Anwohner fürchten, dass der Lärm der Windräder sie krank machen könnte. Auch die Kernenergie habe viele Jahre alt unbedenklich gegolten. Der Rat tagt am Donnerstag.
Regesbostel. Es ist das erste Mal, dass die Bürger aus Regesbostel Jan Veldhoff so stark angreifen. Der Bürgermeister steckt in einer Situation, in der er nichts richtig machen kann. Ausgerechnet am Rande seiner Gemeinde soll eine Fläche für Windenergie ausgewiesen werden. So plant es der Landkreis.
Es handelt sich um ein 70 Hektar großes Areal, auf dem bis zu zehn Windräder stehen können. Entscheidet sich der Bürgermeister gegen die Windräder, bringt er rund 20 Grundstückseigentümer gegen sich auf. Stimmt er dafür, zieht er die Wut der meisten Einwohner aus Regesbostel auf sich. Die Windkraft droht, das Dorf Regesbostel zu spalten.
Als die Gemeinde das Thema Windkraft in der jüngsten Sitzung aufs Tableau brachte, war das Dörpshus bis auf den letzten Platz gefüllt. Viele Bürger mussten stehen.
Der Rat sollte in der Sitzung eine Stellungnahme zur geplanten Vorrangfläche für Windkraft an den Landkreis formulieren. Keine leichte Aufgabe. Fast 900 Bürger der Gemeinde hatten zuvor mit ihren Unterschriften gegen die Windkraftfläche protestiert – mithin ein Großteil der fast 1100 Bürger, die in dem Ort wohnen.
Veldhoff stellte sich in der Sitzung gegen die Protestfront. „Deutschland hat sich für die Energiewende entschieden. Da kann es nicht sein, dass wir sagen, die Windräder sollen woanders stehen.“ Die Bürger reagierten aufgebracht: „Solche Kaliber an Windmühlen gehören Offshore“; „Der Strom ist doch gar nicht für uns, den brauchen wir hier doch gar nicht“; „Wir werden alle krank und müssen wegziehen“; „Es ist doch ihre Aufgabe, die Bürger zu schützen“.
Seine Haltung pro Windkraft wird ihm einige Wählerstimmen kosten. Es ist nicht nur der Idealismus, der Veldhoff treibt. Werden die Windräder in Regesbostel aufgestellt, profitiert die Gemeinde auch finanziell.
20.000 Euro könnte sie jedes Jahr verdienen, wenn sie die fünf Hektar große Fläche, die der Gemeinde gehört, einem Windenergiebetreiber zur Verfügung stellt.
Ob es jemals dazu kommt, ist aber mehr als fraglich angesichts des Protests. Abgesehen von den üblichen Argumenten gegen Windräder wie Schlagschatten, Auswirkungen auf die Tierwelt, Verschandeln der Landschaft und Entwertung von Haus und Grundstück, haben die Einwohner vor allem Angst um ihre Gesundheit. Sie sind überzeugt, dass sie der Lärm der Windräder auf Dauer krank macht.
Damit meinen sie nicht nur das dumpfe, rhythmische Brummen der Anlagen. Ihre Sorge gilt vor allem der großen Unbekannten Infraschall. Joachim Mehler, der für die Wählergemeinschaft Regesbostel (WGR) im Gemeinderat sitzt und zugleich Sprecher der Initiative „Besorgte Bürger Regesbostel“ ist, verweist auf eine Studie der Kinderärztin Nina Pierpoint aus Neuseeland.
Sie stellte in einer Untersuchung mit 38 Personen, die in der Nähe von Windparks wohnen, Symptome wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Konzentrationsprobleme und innere Unruhe fest.
Mehler zieht den Vergleich zur Kernenergie, die auch viele Jahre als unbedenklich galt. „Unsere Gesundheit darf nicht dem Aktionismus zur Energiewende zum Opfer fallen“, sagte Mehler in der Sitzung und die Bürger im Dörpshus applaudierten. Die Initiative fordert, dass die Windräder nicht, wie vom Landkreis vorgesehen, in einem Abstand von 1000 Metern zur Wohnbebauung aufgestellt werden.
Vielmehr sollen zwei Kilometer zwischen Windrad und Wohnhaus sein. Das aber würde die Fläche für jeden Windkraftbetreiber zu klein und zu uninteressant machen. Landwirt Wilhelm Meier von der Freien Wählergemeinschaft Regesbostel (FWGR) versuchte, den Bürgern die Angst zu nehmen.
Die vier Windräder, die sich bereits in Regesbostel drehen, stehen auf seinem Grundstück. „Ich habe keine Probleme damit und meine Kühe auch nicht. Es ist Massenhysterie, die hier geschürt wird“, sagte er. Er merkte auch noch an, dass 20 Familien aus dem Ort von der Windkraft profitieren würden. Er ist einer von ihnen.
Am Ende konnte sich der Gemeinderat nicht einigen. Und so muss sich die Gemeinde in der Ratssitzung am Donnerstag, 25. September, erneut mit dem Thema auseinander setzen.
Derweil sind auch Fachplaner, die von der Samtgemeinde Hollenstedt beauftragt wurden, zum Schluss gekommen, dass die Fläche in Regesbostel für Windkraft problematisch sei. Infraschall spielte in ihrer Untersuchung keine Rolle. Sie sehen eine Gefahr für die Natur.