesamte Stadtgebiet angestrebt. Das sei Inhalt der Verhandlungen in der Lenkungsgruppe der Bezirksamtsleiter und des Bürgermeisters.
Die Bürgerinitiativen „Neuland und Wetternstraße“ finden von politischer Seite Unterstützung in ihrer Forderung, die laufende Verdichtung von Flüchtlingsunterkünften rund um die ZEA im Postgebäude an der Harburger Poststraße, an Schlachthofstraße und Lewenwerder nicht noch weiter voranzutreiben. Bürger fordern kleinteilige Wohnquartiere für Flüchtlinge, weil örtliche Bewohner ansonsten keine Integration leisten können.
Karen Jäger, in der Innenbehörde zuständig für die Zentrale Erstaufnahme, erklärte, dass Flüchtlinge während ihres bis zu drei Monate dauernden Aufenthalts in der ZEA unter anderem mit Verpflegung voll versorgt werden und die gesetzlichen Vorgaben der Unterbringung nur in großen Einrichtungen zu leisten seien.
Klaus-Dieter Müller, Chef des Landesbetriebs Erziehung und Beratung schilderte die Situation von Jugendlichen bis 18 Jahre, die unbegleitet von ihren Eltern nach Hamburg kommen. Auch sie durchlaufen nach Ankunft die Erstversorgung mit Registrierung und Asylverfahren, gerichtlicher Zuweisung eines Vormunds, Versorgung in der Unterbringung, Teilnahme an Sprachkursen bis zur Anmeldung in einer Schule.
Die im ehemaligen Wilstorfer Polizeigebäude an der Nöldekestraße 17 zusätzlich neu eingerichtete Erstversorgung wird sich von anderen Einrichtungen ihrer Art abheben. Die drei Etagen mit ihren 36 Unterbringungsplätzen mietet die Stadt vom Hauseigentümer Sönke Dobat. Der richtet, wie er in der Info-Veranstaltung erklärte, pro Etage eine Küche ein, in der sich die Jugendlichen selbst versorgen können. Sie bekommen also kein Fertigessen.
Dobat: „Das Haus wollte ich ursprünglich zur reinen kulturellen Nutzung ausbauen. Inzwischen sind bereits neun Einzelgruppen im Haus. Die Musiker freuen sich schon auf künftige Bewohner und bereiten sich auf ein Begrüßungskonzert für Ende Mai vor.
Torsten Fuß (SPD) berichtete wegen der Jugendlichen von Ängsten in Wilstorf. Bewohner würden sich nachts dann nicht mehr auf die Straße trauen. Er sprach sich auch gegen die Verdichtung der Wohnunterkünfte im Harburger Kerngebiet aus. Fuß: „Noch unterstützen viele Harburger die Unterbringung der Flüchtlinge. Aber das kann kippen.“
An der Schlachthofstraße 20b wird derzeit die „ZEA Neuland“ gebaut. Lastwagen liefern am laufenden Band die Wohncontainer an.