Vorschlag aus Wilhelmsburg: Die U4 soll als Stadtbahn auf der stillgelegten Bundesstraße über die Elbinseln fahren
Wilhelmsburg. Das Senatskonzept „Hamburgs Sprung über die Elbe – Zukunftsbild 2013+“ lässt offen, wie der öffentliche Personennahverkehr die erwarteten zusätzlichen 12.000 Menschen in den 4000 neuen Wohnungen in Wilhelmsburg aufnehmen soll. Der Politikwissenschaftler Michael Rothschuh aus Wilhelmsburg schlägt deshalb vor, die U4 als Stadtbahn oberirdisch auf der jetzigen Trasse der Wilhelmsburger Reichsstraße entlang zu führen, wenn die Bundesstraße voraussichtlich 2019 verlegt wird.
Den Vorschlag hat Michael Rothschuh bei der öffentlichen Anhörung des Hamburger Stadtplanungsausschusses zu dem Senatskonzept „Sprung über die Elbe“ in die Diskussion gebracht. U-Bahnzüge würden mit einem zweiten Stromabnehmer ausgestattet, damit sie ebenerdig auf einer eigenen Fahrspur auf der Straße und unterirdisch im Tunnel fahren können. Derartige Verkehrssysteme existieren bereits. Der Wilhelmsburger nennt die Stadt Hannover als Beispiel.
Bereits im Februar war die Handelskammer Hamburg mit der Idee an die Öffentlichkeit gegangen, die U-Bahn mit einem Stromabnehmerbügel auf dem Dach zu versehen, so dass sie mal im U-Bahntunnel, mal auf der Straße fährt. Die Handelskammer positionierte sich gegen den Vorschlag der CDU, eine Stadtbahn in Hamburg einzuführen. Sie gab der modifizierten U-Bahn einen neuen Namen: Metrobahn. Michael Rothschuh meint das gleiche Verkehrssystem, hält aber die neue Bezeichnung nur für verwirrend. U-Bahn als Stadtbahn sei verständlicher, sagt der 69-Jährige.
Neu ist der Einfall, die U4 auf der später stillgelegten Trasse der Wilhelmsburger Reichsstraße zu führen. Die Streckenführung macht Sinn: Die Bahn würde alle geplanten Neubaugebiete, die die Internationale Bauausstellung Hamburg GmbH (IBA) realisieren soll, anschließen. Die jetzige Reichsstraße biete der U-Bahn hervorragende Bedingungen: „Sie führt die Bahn kreuzungsfrei durch die ganze Insel, sie ist im öffentlichen Besitz, und sie ist die zentrale Achse für die Stadtentwicklung in Wilhelmsburg“, sagt Michael Rothschuh. So würde das lebendige Reiherstiegviertel mit seinen Gaststätten und vielen Gewerbetreibenden endlich an den schienengebundenen Nahverkehr angebunden.
Der Damm, der die jetzige Reichsstraße trägt, müsste nicht abgetragen werden. Er gilt zwar einerseits als Barriere, aber städteplanerisch auch als räumliches Rückgrat des neuen Inselparks. Die IBA Hamburg hat mittlerweile von einem Gutachter die Kosten für einen Rückbau des Damms ermitteln lassen und beziffert sie mit 20 Millionen Euro: 13,5 Millionen Euro für die Bauarbeiten und 6,5 Millionen Euro, die die Freie und Hansestadt Hamburg für den Grunderwerb an den Bund zahlen muss. Mögliche zusätzliche Kosten für Altlastenbeseitigung und die Räumung von Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg kämen noch hinzu.
Michael Rothschuh hält die Strategie des Senates für falsch, erst die Neubaugebiete zu errichten und anschließend eine U-Bahn zu planen. Die gleiche Kritik äußerte auch der Stadtforscher Dieter Läpple von der HafenCity Universität bei der Anhörung zum Senatskonzept „Sprung über die Elbe“.
„Wenn man jetzt anfängt, eine U-Bahn als Stadtbahn zu planen, wird sie lange nicht so teuer wie die U-Bahn in der HafenCity“, sagt Michael Rothschuh. Es sei günstiger, die U-Bahn oberirdisch auf einer vorhandenen Trasse fahren zu lassen als sie mit viel Aufwand tief unter der Erde zu bauen, betont er. Der Wilhelmsburger will vermeiden, dass angeblich zu hohe Kosten von vornherein eine Diskussion über die Verlängerung der U-Bahn nach Wilhelmsburg im Keim ersticken.
Den Politikwissenschaftler interessiert, wie ein Stadtteil aussehen könnte, wenn Stadtentwicklung und der Bau der U-Bahn gemeinsam erfolgen. Als Vorbild sieht Michael Rothschuh das Quartier Vauban in Freiburg. Dort sei ein autoarmes Wohnen realisiert. Die Bewohner parken ihre Autos in Quartiersgaragen, die bewusst weiter von ihren Wohnungen entfernt liegen als die nächste Stadtbahn-Haltestelle.
Geht es nach Michael Rothschuh, führe die U-Bahn als Stadtbahn über Wilhelmsburg hinaus durch den Harburger Binnenhafen bis nach Harburg hinein. Das wäre ein spannende Streckenführung, sagt er, von der HafenCity Universität bis zur Technischen Universität Hamburg-Harburg.