Keine klaren Aussagen zur Stadtplanung und Stadtteilkultur. Facebook-Gruppe fordert die Mitglieder der neuen Fraktion unterdessen zur Rückgabe ihrer Mandate auf, da sie keine Legitimation durch den Wähler hätten
Harburg. Die Harburger Fraktion der Neuen Liberalen hat sich gerade erst gegründet, da attackiert sie auch schon die Große Koalition aus SPD und CDU. Der von beiden Parteien am Montag präsentierte Koalitionsvertrag wird von den Neuen Liberalen in scharfer Form kritisiert.
„Interessant ist bei Koalitionsverträgen vor allem auch, was nicht drin steht“, so Fraktionschef Kay Wolkau in einer offiziellen Stellungnahme. So hätten die Koalitionäre das Thema Bürgerbeteiligung völlig vergessen. „Bei so einem zentralen Thema wäre ein eigener Abschnitt im Vertrag ein wichtiges Signal gewesen. Doch leider Fehlanzeige“, rüffelt Wolkau die Autoren des für die kommunalpolitische Arbeit von SPD und CDU in der neuen Legislaturperiode maßgeblichen Papiers.
Auch Verkehrsberuhigung, Öffentlicher Personennahverkehr und Radverkehr seien bei der GroKo offenbar eher Randthemen. Hier erschöpfe sich vieles in Prüfaufträgen. „Ein engagiertes Bekenntnis zur Verlängerung der U4 Richtung Harburg zum Beispiel sieht anders aus“, moniert Wolkau. Wie Winsener und Bremer Straße entlastet werden sollen, bleibe ebenso offen, wie die Einrichtung von Tempo-30-Zonen vor Schulen und Kitas.
Bei der Stadtplanung vermissen die Neuen Liberalen Leitlinien, die eine hochwertige Aufenthaltsqualität mit vielen Freiflächen in dichter bebauten Stadtlagen sicherstellen. Und für die Entfaltung der Stadtteilkultur konkrete Aussagen zu nutzbaren Veranstaltungsflächen. So sehen die Neuen Liberalen jede Menge wichtiger Ansatzpunkte für ihr Wirken in der Opposition.
Unterdessen formiert sich weiterer Widerstand gegen die am vergangenen Wochenende neu formierte Fraktion. Im sozialen Netzwerk Facebook hat sich jetzt eine Initiative mit dem Namen „I want my vote back!“ gegründet. Unter dem Motto „Gebt uns unsere Stimmen zurück!“ fordern die Mitglieder die vier Abgeordneten der Neuen Liberalen auf, ihre Mandate an ihre früheren Parteien zurückzugeben. Kay Wolkau und Isabel Wiest gehörten bei der Bezirkswahl vor fünf Monaten noch den Grünen an, Barbara Lewy und Anna-Lena Bahl waren für die SPD angetreten.
Nach Informationen des Initiators Henning Reh hätten sich schon am ersten Tag rund 50 Personen der Gruppe angeschlossen. Sie stehe jedem offen und wachse beständig. Unter den Mitgliedern seien nicht nur Genossen, sondern auch Grüne und Sympathisanten anderer Parteien.
Laut Reh, selbst SPD-Mitglied in Neugraben-Fischbek, hätten die vier Neuen Liberalen ihre Parteizugehörigkeit wie ein Mäntelchen abgeworfen und eine Fraktion gebildet, die keinerlei Legitimation vom Wähler habe: „So sorgen sie für eine Entfremdung der Bevölkerung von Politik und Parteien, tragen aber gleichzeitig das Feigenblatt der Bürgerbeteiligung vor sich her.“ Deshalb sollte das Quartett seine Mandate zurückgeben, damit der Wählerwille wieder erfüllt werde.