Mit 14 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung und fünf Gegenstimmen wird Jürgen Heimath seinen Platz an der Spitze der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg behalten. Arend Wiese wurde Stellvertreter.

Harburg Die Palastrevolution in der Harburger SPD ist vorerst gescheitert. Jürgen Heimath wurde jetzt in der vorbereitenden Fraktionssitzung für die Konstituierung in seinem Amt als Fraktionschef der SPD in der Bezirksversammlung Harburg bestätigt. 14 der 20 Fraktionsmitglieder stimmten am Freitagabend in der dreistündigen Sitzung für Heimath, ein SPD-Abgeordneter enthielt sich, fünf stimmten gegen ihn. Seine Stellvertreterin Claudia Loss wurde mit 13 Stimmen im Amt bestätigt. Arend Wiese wurde mit 14 Stimmen zum Stellvertreter gewählt und gehört damit jetzt auch dem Fraktionsvorstand an. Barbara Lewy hatte ebenfalls für einen Stellvertreter-Posten kandidiert, fiel aber in der Fraktion durch. In seinem Amt als Vorsitzender der Bezirksversammlung bestätigten die Genossen Manfred Schulz.

„Natürlich freue ich mich über das Vertrauen, das mir die Fraktion entgegenbringt. Ich will jetzt zusehen, alle Fraktionsmitglieder ins Boot zu holen und mit ihnen im Team zu arbeiten“, sagte der wiedergewählte SPD-Fraktionschef nach einer spannungsgeladenen Sitzung. Er werde jetzt nach vorne blicken. Die Fraktion habe bewiesen, dass sie handlungsfähig sei. Das Ergebnis vom Freitag dokumentiert aber, dass es parteiintern nicht gelungen ist, die neue SPD-Fraktion geschlossen auf Heimath einzuschwören. Zu tief waren offensichtlich die Gräben aus den vergangenen Wochen.

Wie berichtet, hatten einige SPD-Genossen Arend Wiese als Gegenkandidat Heimaths ins Rennen schicken wollen. Wiese hatte öffentlich seine Kandidatur für den Fraktionsvorsitz in der Bezirksversammlung angekündigt. Der Neugrabener Distriktvorsitzende verkündete, er sehe die Mehrheit in der Fraktion hinter sich und damit gegen Heimath. In der SPD entbrannte wieder ein heftiger Streit. Der SPD-Landesverband Hamburg, Kreischef Frank Richter und die SPD-Fraktionsspitze in der Bürgerschaft stellten sich hinter Heimath. Arend Wiese konnte dem Druck aus dem Landesverband und aus seinem eigenen Distrikt nicht standhalten. Kurz vor der Wahl verzichtete er dann überraschend.

Das eigentliche Ziel derer, die Wiese gerne auf dem Posten gesehen hätten, war es, Jürgen Heimath mürbe zu machen, in der Hoffnung, er schmeißt das Handtuch, legt sein Mandat nieder. Damit wäre der Weg für Muammer Kazanci als Nachrücker frei geworden. So jedenfalls sehen es viele Harburger Genossen. Die Idee, den Neugrabener zu diesem Zweck aufs Schild zu heben, war in Berlin geboren, als der SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi die Harburger Fraktion in die Bundeshauptstadt eingeladen hatte. Bei dem Treffen in einer Berliner Bar waren unter anderen der ehemaligen Harburger Bezirksamtsleiter Michael Ulrich, der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Matthias Czech, der abgewählte Muammer Kazanci, und auch Barbara Lewy dabei. Sie hatte Wieses Kandidatur als Fraktionschef später parteiintern vehement unterstützt.

Das Ergebnis von Freitagabend zeigt auch das Verhandlungsgeschick von Kreischef Richter. Der hatte, so ein SPD-Genosse, der namentlich nicht genannt werden will, in den letzten „zwei Wochen sehr klug und geschickt mit den Abweichlern verhandelt“. Zu vergeben waren außer den Posten im Fraktionsvorstand am Freitag auch noch die vier Beisitzer-Positionen, der erweiterte Vorstand in der SPD-Fraktion. Gewählt wurden Holger Böhm, Birgit Rajski, Dagmar Overbeck und Thorsten Fuß. Fuß, der sich in der Vergangenheit eher dadurch auszeichnete, gegen Heimath und Richter zu opponieren, hatte sich bei dem erbitterten Streit um den Fraktionsvorsitz in den vergangenen Wochen plötzlich auf die Seite von Heimath gestellt. Das brachte ihm nun den Job als Beisitzer ein. Etwas verwunderlich scheint die Wahl von Dagmar Overbeck. Sie hatte in einer der jüngsten Bezirksversammlungen ihre eigene Fraktion beim Thema Flüchtlingsunterkunft Bostelbek geradezu vorgeführt, als sie, für alle überraschend, in die Bütt stieg und eine flammende Rede gegen die Flüchtlingspolitik des SPD-Senats aber auch gegen die Position ihrer eigenen Partei hielt.

Bleibt jetzt nur die Frage, wie lange der Frieden unter den Harburger Genossen dieses Mal anhält. Skeptiker in der Partei sehen schon die nächsten Wolken am Horizont, wenn es nämlich um die Aufstellung der Harburger SPD-Kandidaten für die Bürgerschaftswahl geht.

Heute beraten Fraktion und Kreisvorstand in einer „offenen Diskussion“, so Heimath, über einen möglichen Koalitionspartner in der Harburger Bezirksversammlung. In Frage kommen für die SPD die CDU oder die Grünen. Aus dem SPD-Landesverband heißt es, dass die Harburger Genossen für ihre Koalitionsgespräche freie Hand haben. Die Entscheidung, mit welcher anderen Fraktion die Sozialdemokraten im Bezirk koalieren werden, liegt zwar beim SPD-Kreisverband Harburg. Die Fraktion werde aber an Diskussion und dem Entscheidungsprozess teilnehmen.