Die Wilhelmsburger Geschichtswerkstatt startet den zweiten Anlauf, um ein zehn Jahre altes Projekt doch noch zu verwirklichen. Das Motto der Geschichtsforscher lautet: Grabe, wo du stehst.

Wilhelmsburg. Der Veringkanal soll „Kulturkanal“ werden – mit einem Geschichtspfad, der auch bereits als „Pfad für Entdeckungen“ bezeichnet worden ist. Erste Ideen für dieses Vorhaben waren bereits vor knapp zehn Jahren in der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg & Hafen, die ihren Sitz im Stadtteil-Kulturzentrum Honigfabrik hat, ausgebrütet worden. Die Honigfabrik ist selbst Anlieger des Veringkanals. Und das Motto der Geschichtsforscher lautet: Grabe, wo du stehst.

Margret Markert, Chefin der Geschichtswerkstatt, hat mit den Vorbereitungen für die geschichtliche Darstellung des Kanals bereits 2007 im Rahmen des damaligen Kultursommers der Internationalen Bauausstellung (IBA) erste dauerhafte Erfolge mit zwei Wandbildern und einer Wegmarke erzielen können. Vergängliche kulturelle Ereignisse waren dabei ein musikalischer Kanalspaziergang, Open-Air-Kino und Spielaktionen.

Am Ende des IBA-Kultursommers war es dann sehr still geworden um den Kulturkanal. Aber trotz Grabesstille: Beerdigt worden ist das Vorhaben bislang nicht. Im Gegenteil: Vergangenes Jahr hat der Kulturkanal mit seinem von der Geschichtswerkstatt entwickelten Konzept durch eine neu angestoßene Diskussion wieder Aktualität und neue Realisierungschancen gewonnen.

Margret Markert: „Wir gehen bei unseren Überlegungen davon aus, dass der gesamte Geschichtspfad am Kulturkanal bis Sommer 2015 realisiert werden sollte. Dafür brauchen wir Unterstützung, denn aus dem Etat der Geschichtswerkstatt ist ein Projekt dieser Größenordnung nicht zu finanzieren.“

Erste Ideen für den Geschichtspfad waren 2005 während eines Beteiligungs-Workshops im Rahmen des EU-Projekts „B-Sure“ entwickelt worden, als es um den Ausbau des Wanderwegs am Veringkanal und die Gestaltung neuer Spielplätze ging. Damals noch mit Unterstützung des zuständigen Bezirksamts Harburg waren die ersten beiden Wandbilder an den Gebäuden der am Kanal gelegenen ehemaligen Zinnwerke angebracht worden – außerdem das Bodenobjekt, die Wegmarke.

Offizielle Einweihung war beim IBA-Kultursommer. Und Margret Markert stellt erfreut fest: „Die Wandbilder werden offenbar wertgeschätzt, denn sie sind bislang weder beschädigt noch übermalt worden. Das ermutigt uns, für die Weiterentwicklung des Geschichtspfads zu arbeiten. Das Interesse an der Geschichte des Quartiers und der industriellen Vergangenheit ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Die Zusammenarbeit mit den anderen Anliegern des Veringkanals hat sich intensiviert.“

Im Sommer vergangenen Jahres hatte der Schreibtrainer und Z(S)innwerker Jörg Ehrnsberger, der sein Büro in den ehemaligen Zinnwerken hat, gemeinsam mit der Honigfabrik, der Soulkitchenhalle und den Organisatoren des Dockville-Festivals ein Kanalfest veranstaltet, das nicht zuletzt deutlich machen sollte, wie viel Zusammenhalt der Kulturschaffenden mittlerweile entstanden ist.

Seitdem die Veringkanal-Schleuse 2007 instand gesetzt worden ist, sind mit dem vom B-Sure Projekt geschaffenen Wanderweg die Weichen gestellt, um am Kanal gewissermaßen das begehbare Museum des Industriezeitalters zu schaffen. Industrie- und Wohngebiete stoßen am Veringkanal aneinander.

Für Besucher der Internationalen Gartenschau (igs), die vergangenes Jahr in Wilhelmsburg veranstaltet worden war, hatten die Organisatoren auch einen neuen Fähranleger am Reiherstiegknie mit Wanderweg über den Veringkanal zum neuen „Inselpark“ der Gartenschau geschaffen.

An dieser Stelle, so die neuen Überlegungen zum Kulturkanal, könnte bereits Aufmerksamkeit für den Geschichtspfad geschaffen werden. Margret Markert: „Voraussetzung für alle weiteren Bemühungen, dem Kulturkanal Leben einzuhauchen und Bestandsgarantien für die schon ansässigen Künstler und Kulturschaffenden zu geben, wäre der Erhalt der historischen Fabrikgebäude.

Denn nur vor dem Hintergrund der Industriegeschichte am Veringkanal wird deutlich, welcher Zugewinn an Lebens- und Arbeitsqualität in den letzten Jahren hier entstanden ist. Das gilt es, mit den anderen Kanalanliegern weiter zu entwickeln.“

Ob der inzwischen zuständige Bezirk Hamburg-Mitte dazu beiträgt, die neue Initiative zur Gestaltung des Kulturkanals zu fördern und deren Ziele umzusetzen, bleibt abzuwarten. „Wir sind mit dem Thema befasst“, sagt Bezirksamtssprecher Hartwig Behrens.