Dennis Albrecht aus Harburg feiert die Premiere der zweiten Staffel seiner Fernsehserie „Filmstadt“ im Kabarett „Polittbüro“. Unter den 150 Gästen sind die Schauspieler Anna Batarilo, Niklas Osterloh und Moritz von Zeddelmann
Harburg/St. Georg Aus dem Fernsehen und Theatern bekannte Gesichter tummelten am Wochenende sich in der Schmuddelgegend auf dem Steindamm in Hamburg, dort, wo sich Straßenprostitution, Spielhallen, türkische Gemüseläden und neu hochgezogene Designerhotels vereinigen. Der Harburger Regisseur Dennis Albrecht hatte im Kabarett Polittbüro in dem Hamburger Szenestadtteil St. Georg mit 150 Gästen die Premiere der zweiten Staffel seiner unabhängig produzierten Fernsehserie „Filmstadt“ gefeiert – und nebenbei noch seinen 42. Geburtstag. Hobby-Kinohistoriker Dennis Albrecht erinnerte damit an die Zeit, als in der Bühne am Steindamm 43/45 noch das Kino „Neues Cinema“ beheimatet war. Im März 2000 musste es schließen.
Die neuen Folgen der mittlerweile zehnteiligen Serie ließ sich Anna Batarilo nicht entgehen. Die Hamburgerin hatte in dem von Fatih Akin mit produzierten Gangsterdrama „Chiko“ mitgespielt und gehört nun ebenso zu den neuen Protagonisten der „Filmstadt“ wie Moritz von Zeddelmann. Der wird im nächsten Jahr in einer neuen Folge der ARD-Krimireihe „Polizeiruf 110“ zu sehen sein. Zur Urbesetzung der Serie zählt Niklas Osterloh, der aus der ARD-Telenovela „Rote Rosen“ bekannt ist. Er arbeite auf sein Regiedebüt hin und wolle einen eigenen Film machen, verriet er bei der Premierenfeier im „Pollitbüro“.
Dennis Albrecht hat mit „Filmstadt“ eine Fernsehserie neuen Typs geschaffen. Im Vorabendformat erlaubt sie sich, unterhaltsam Wissenswertes aus der Filmbranche zu erzählen. In der Rolle eines Edelkomparsen klagt Jan Zaunis in Gestalt und komisch-steifem Gestus eines Heinz Erhardt empört sein Leid: „Die haben mich als Komparse eingestuft, obwohl ich drei Sätze hatte.“ Wo sonst im deutschen Unterhaltungsfernsehen dürfen Schauspieler solche Sätze sagen? Und nebenbei das Elend ihre Branche schildern?
In „Filmstadt“ dürfen Schauspieler aus den Stereotypen deutscher Fernsehunterhaltung ausbrechen und Rollen spielen, die sie nie angeboten bekämen. Das ist ein Grund dafür, dass sie in dem Fernsehexperiment ohne Gage mitspielen. Faszinierend ist, wie der der SAT1-Comedian Thomas Held einen schmierig-fiesen Produzenten gibt und völlig entrückt mich sich allein in einer Altbauwohnung tanzt. Dieses Seh-Erlebnis lässt der bekennende Cineast Dennis Albrecht im Abspann passieren, den Privatsender längst dem Kommerz geopfert haben.
Meist sind die Darsteller in „Filmstadt“ wie ihre Figuren: Idealisten im Schatten der Glitzerwelt. Dennis Albrecht setzt ihre Befindlichkeiten in Szene und nimmt in den neuen Folgen seine eigene Zunft aufs Korn: Dem unmoralischen Angebot, einen Imagefilm für nur 300 Euro zu drehen, laufen gleich zwei Konkurrenten hinterher, um sich noch zu unterbieten.
Zu viel Satire, um im deutschen Vorabendprogramm platziert zu werden? „Der NDR ist leider noch nicht auf uns aufmerksam geworden“, sagte Dennis Albrecht dem Premierenpublikum. „Filmstadt“ läuft im Hamburger Bürgerfernsehen „Tide“ und bei mehreren Internet-Fernsehsendern. Im Internet sieht der Filmvisionär aus Harburg ohnehin die Zukunft des Qualitätsfernsehens. Dennis Albrecht gehört zu denen, die daran glauben, dass Serien die neue Heimat des Autorenkinos sein könnten. Martin Scorsese ist übrigens auch so einer.
Mit seiner in der Freizeit produzierten Miniserie „Filmstadt“ will Dennis Albrecht beweisen, dass Qualitätsfernsehen auch im deutschen Vorabendprogramm möglich sein könnte. „Was könnten wir alles machen, wenn wir wirklich ein Budget hätten?“ fragte er rhetorisch das Publikum bei der Premierenfeier. Zunächst will Dennis Albrecht neue Kraft tanken. Doch dann soll noch ein Staffel-Finale folgen. Im nächsten Jahr läuft die Schwarmfinanzierung im Internet an – so geht Fernsehen heute.