Weltweit gibt es nur noch rund 200 dieser seltenen weißen Esel. Sie haben blaue Augen und wurden im Barok und Rokoko vor allem in Österreich und Ungarn von Adligen gezüchtet
Vahrendorf. Er hat schneeweißes Kuschelfell und eisblaue Augen unter dem Plüschpony. Damit unterscheidet sich der wenige Tage alte Eselhengst „Fuchur“ auffällig von seinen dunkelgrauen Artgenossen auf der Esel-Anlage, direkt unter dem Aussichtsturm im Wildpark Schwarze Berge. Mit diesem Nachwuchs der seltenen Barock-Esel ist im Wildpark ein besonderer Zuchterfolg gelungen.
„Natürlich ist die Freude groß, dass nach der langen Zeit des Wartens und der Ungewissheit ein gesundes Fohlen zur Welt kam“, sagt Michael Zahrt, Tierpflegeleiter im Wildpark. Er sieht in dem Zuchtprojekt einen wichtigen Beitrag zur Rettung alter Haustierrassen, die vom Aussterben bedroht sind. Dazu zählen die weißen Esel, die in der Ära des Barock und des folgenden Rokoko seit etwa 1575 in Österreich und Ungarn meist von Adeligen gezüchtet wurden. In der adeligen Gesellschaft waren helle Tiere seinerzeit groß in Mode und überaus beliebt, so Zahrt. Dabei handele es sich nicht um Albinos mit roten Augen sondern um eine Zuchtauswahl besonders heller Tiere mit blauen Augen für diese Eselrasse.
„Weltweit wurden 2010 noch etwa 200 Barock-Esel gezählt, einige Exemplare werden zudem noch in Privatzuchten in Österreich und Ungarn vermutet“, sagt Zahrt, der das Zuchtprojekt als „große Herausforderung“ bezeichnet. Für eine gesunde Nachzucht sollen möglichst blutfremde Tiere verpaart werden, was bei den geringen Beständen nicht einfach ist.
Bestände gibt es derzeit in Österreich im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel, Tierpark Herberstein und dem Tierpark des Schlosses Hof sowie dem Natur- und Tierpark Goldau in der Schweiz. In Deutschland sind der Tierpark Stralsund und der „Westküstenpark und Robbarium“ in Sankt Peter-Ording in das Zuchtprojekt eingebunden. „Es gilt, den sogenannten Genpool dieser Rasse gezielt zu vergrößern und geeignete Tiere für den Fortbestand der edlen Rasse auszuwählen“, sagt Zahrt. Wissenschaftler aus Österreich, Ungarn, der Schweiz und Deutschland arbeiten derzeit am Aufbau von drei getrennten Zuchtlinien, um übermäßige Inzucht zu vermeiden.
Harte Geduldsprobe
Eselfohlen Fuchur, der seinen Namen nach dem weißen Glücksdrachen aus Michael Endes „Unendlicher Geschichte“ bekam, weiß davon nichts. Er springt und tobt quicklebendig auf der grünen Wiese neben seiner Mutter, die ihn nicht aus den Augen lässt.
„Für die neunjährige Stute Gloria ist es das erste Fohlen“, sagt Tierpflegerin Nele Oesterreich, die im Wildpark die Esel betreut. Die Wochen vor Fuchurs Geburt waren für die Tierpfleger eine harte Geduldsprobe. „Wir haben noch keine Zuchterfahrung mit dieser Rasse und niemand konnte den Geburtstermin genau vorhersagen“, sagt die Tierpflegerin und tätschelt dem Eselfohlen den Hals. In der Fachliteratur werde die Tragzeit mit zwölf bis 14 Monaten angegeben – eine weite Spanne. Zudem könne auch niemand genau sagen, wann der Deckakt mit Fuchurs Vater, dem zweijährigen Hengst Allegro, der aus dem Westküstenpark Sankt Peter-Ording stammt, erfolgreich war. Am 26. September 2013 kamen Allegro und Gloria erstmals zusammen und es war wohl Liebe auf den ersten Blick, sagen die Tierpfleger.
„In den vergangenen drei Wochen dachten wir jeden Tag, heute kommt das Fohlen. Gloria war so rund, dass wir schon Sorge hatten“, beschreibt Nele Oesterreich die Anspannung. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Hannah Spierling wurde die hochtragende Gloria Tag und Nacht umsorgt. Überwachungskamera, eine Art Babyphon im Stall und die nächtliche Rufbereitschaft via Handy erfüllten wie geplant ihren Zweck, als in der Nacht zum 29. September die Wehen endlich einsetzten. „Um vier Uhr war das Fohlen da, außergewöhnlich groß und sehr kräftig“, sagt Nele Oesterreich strahlend. Nur eine Viertelstunde später stand das weiße Fohlen mit den großen blauen Augen auf und trank bei Mama Gloria die erste Milch.
Fuchur ist schon fast so groß, wie das dunkle Hauseselfohlen Fu, das eine Woche älter ist. Zum Glück vertragen sich die beiden Spielkameraden und toben gemeinsam. Nur ihre Mütter Gloria und Fee sind dabei noch nicht so entspannt. „Unser doppeltes Eselglück ist natürlich eine besondere Attraktion für unsere Besucher“, sagt Wildpark-Sprecherin Sarah Klindworth. Gelegenheit für einen Besuch bietet der Wildpark Schwarze Berge im Vahrendorf ganzjährig.
Bis Ende Oktober ist er von 8 bis 18 Uhr, ab November bis Ende März von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Informationen auch unter www.wildpark-schwarze-berge.de