Mal werden 30 Menschen pro Tag ankommen, mal 50. Nächste Woche ist das Wohnschiff Transit dann komplett belegt. 216 Menschen wohnen dann am Kanalplatz. Luxus erwartet die Bewohner nicht.
Harburg. Halb neun im Harburger Binnenhafen. An Bord der Transit sind alle schon ganz hibbelig. Demnächst sollen auf dem Wohnschiff die ersten Flüchtlinge einziehen. Wann genau, weiß weder das Sozialarbeiterteam um Kim Hahn, Claudia Weiß und Jörg Wedel, noch Beate Schmid-Janssen, Leiterin des Geschäftsbereichs Wohnen beim Landesbetrieb Fördern und Wohnen.
Immer wieder blicken sie, einer der Sozialarbeiter oder der Wachmann durch die Tür auf den Kai. Dort sehen sie aber nur die Fahrzeuge der Baufirmen, die immer noch in und um das Wohnschiff beschäftigt sind.
Um neun Uhr ist es soweit: Ein Großraumtaxi fährt vor. Vier Männer steigen aus. Der Taxifahrer öffnet die Heckklappe. Die Männer laden aus: Jeweils eine richtige Tasche oder einen Koffer, der Rest der Habe steckt in großen blauen Plastiksäcken, wie bei vielen Umzügen.
Kim Hahn, Claudia Weiß und Jörg Wedel kommen die Gangway herunter und begrüßen die Leute. Dann helfen sie ihnen, die Koffer und die Säcke an Bord zu bringen. Um fünf nach neun haben zum ersten Mal nach neun Jahren wieder Flüchtlinge in Hamburg ein Wohnschiff bezogen.
Im Laufe des Vormittags kommen noch weitere. Familien, Alleinerziehende, Frauen, Männer. Bald stauen sich die blauen Säcke vor der Tür. Etwas über dreißig Menschen beziehen heute die Kabinen auf der Transit. So wird es über die nächsten Tage weiter gehen. Mal werden 30 kommen, mal 50. Nächste Woche ist das Schiff dann komplett belegt.
216 Menschen wohnen dann am Kanalplatz. Trotz bester Lage im In-Quartier Binnenhafen: Der pure Luxus erwartet die Bewohner nicht: Jede Kabine auf der Transit ist 12 Quadratmeter groß und für die Belegung mit zwei Personen vorgesehen. Für Familien sind jeweils zwei oder drei Kabinen mit Zwischentüren verbunden.
Mit je zwei Betten, einem Schrank, einem Tisch und zwei Stühlen wirken die Kabinen schon ohne Bewohner eng. Toiletten und Duschen werden gemeinschaftlich genutzt. Auf jedem der drei Decks gibt es je einen Damen- und Herrenduschraum mit mehreren Kabinen sowie je zwei Toilettenanlagen pro Geschlecht.
Auch gekocht wird in Gemeinschaftsräumen: In jeder Pantry stehen drei Herde, eine Pantry steht für 15 bis 20 Menschen zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es mehrere Gemeinschaftsräume pro Deck.
Vor den Schiffsbewohnern stehen jetzt einige Aufgaben. In den Erstaufnahmen waren sie mehr oder weniger rundum versorgt. Es gab Essen, Kleidung und ein Taschengeld. Das Schiff ist eine Folge-Einrichtung. Über die Asylanträge der Transit-Bewohner ist bereits entschieden worden, sie dürfen in Deutschland bleiben.
Außerhalb der Erstaufnahme dürfen und müssen sie sich nun selbst versorgen. Dafür steht ihnen Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu. Die muss allerdings erst einmal beantragt, bewilligt und ausgezahlt werden.
Dabei helfen nicht nur die Sozialarbeiter. Im Harburger Binnenhafen hat sich eine Unterstützergruppe aus Anwohnern und anliegenden Unternehmern gegründet, die den neuen Nachbarn unter die Arme greifen will. Fast 150 Leute machen mit, aufgeteilt in Fach-Arbeitsgruppen.
„Wir haben schon vier Anfragen für Amtsbegleitungen“, sagt Werner Pfeifer von der Flüchtlingsinitiative Binnenhafen. Die Initiative arbeitet eng mit der Sozialarbeitercrew auf dem Schiff zusammen. Auch die Harburger Behörden wurden durch die Sozialarbeiter schon darauf vorbereitet, dass sie in nächster Zeit schnell viele Anträge bearbeiten müssen.
Die Flüchtlingsinitiative plant eine Willkommensaktion. „Über die nächsten Wochen verteilt werden wir mehrere Treffen für die Flüchtlinge anbieten“, sagt Andreas Behn, Inhaber der Kaffeerösterei Fehling, „damit wir feststellen können, welche Bedarfe überhaupt da sind, wie wir helfen können und an welche Ansprechpartner wir die Leute vermitteln.“
Gut wäre es, so Behn, wenn sich Sprachmittler bei der Gruppe melden könnten, „aber erst einmal müssen die Leute hier in Ruhe ankommen.“