Wer das Alte Land besucht, erlebt eine Vielfalt an Kunst, Kultur, Architektur und Natur. Zwei Meilen Altes Land lassen sich per Rad erfahren, wenn man morgens in Jork-Borstel bei der Windmühle Aurora startet
Mit dem Rad auf Tour im großen Obstgarten vor Hamburgs Toren. Wer das Alte Land erfährt, erlebt eine eindrucksvolle Vielfalt an Kunst, Kultur, Architektur, Natur und Erholungsmöglichkeiten. Gleich zwei Meilen Altes Land lassen sich „erfahren“, wenn man morgens in Jork-Borstel bei der Windmühle Aurora startet, am Elbdeich entlang auf dem Elbe-Radwanderweg rund 15 Kilometer bis Bassenfleth radelt und auf dem Obstmarschenweg über Hollern-Twielenfleth, Grünendeich, Mittelnkirchen bis Jork zurückfährt. Die Tour ist rund 40 Kilometer lang – los geht es.
Das Auto bleibt an der Borsteler Binnenelbe zurück, auf dem Parkplatz gegenüber der historischen Windmühle. Auf sehr gut ausgeschilderten Radwegen geht es dann ein kurzes Stück entlang der K 39 zum Deich. Sanft schwingt sich der rund 8,60 Meter hohe Schutzwall durch die fruchtbare Marschlandschaft. Je nach Wind und Kondition kann man auf dem Deich oder in seinem Schutz an dessen Fuß fahren. Der beste Ausblick auf die Elbe und die ausgedehnten Obstplantagen bietet sich natürlich von der Deichkrone. Links Obsthöfe, so weit das Auge reicht. Auf den Plantagen reifen jetzt überwiegend Äpfel. Rechts maritimer Weitblick auf die Elbe mit großen Pötten. Wasser, Wind und Weite beflügeln alle Sinne. Der frühe Morgen beschert Naturerlebnisse. Zwei Graureiher warten reglos am Elbufer auf Fischbeute. Ein Schwarm Austernfischer fliegt lärmend die Uferzone ab, und die Elbe glänzt silbern in der Morgensonne.
Am Altländer Yachthafen in Neuenschleuse machen die ersten Skipper ihre Segler klar. Über die schmucken Boote hat man vom Café „Möwennest“ einen Panorama-Blick auf die Elbinsel Hanskalbsand, in Richtung Lühe und zum Fährhaus Kirschenland. Im „Möwennest“ gibt es ab 9 Uhr Kaffee und Frühstück für alle, die ihren Proviant nicht im Gepäck haben. Fahrrad- und Wassertouristen sowie Wohnmobilbesatzungen finden im Untergeschoss des Hauses stets saubere öffentliche Duschen und sanitäre Einrichtungen.
Nach einer Kaffeepause geht es weiter mit der Tour auf dem Elbdeich. Voraus tauchen bereits die Unterfeuer Somflether Wisch und Lühe auf. Nahe dem Oberfeuer Wisch, das mitten in den Obstbaumreihen steht, gibt es beim „Elbfischer“ Lothar Buckow fangfrischen Fisch, direkt am Deich.
Der belebte Verkehrsknotenpunkt des Alten Landes, der Lühe-Anleger in Grünendeich, ist vom „Elbfischer“ nur eine Viertelstunde mit den Rad entfernt. Hier pendelt die Fähre „Dat Ole Land“ zwischen Hamburg Wedel und dem Alten Land. Der Radwanderbus bietet an den Wochenenden Zusteigemöglichkeiten für alle, die ihre Tour weiter Richtung Elbmündung ausdehnen wollen. „Er verkehrt ab 8.05 Uhr zwischen Harsefeld, Drochtersen und dem Natureum in Balje und bietet viele individuelle Erkundungstouren, etwa auf die Elbinsel Krautsand, ins Moor oder auf der Geest“, sagt Anne Rosenfeld vom Tourismusverband Landkreis Stade. „Vier Euro kostet eine Tageskarte. Die Räder werden im Hänger mitgenommen.“
Die Tour geht weiter auf dem Elbe-Radwanderweg mit Kurs auf Sandhörn. In der ehemaligen Seefahrtsschule Grünendeich, zwischen Oberfeuer Lühe und Elbdeich am Kirchenstieg 30 gelegen, geben Mitarbeiter der „Maritimen Landschaft Unterelbe“ und des Tourismusverbandes täglich aktuelle Tipps für Urlaub und Erholung im Land am Elbstrom. Auch ein Planetarium befindet sich in dem Gebäude. Wer möchte, kann sich dort den Sternenhimmel erklären lassen, und wer die Sterne schon vom Himmel geholt hat, kann sich dort auch trauen lassen.
In Sandhörn bleibt das Rad erst einmal an Land, denn es geht hinaus auf die Elbinsel Lühesand. Autofahrer können den Parkplatz beim Kiosk Sandhörn nutzen. Fährmann Holger Blohm, der auch als Ansprechpartner und Pächter für den Campingplatz zuständig ist, nimmt mit seinem kleinen Fährkahn Kurs auf das Inselparadies für Naturfreunde. Ein Gästeticket für Hin- und Rückfahrt kostet 1,80 Euro, Kinder zahlen 1,20 Euro und haben bis zum Alter von sechs Jahren freie Passage.
Das etwa 124 Hektar große Eiland zwischen dem Fahrwasser der Elbe und der Lühesander Süderelbe ist von den riesigen Stromleitungsmasten der großen Elbquerung geprägt. Sie ragen auf imposante 227 Meter Höhe. Die 3,2 Kilometer lange und bis zu 600 Meter breite Insel ist vor allem für Naturfotografen interessant. Naturschützer registrierten bislang rund 60, teils sehr seltene Vogelarten wie Karmingimpel, Beutelmeise, Schwarzkopfmöwe, Sturmmöwe oder Zwergtaucher, die auf der Insel brüten, berichtet Nabu-Aktivist Rainer von Brook, der auch naturkundliche Führungen über die Insel anbietet. Zudem sind seltene Schmetterlinge und Insekten dort heimisch. Ein Paradies für Freunde der Makro-Linse und des Teleobjektivs.
Inzwischen hat die Sonne ihren Mittagspunkt erreicht. Genug also mit der Fotosafari, jetzt soll es für den Nachmittag noch zum Baden gehen.
Wieder im Sattel wird nun gern mal ein kleinerer Gang notwendig, denn hier an der Elbe weht bevorzugt eine steife Brise aus West und damit direkt von vorn. Wer es bei diesen Bedingungen gern leichter hat, sollte auf jeden Fall bis zum Feriendorf Altes Land in Twielenfleth aushalten. Dort macht der Tourismusverband sein „Movelo-Angebot“, es gibt E-Bikes zum Ausleihen. In Twielenfleth lockt das gepflegte Freibad mit Elbblick und kühlem Nass. Einkehren kann man im Fährhaus. Besonders schön aber ist eine Rast am breiten Sandstrand von Bassenfleth. Hier pulsiert das Badeleben wie an der Nordsee oder auf Mallorca. Kitesurfer ziehen hart am Wind ihre Bahnen, Kinder buddeln im Sand. Genau wie Julia Rathke, Hannah Peters und Michelle Hellwig aus Harsefeld genießen sie zwischendrin die Abkühlung in der Elbe. „Wir sind hier so oft es geht“, sagen die Mädchen. „Das Rauschen der Wellen, der Wind und die Kulisse sind wie ein erholsamer Kurzurlaub.“
Vom Schwimmen erfrischt geht es mit dem Fahrrad weiter, vorbei am alten Twielenflether Leuchtturm, in dem ein kleines Schiffsmuseum untergebracht ist und der „Venti Amica“ geht es zum Obstmarschenweg Richtung Hollern. Zu beiden Seiten sind die historischen Bauernhäuser in Hollern, Grünendeich und Steinkirchen mit Altländer Motivfachwerk Postkartenmotive für Fotoenthusiasten. Einen Besuch lohnen in jedem Fall die Kirchen mit der Klangpracht ihrer Orgeln, wie zum Beispiel die St. Bartholomäus-Kirche in Mittelnkirchen mit ihrer berühmten und prächtig restaurierten Arp-Schnitger-Orgel. Auch die „Hogendieckbrück“ über der Lühe ist einen Besuch wert. „Adelheid“ im Zentrum von Steinkirchen lockt noch einmal zu einer kleinen Kaffeepause. Letzte Rast ist dann in Westerjork im Obstparadies Schuback. Vorbei am Museum Altes Land und dem Rathaus Am Gräfengericht geht es schließlich Richtung Borstel. Am Zesterfleth ist der historische Wertsche Hof einen letzten Schnappschuss wert, bevor sich der Kreis an der Borsteler Mühle schließt.