Viktoria Pawlowski betreibt Politik mit sehr viel Engagement und Idealismus. Jetzt will sie in die Bürgerschaft – für die FDP
Harburg. Für den Boulevard war sie im Mai vergangenen Jahres „das schönste Gesicht des Wahlkampfes“ zu den Bezirksversammlungen. Mit 23 Jahren ist Viktoria Pawlowski jedenfalls die jüngste Abgeordnete im Harburger Parlament. Im Vorfeld der Bürgerschaftswahlen Mitte Februar sprach das Abendblatt mit der Politikstudentin aus Langenbek über die Erfolgschancen für ihre FDP, die diskriminierende Frauenquote und ihre unerschütterliche Liebe zu Harburg.
Hamburger Abendblatt:
Frau Pawlowski, können Sie uns in drei Sätzen sagen, warum ist es in Harburg so schön ist?
Viktoria Pawlowski:
Wie, nur drei Sätze? Das geht ja gar nicht! Für mich ist der Bezirk eine unentdeckte Perle. An der Außenmühle, in der Fischbeker Heide, im Binnenhafen ist Harburg sehr familiär, fast dörflich. Dort gibt es viele geheime Orte, an denen es nicht hektisch und nicht laut ist, so wie im unmittelbaren Zentrum, das auf viele sehr urban und spröde wirkt. Doch Harburg will entdeckt und erobert werden. Die Chance wäre durch IBA und IGS da gewesen. Doch leider ist der Sprung über die Elbe als Bauchklatscher im Binnenhafen geendet.
Die bevorstehende Bürgerschaftswahl wurde zuletzt oft zur Schicksalswahl für ihre Partei stilisiert. Teilen Sie diese Skepsis?
Pawlowski:
Überhaupt nicht. Trotz der sehr schwierigen Ausgangslage durch das Ausscheiden aus dem Bundestag stehen unsere Chancen in Hamburg nicht so schlecht. Die jüngsten Umfragen prognostizieren für uns vier Prozent. Das ist doppelt so viel wie vor dem Jahreswechsel. Und glauben Sie mir, da geht noch mehr.
Haben Sie keine Angst, dass sie die Neuen Liberalen entscheidende Stimmen kosten könnten? CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer prophezeit sogar, FDP und Neue Liberale würden sich gegenseitig pulverisieren.
Pawlowski:
Kann ich mir gut vorstellen, dass er davon träumt. Wir fürchten die Neuen Liberalen jedenfalls nicht. Sie sind ein Sammelbecken der Enttäuschten, haben aber keine echte Basis. Wie liberal sie wirklich sind, müssen sie doch erst einmal beweisen. Das Nachtreten und schmutzige-Wäsche-waschen halte ich für stillos. So etwas macht mich nicht nur zornig, sondern auch kampfbereit. Wir haben keine Scheu, mit ihnen in eine offene Auseinandersetzung um Themen und Inhalte zu treten. Ihre Wahlplakate finde ich schon mal durchweg ziemlich langweilig.
Apropos Wahlplakat. Neider sagen, ohne Ihr hübsches Wahlplakat wäre Ihnen der Wiedereinzug in die Harburger Bezirksversammlung nie gelungen.
Pawlowski:
Erst mal muss ich sagen, dass ich vom Wahlergebnis selbst überrascht war. Ich habe immerhin 1936 Persönlichkeitsstimmen bekommen, stand auf der Bezirksliste aber nur auf Platz vier. Das Plakat entsprang übrigens echtem Teamwork. Der Slogan „vernünftig, verlässlich, verliebt – in Harburg“ stammt zum Beispiel von meiner Schwester Mirja und wurde von der ganzen Familie abgesegnet. Klar haben wir damit gespielt, dass ich jung und eine Frau bin. Und blond ist nun mal meine natürliche Haarfarbe, so viel Authentizität muss schon gestattet sein. Ansonsten: Ein Mandat zu erhalten, ist eine Sache. Es auch auszufüllen, eine andere. Ich versuche das mit größtmöglichem Einsatz. Das wird mir kaum jemand ernsthaft absprechen.
Andere in Ihrem Alter gehen auf Partys, treffen sich mit Freunden und genießen das Leben. Wie viel Zeit opfern Sie Ihren politischen Ambitionen?
Pawlowski:
Es dürften 50 Prozent meiner Freizeit sein. Ich würde aber nie von einem Opfer sprechen. Es ist genau das, was ich machen möchte. Ich finde es überaus spannend, mich für meine Heimat zu engagieren. Mein Antrieb war und ist immer, mitgestalten zu wollen. Der Hamburger Norden hat Harburg doch noch immer nicht im Blick. Allein das zu ändern, ist Anreiz genug.
Stünden sie vor der Wahl einer Zukunft als Berufspolitikerin oder als Model, wofür würden Sie sich entscheiden?
Pawlowski:
Für keines von beiden. Ich möchte nah am Leben und an den Problemen der Menschen in meiner Heimat bleiben. Insofern wäre ich in Berlin nicht gut aufgehoben. Und was, bitte, soll ich auf dem Catwalk? Da muss man ja nur aussehen und hat nichts zu sagen.
Geht es so nicht auch mancher „Quotenfrau“?
Pawlowski:
Schönes Stichwort! Ich finde diese ganze Diskussion völlig absurd und obendrein diskriminierend. Ich will doch nicht auf einem bestimmten Posten landen, nur weil ich eine Frau bin, sondern einzig und allein für das, was ich wirklich kann. Diese Quotenregelung sät von vornherein Zweifel an Kompetenz und Güte der Kandidatinnen, das kann ja wohl nicht ernsthaft gewollt sein. Frauen können tatsächlich ebenso viel leisten wie Männer – wenn man sie nur lässt.
Wie sind Sie zur FDP gekommen?
Pawlowski:
Eigentlich durch die politische Bildung in der Schule. Das hat den Wunsch in mir geweckt, mich einzubringen. Ich habe dann Infomaterial aller Jugendorganisationen angefordert, um mich zu orientieren. Wenn man anfängt zu stricken, schaut man ja auch erst einmal nach der besten Wolle. Die Grundpositionen der Julis fand ich letztlich am überzeugendsten.
Ihre Eltern auch?
Pawlowski:
Sie sind parteilich nicht gebunden. Mich unterstützen sie aber, wo sie nur können.
Gibt es ein liberales Idol?
Pawlowski:
Ganz klar, Hans-Dietrich Genscher. Er ist innerhalb der Partei schnell aufgestiegen, hat dabei aber den Blick für seine Heimat nie verloren. Und er ist noch heute eine weit über Deutschland hinaus hoch geschätzte Institution.
Wann hatten Sie zuletzt die größten Zweifel, ob Sie tatsächlich in der richtigen Partei sind?
Pawlowski:
Solche Zweifel hatte ich nie. Liberalität ist wichtig für jede Gesellschaft. Hierzulande werden wir aber auch als Korrektiv für die Politik der Großen gebraucht, um immer wieder den Blick für die Realitäten zu schärfen. Was ich sehr an meiner Partei schätze: Es gibt keine Denkverbote, alles darf gesagt, alles darf diskutiert werden. Und ich muss mir auch keine Pressemitteilung von oben absegnen lassen.
Welche sind aus Ihrer Sicht die liberalen Hauptthemen in Hamburgs Süden?
Pawlowski:
Die Verwaltungsstrukturen müssen im Interesse der Bürger transparenter werden. Dann natürlich der Verkehr, angefangen von der Optimierung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zu sinnvollen Lösungen für den Schwerlastverkehr. Ganz wichtig ist natürlich auch ein sozialverträglicher Umgang mit der Flüchtlingsunterbringung. Die Ballung solcher Unterkünfte in einem schwierigen Sozialraum wie Harburg-Kern kann nicht die ultimative Lösung sein, da muss ein anderer Verteilungsschlüssel her. Und auch eine vernünftige Integration bleibt natürlich ein Schwerpunkt.
Wie wichtig ist die Präsenz einer Kommunalpolitikerin in den sozialen Netzwerken?
Pawlowski:
Die Bedeutung hat enorm zugenommen. Im Netz präsent zu sein, ist für den Erfolg als Partei, wie als einzelner Abgeordneter inzwischen elementar. Schneller, direkter und transparenter kann man die Bürger, die ja immer auch Wähler sind, kaum erreichen. Unsere Spitzenkandidatin Katja Suding hat es innerhalb kürzester Zeit auf fast 7700 Likes gebracht. Damit liegt sie sogar weit vor Bürgermeister Olaf Scholz, der jüngst gerade erst die 7000er-Marke geknackt hat. Auch das stimmt uns im Hinblick auf die Wahl Mitte Februar sehr optimistisch.